Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Weiße Rose

Szenen für 2 Sänger und 15 Instrumentalisten
Text von Wolfgang Willaschek
Musik von Udo Zimmermann


Aufführungsdauer: ca. 1h (keine Pause)

Premiere in Krefeld / Fabrik Heeder am 16. Oktober 2002


Homepage

Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Requiem für Sophie und Hans Scholl

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Stutte



Es ist ein hübscher Zufall, dass just in dem Moment, an dem die Karriere des Opernintendanten Udo Zimmermann an der Hilflosigkeit überforderter Berliner Kulturpolitiker scheitert, an anderer Stelle eine künstlerische Rückbesinnung auf den Komponisten Udo Zimmermann und dessen wohl nachhaltigstes Werk Weiße Rose erfolgt. Um die „Szenen für 2 Sänger und 15 Instrumentalisten“ war es zuletzt ziemlich still geworden, nachdem in der Folge der Hamburger Uraufführung 1986 fast jedes zweite Haus die Weiße Rose nachgespielt und damit zum wohl erfolgreichsten Werk des zeitgenössischen Musiktheaters gemacht hat. Woran es liegt, dass die Weiße Rose auch in Zeiten massiver Sparzwänge, die eigentlich die Suche nach ambitionierten kamermusikalischen Bühnenwerken forcieren sollten, lange übergangen wurde, ist schwer zu sagen. Natürlich fehlt heute der grenzüberschreitende Charme des ostdeutschen auskomponierten Pazifismus, der seinerzeit ein Grund für den Erfolg des Werkes im Westen war. In Krefeld und Mönchengladbach steht das Stück jetzt erneut auf dem Prüfstand.

Vergrößerung

In ihrer Wirkung überzeugend ist nach wie vor die offene Konzeption. Librettist Wolfgang Willaschek hat keine Handlung nachgezeichnet, sondern Empfindungen und Gefühle der zum Tode verurteilten Hans und Sophie Scholl in den letzten Stunden vor der Hinrichtung, die im Verzicht auf historische Festlegung gleichermaßen als überzeitliches Requiem gelesen werden können. Pathos hat der Text nur an ganz wenigen Stellen angesetzt. Die fragile Musik, die in ihrer Struktur die Vorlagen Johann Sebastian Bachs geradezu umklammert und daraus ihren Passionscharakter zieht, erzwingt das genaue Hinhören auf Zwischentöne und Verschiebungen; dass dabei vor der stets lauernden Tonalität (die zwar umspielt, aber nie verleugnet wird) beinahe ein Übermaß an klanglicher Raffinesse entsteht, ist Zimmermann in Zeiten abflauender dogmatischer Grabenkämpfe um die Ausrichtung von zeitgenössischer Musik weniger denn je zum Vorwurf zu machen. Die 15 hochmotivierten und konzentrierten Instrumentalisten, im Programmheft der Aufführung sträflich übergangen, zeichnen unter der Leitung von Allan Bergius vor allem die Zerbrechlichkeit dieser Musik sehr sensibel nach; dies ist das eigentliche Ereignis dieser Produktion.

Vergrößerung

Ausgezeichnet und auch in der extrem hohen Lage noch mit sicherer Intonation singt Judith Arens die Sophie. In der Nachdrücklichkeit, mit der sie um die Töne ringt (ohne das die Stimme dabei angestrengt klingt), entwickelt sie die oft vertrackte Gesangslinie quasi Ton für Ton, und darin liegt die große Expressivität dieser Partie. Unter diesem Gesichtspunkt ist Frank Valentin als Hans Scholl eine Fehlbesetzung: Für Valentin, der sich mehr und mehr den Bereich eines Counter-Tenors erschließt, ist diese für einen Tenor eigentlich ebenfalls an die Grenzen gehende Partie sozusagen „zu leicht“. Valentin singt über die Klippen der Partitur hinweg, und weil man ihm die Anstrengung des (für einen Countertenor ja eher tiefen) Singens nicht anhört (die Stimme aber gleichzeitig auch recht matt bleibt), fehlt eben diese Expressivität, die den Gesang von Judith Arens auszeichnet.

Vergrößerung

Die eigentlichen Probleme der Krefelder Aufführung liegen aber im szenischen Bereich. Der statischen Situation, die nur von der inneren Handlung lebt, kann Regisseur Jens Fischer keine wirklich überzeugenden Bilder entgegensetzen. Dem Geschwisterpaar (bei dem Judith Arens starke Ähnlichkeit mit Sophie, Frank Valentin aber fast keine mit Hans aufweist) stellt Fischer als stumme Rollen drei weitere Mitglieder der „Weißen Rose“, nämlich Christoph Probst, Alexander Schmorell und Willi Graf, zur Seite. Das hebt die historische Dimension hervor, wird aber keineswegs konsequent verfolgt und erweist sich als ziemlich überflüssig. Das Bühnenbild (Ekaterina Tchalikowa) verzichtet auf eine realistische Darstellung der Gefängniszelle; eine allzu niedlich geratene Treppenlandschaft und herabhängende, leicht angebrannte Blätter mit Textfragmenten (ein Hinweis auf die Bücherverbrennung?) schaffen einen symbolisch überladenen, aber dennoch wenig aussagekräftigen Raum, in dem sich Hans Asche über seinen Körper streut und Sophie in eine Art Leichentuch gewickelt wird. Gestik und gesprochene Texte dagegen sind viel zu unverbindlich und scheinen an vielen Stellen kaum ausgearbeitet, sodass man in diese Inszenierung alles oder auch nichts hineindenken kann. In ihrer diffusen Mischung aus Aktionismus und Ungenauigkeit ist die szenische Realisation eher störend als hilfreich – angesichts der starken musikalischen Eindrücke wäre ein strengeres visuelles Konzept wünschenswert.


FAZIT
Das musikalisch starke Plädoyer für die Weiße Rose findet in Krefeld kein ausreichendes szenisches Pendant.

Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Allan Bergius

Inszenierung
Jens Fischer

Bühne und Kostüme
Ekaterina Tchalikowa

Dramaturgie
Benedikt Holterbernd



Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker


Solisten



Sophie Scholl
Judith Arens

Hans Scholl
Frank Valentin



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2002 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -