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Das SchweigenVon Nora Heyos / Fotos von Klaus Baqué
Hübsch sind sie, die Saarbrücker Programmhefte. Da wird viel recherchiert, gedacht und gefunden. Und wir alle dürfen teilhaben, an der Entstehungs-, Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte, an Figurenkonzeption und dramaturgischer Auseinandersetzung mit dem Sujet. Das ist richtig, das ist wichtig. Damit auch der kleine Mann wisse was er sehen kann. Das Schweigen: Wer nicht singt wie hier der Bassa ...
Nun, das Programmheft weckt Erwartungen. So auch hier. Dokumentarisch bebildert mit Schwarzweißfilmplakaten und Stummfilmszenen konfrontiert es unsere Vorstellungen von Singspiel, Oper und Mozart, mit affektiert, gefrorenen Mienen der frühen Filmgeschichte. Das sieht nach guten, nach kritischen Ideen aus. Die Bilder erinnern an übersteigertes Pathos. Dem "schweigenden Bassa" ist ein ganzes Essay gewidmet. Nur, dass sich die Inszenierung eben nicht im Programmheft abspielt, der Bezug zur Dramaturgie weitestgehend unklar bleibt. Der Serail ist seit 1782 eine der meistgespielten Opern an deutschen Opernhäusern. Dementsprechend ausgeschlachtet und strapaziert ist auch das Libretto. Da ist es schwer Innovatives zu machen. Immer wieder wurde die Entführung als grandiose mozartsche Modeoper orientalischen Kolorits gefeiert und inszeniert, immer wieder die Mission: Menschheitsverbrüderung als naiv, die Figuren als klischeehaft belächelt. So steht denn die Frage im Raum, ob den Figuren Glaubwürdigkeit, dem Sujet Brisanz abzugewinnen ist? Gilt es, ein duftig leichtes Wiener Singspiel zu inszenieren? Gibt es etwas zu pointieren, zu überdrehen? ... beschwört in der Oper leicht Beziehungskrisen herauf wie zwischen Osmin und Blondchen ...
Nun, Gegenwartsbezug drängt sich förmlich auf. Der Zusammenprall der islamischen mit der christlichen Glaubenswelt, Menschenhandel, Gewalt – das sind ziemlich heiße Sachen. Da aber lässt Peter Lotschak lieber die Finger weg. Hier schweigt nicht nur der Bassa.
Stefanie Krahnenfeld gibt mit ihrem kraftvollen, auch in den Höhen intonationssicheren Sopran eine sehr gefühlige, eine hin und her gerissene Konstanze. In der gar nicht klischeehaft blonden Diana Tomsche, im seriösen englischen Gouvernantenkostüm hat sie eine selbstbewusste, frech-frische moderne Mitstreiterin. So setzt sie auch dem ungewöhnlich agil, präsent und gerissen- schlitzohrigen Osmin (mit geschmeidigem Bass: Patrick Simper) ganz schön zu. R. Braun singt und spielt sich als bodenständiger Tolpatsch Pedrillo in die Herzen des Publikums. Belmonte (Christoph Baumgärtel) ist belcanto. Als Karikatur der eigenen Rolle angelegt, sehn- und eifersüchtelt er theatralisch, schleicht im Palast umher und gibt der Inszenierung etwas Possenhaftes. Ein Glücksfall auch Martin Leutgeb, dem es gelingt, in bedeutungsschwangerem Schweigen einen verletzlichen aber ebenso resigniert stoischen und selbstgerechten, Pascha Selim zu zeigen. Bedeutend mutiger als die Inszenierung zeigt sich Michelle Carulli. Der lässt die exotische Militärmusik mit Pfeifen, Trommeln, Triangel und Pauken so richtig scheppern. Da kann es im Eifer des Gefechts schon mal passieren, dass Sänger und Orchester auseinander geraten.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungMichele Carulli Inszenierung Bühne und Kostüme Choreinstudierung Dramaturgie Regieassistenz und Abendspielleitung
SolistenBassa SelimMartin Leutgeb Konstanze
Blonde
Belmonte
Pedrillo
Osmin
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- Fine -