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Hoffmanns Erzählungen

Opéra fantastique von Jules Barbier
Nach dem gleichnamigen Drama von Jules Barbier und Michel Carré
Quellenkritische Neuausgabe von Fritz Oeser (fünf Akte)
Musik von Jacques Offenbach

Premiere im Saarländischen Staatstheater
Saarbrücken am 19. April 2003


Homepage des Staatstheaters Saarbrücken
(Homepage)

Erzähls noch einmal!

Von Angela Mense / Fotos von Klaus Baqué


Offenbachs "Hoffmanns" ist Prüfstein für jeden Regisseur und die Sternstunde aller ambitionierten Dramaturgie. Kaum eine andere Oper besitzt einen vergleichbaren Reichtum an literarischen Querverweisen und Bezügen, aber auch damit verbundene Probleme für eine szenische Umsetzung: Statt einer Handlung werden gleich drei Geschichten hintereinander erzählt und eine vierte zusätzlich noch als Rahmenhandlung. Die drei zentralen Akte hätten jeder für sich schon eine ganze Oper ausgemacht, aber zugleich sind sie drei Version jener ur-romantischen Erzählung vom Künstler, dem nur in der Kunst Erfüllung vergönnt ist - und nicht in der Liebe. Durch den Kunstgriff der Librettisten, vermittels der Rahmenhandlung Werke des historischen und die Biographie eines fiktiven Hoffmann zu verschmelzen, werden die verschiedenen Ebenen miteinander vermischt; und ganz im Sinne Hoffmanns, dessen phantatstisch-romantische Texte oftmals eine gehörige Portion (Selbst-)Ironie enthalten, enthält die Partitur neben Elementen der großen Oper etliche Anklänge an die offenbachsche Operette.

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Ein Dichter singt.

Der Regisseur ist gefragt, etwas darzustellen, das zugleich innen und außen stattfindet, in der erzählten und "erzählenden" Welt. Er muß ernste Inhalte schlüssig interpretieren und zugleich die ironischen Momente schwungvoll aber nicht geistlos darstellen. Nicholas Broadhorst gelingt gleichsam ein kleines Opernwunder, wenn er diesen Anspruch nicht nur erfüllt, sondern zudem eine Frische und Unverkrampftheit auf die Bühne zaubert, die ihresgleichen sucht.

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Auch ein Automat singt.

Das Bühnenbild bestimmt den konzeptionellen Rahmen. Luthers Weinstube spielt am Bühnenrand in angedeutetem Kneipendekor. Mit hochgefahrenem Prospekt erweist sich der Kneipenboden als Vorderkante eines überdimensionalen Tisches, an dem man einen überlebensgroßen Pappmaché-Hoffmann sitzen sieht. Der Tisch mit Bierglas, Schreibheft und Zigarettenschachtel wird zum bespielten Raum. Das Dekor der übergroßen Gegenstände ist Spalanzanis Salon, Antonias Zimmer oder im letzten Akt ein venezianischer Kanal: Der Krug des betrunkenen Dichters ergießt zugleich Bier und Lagunen-Wasser über die Bühne.

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Und ein diabolischer Bariton singt auch...

Den räumlichen Rahmen füllt glaubhaft das Personal: Gary Benett überrascht mit behendem und differenzierten Spiel - obwohl oder gerade da er stimmlich in der Premiere ausfallen mußte. Für die erkältungsgeplagten Stimmbänder sprang kurzfristig der überragende Heldentenor Keith Ikaia-Purdy ein, der die Partie vom Bühnenrand aus zusang. Szenisch wie musikalisch vortrefflich war die als Gast verpflichtete Roswitha Müller als Muse bzw. Nicklausse. Broadhurst verleiht dieser Figur besonderes Gewicht, weiß deren halb involviertes, halb kommentierendes Agieren szenisch zu schultern und kann sich dabei auf eine großartige Interpretin verlassen. Weitere Glanzlichter setzten Alan Cemore als elegant aufspielender Gegenpart Hoffmanns sowie Bernd Könnes in den verschiedenen Buffo-Partien. Die Anklänge an den Tonfall der offenbachschen Operette kamen gut zur Geltung. Könnes als überdrehter Automaten-Diener, skurriler Buttler oder S/M-Fetischist zieht alle Register seines humoristischen Könnens und wirkt nie peinlich oder bemüht.

Der Nachweis wird erbracht, daß die vordergründige Heterogenität des Stückes sich zu einem vielgestaltigen Ganzen zusammenführen läßt. Ein Verdienst, das zu einem Gutteil auch Michele Carulli am Pult des Saarländischen Staatsorchesters zukommt. Die elegante Präzision hatte im Graben ebenso ihren Platz wie der große Gefühlsausbruch, das geistreiche Zitat ebenso wie dramatische Zuspitzung. Carulli findet eine ausgewogene Balance der Tonfälle und koordiniert ein weitestgehend präzises Zusammenspiel von Orchester, Solisten und einem wie schon so oft hervorragend aufgelegtem Chor.


FAZIT

Eine Produktion, die einem den Glauben an die Oper zurückzugeben vermag.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Michele Carulli

Inszenierung
Nicholas Broadhurst

Bühne und Kostüme
Jon Morell

Choreinstudierung
Andrew Ollivan

Dramaturgie
Alexander Jansen

Orchester, Chor und Statisterie

des Saarländische Staatsorchester


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Hoffmann
Gary Bennett

La Muse/Nicklausse
Roswitha Müller

Lindorf, Copelius,
Docteur Miracle, Dapertutto
Alan Cemore

Andrès, Cochenille,
Frantz, Pitichinaccio
Bernd Könnes* / Algirdas Drevinskas

Olympia
Ji-Hyun Park / Diana Tomsche /
Stephanie Krahnefeld*

Antonia
Oxana Arkaeva* /Stephanie Krahnefeld

Guilietta
Barbara Gilbert / Naira Glountchadze*

Stella
Eva Steffen* / Vanessa Wichterich

La Voix
Maria Pawlus

Nathanael
Frank Kleber

Spalanzani
Rupprecht Braun

Hermann
Alto Belt

Schlémil
Manfred Bertram

Luther
Antoniy Ganev / Volker Phlippi*

Crespel
Hiroshi Matsui* / Volker Philippi


Weitere Informationen
Staatstheater Saarbrücken (Homepage)



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