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Musiktheater
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Andrea Chénier

Dramma di ambiente storico in vier Bildern von Luigi Illica
Musik von Umberto Giordano


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere im Nationaltheater Mannheim am 13. Oktober 2002

Besuchte Aufführung: 1. November 2002
(4. Aufführung seit der Premiere)


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Nationaltheater Mannheim
(Homepage)
Beeindruckendes Plädoyer für konzertante Oper

Von Thomas Tillmann / Fotos vom Nationaltheater Mannheim


Es gibt Intendanten, die konzertante Opernaufführungen für eine Bankrotterklärung des Musiktheaterbetriebs halten und stattdessen in erschreckender Zahl Abende meinen anbieten zu können, deren künstlerischer Wert mitunter gegen Null geht und einen nicht selten das Theater mehr als wütend verlassen lässt. Und es gibt Intendanten, die wissen, dass das Festhalten am aufwändigen, personalintensiven Repertoirebetrieb gewisse Zugeständnisse eben nötig macht, die nicht nur den technischen Betrieb sinnvoll entlasten, sondern die erfreuliche Möglichkeit eröffnen, bemerkenswerte Werke kennen zu lernen, die aus welchen Gründen auch immer nicht den Weg ins Standardrepertoire gefunden haben, oder sich von Zeit zu Zeit ganz auf die Musik und den Text konzentrieren zu können, ohne sich über die wahrlich nicht immer geistreichen Arbeiten profilneurotischer, überforderter Regisseure auf der einen oder nicht minder ärgerliche Rampensteherei in erschlagender, oft auch belustigender Plunderoptik auf der anderen Seite echauffieren zu müssen (und dies gilt nicht nur fürs Publikum, sondern auch oder vielleicht in noch höherem Maße für die an solchen Produktionen beteiligten Künstler!). Als störend empfand ich es an diesem im Rahmen der Chorkonzerte präsentierten Abend im Nationaltheater Mannheim allerdings, dass die Mitwirkenden für kaum mehr als ein paar Minuten dauernde Pausen geräuschvoll die Bühne verließen oder für ein paar Sekündchen ihre Plätze auf den vor dem Orchester aufgestellten Stühlen einnahmen - das muss anders geregelt werden bei Mozarts Mitridate, re di Ponto sowie bei Verdis Nabucco und I Masnadieri, die im Laufe der Spielzeit ebenfalls in konzertanter Form zur Aufführung kommen sollen.

Ki-Chun Park (Andrea Chénier; Foto: Hans Jörg Michel)

Ki-Chun Park produzierte in der Titelpartie zwar mit seinem angenehm dunkel grundierten, glänzend geführten Tenor mühelos einen faszinierenden Ton nach dem anderen, dachte aber auch nicht einen Moment daran, sich auf den Charakter des für seine Liebe in den Tod gehenden Dichters einzulassen und so etwas wie innere Beteiligung auch nur anzudeuten, woran sich das Mannheimer Publikum während seines Festengagements in den Jahren 1994 bis 2001 aber offensichtlich gewöhnt hat (seit der letzten Spielzeit ist er Ensemblemitglied in Hannover).

Vergrößerung Galina Shesterneva (Maddalena di Coigny)

Wesentlich beteiligter präsentierte sich da die neu verpflichtete Galina Shesterneva, die diesen Umstand vor allem in ihrem - nichtsdestotrotz exzellent interpretierten - "La mamma morta" durch eine Vielzahl überkommener Gesten meinte unterstreichen zu müssen, worüber man freilich angesichts ihres kraftvollen, schön timbrierten, zum Spinto hin sich entwickelnden Soprans, der bereits ausreichend Kraft in Mittellage und Tiefe aufweist, besonders aber wegen der aufregenden Höhe, der stets in den Dienst der Textausdeutung gestellten Phrasierung und der nie nur eitel vorgeführten messa di voce fasziniert - sie hätte als Mimì sicher mehr Eindruck gemacht als "Starsopranistin" Angela Gheorghiu beim Festlichen Opernabend am 20. Oktober.

Vergrößerung Ian Vayne (Carlo Gérard)

Ein Gewinn für das Mannheimer Ensemble ist zweifellos auch der Australier Ian Vayne, der mit seinem in allen Lagen mühelos ansprechenden, zu zartesten Piano- wie zu beeindruckenden Fortetönen gleichermaßen fähigen, stets kultiviert eingesetzten und ohne pseudoveristische Überzeichnungen und außermusikalische Effekte auskommenden Bariton nicht nur nach dem enthusiastisch akklamierten "Nemico della patria" völlig zurecht "abräumte".

Aufhorchen ließ auch der klangvolle, besonders in der tiefen Lage üppige, nur in der Höhenattacke noch etwas behäbige Mezzosopran der sicher auch für größere Aufgaben geeigneten Waliserin Ceri Williams, die sowohl der blasierten Contessa wie der opferbereiten Madelon unverwechselbares Profil verlieh. Letzteres gilt auch für Andrea Szántó, die mit frischem, etwas ungestümen Ton und großem Engagement die Bersi gab, während man aus der Partie des Spions Incredibile viel mehr machen kann als der etwas schwachbrüstige, wenig charismatische Yuriy Svatenko es tat. Akzeptables Niveau erreichten die übrigen Comprimari und der Chor.

Den größten Anteil am Erfolg dieses Abends aber hatte der Erste Kapellmeister des Hauses, Peter Sommer, der den Apparat vorbildlich zusammenhielt, mit den zweifellos glänzend vorbereiteten Sängern hervorragend zusammenarbeitete (auf die er hinsichtlich der Lautstärke wenig Rücksicht nehmen musste, weil sie alle über gesunde, tragfähige Stimmen verfügen, was in diesen Tagen wahrlich keine Selbstverständlichkeit ist!) und mit dem hervorragend aufgelegten Nationaltheater-Orchester eine manches Detail hörbar machende, ungemein packende, farbige Wiedergabe des mit kleineren, sinnvollen Strichen gegebenen Werkes zustande brachte, die man lange im Gedächtnis behält.


FAZIT

Wenn man solche Sänger und ein solches Orchester zu hören bekommt, kann man das Fehlen der Szene leicht verschmerzen!


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Peter Sommer

Chor
Bernhard Schneider



Chor des National-
theaters Mannheim

Nationaltheater-
Orchester Mannheim


Solisten

Andrea Chénier
Ki-Chun Park

Carlo Gérard
Ian Vayne

Maddalena di Coigny
Galina Shesterneva

Bersi
Andrea Szántó

La Contessa di Coigny/
Madelon
Ceri Williams

Roucher/
Romanziero
Thomas Jesatko

Mathieu
Thomas Berau

Abate/
Incredibile
Yuriy Svatenko

Haushofmeister/
Dumas/
Schmidt
Tomasz Konieczny



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Nationaltheater Mannheim
(Homepage)



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