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Kubilaï Khan Investigations

Mecanica Popular

Forbach, Le Carreau 4. Februar 2003



Was wird hier eigentlich getanzt?

Von Angela Mense


Es war einmal ein mongolischer Herrscher namens Kublai Khan. Der begründete im 13. Jahrhundert die erste mongolische Yuan-Dynastie im vereinigten China. Ohne Mythos keine Identität. Das hatten auch die jungen Mitglieder der Kublaï Khan Investigations erkannt, als sie 1996 im französischen Toulon eine Künstlerbörse einrichteten. Schauspieler, Tänzer, Zirkusartisten und Musiker tauschen dort im Zeichen des Friedenstifters von China und Vereinigers zahlreicher Kulturen – und nicht etwa des Kriegsführers und Eroberers – kulturelle Erfahrungen und Gedanken über Mensch und Umwelt aus und verarbeiten die Ergebnisse zu künstlerischen Performances.

Wenig konkret in ihrer Aussage erscheint die jüngste Produktion "Mecanica Popular", die die Compagnie auf der Forbacher Bühne Le Carreau zur Aufführung brachte. Kein Wunder, hat sich doch der künstlerische Leiter Frank Micheletti höchst anspruchsvolle Fragen gestellt: "Was ist Erinnerung? ... Wie kann der Körper im Tanz Kritik am gesellschaftlichen Umfeld üben? ... Die soziale Inschrift im Tanz suchen und sich wehren? ... Die Essenz unserer Träume in Erzählungen des Körpers abbilden?" Die Suche nach dem künstlerischen Ausdruck gestaltet sich als intimer Prozeß, der dem Publikum leider abhanden geht.

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Dieses hält sich an das, was es sieht. Und das ist äußerst beeindruckend: Sechs Männer und Frauen bieten Ausdruckstanz auf höchstem Niveau. Elemente des Break- und des Modern Dance werden zu einer virtuosen Choreographie vereint. Das Bühnenbild ist funktional minimalistisch gehalten. Ein paar Stühle für die pausierenden Tänzer, drei Turntables für die Musiker, vier Spots als Beleuchtung. Die Mitwirkenden bedienen die Technik selber, abwechselnd tanzend und "musizierend".

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Hier soll keine Illusion geschaffen werden. Auch wenn nichts den Zuschauer – der unwillkürlich nach einem erzählerischen Zusammenhang sucht – daran hindert, im Pas de Deux zwischen Line Törmoen und Franck Micheletti einen Kampf der Frau um die Liebe des Mannes erkennen zu wollen. Aber vielmehr ist "Mecanica Popular" eine Demonstration von Technik, von mechanischen Abläufen sowohl tänzerischer als auch musikalischer Darbietung. Wie Strategen im Boxring halten die Tänzer die Spannung zwischen zwei kontrollierten Energieausbrüchen, die sich in leicht variierten und hoch artistischen Bewegungsabläufen entladen.

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Es sind Endlosschleifen von Tanzabläufen, ähnlich den Loops der Klang-Samples, die sich die Musiker zurecht mischen. Harte, dynamische Drum’n-Base-Rhythmik, über die sich jazzige Melodien der Hammond-Orgel legen, Radiostimmen, Tondokumente menschlicher Erinnerung auf spanisch und französisch. Dazu wird ab und an gescracht, live gesungen, auf dem E-Baß ein paar Akkorde gegriffen oder den Mittänzern über Mikro ins Gewissen geredet.

"Mecanica Popular" hinterläßt den Eindruck, hier feiere man die Ästhetik um der Ästhetik willen. Alles andere bleibt geheimnisvolle Chiffre. Dennoch ist es schier unmöglich, sich der Faszination des Dargebotenen zu entziehen. So z.B. wenn sich eine der Tänzerinnen mit zärtlicher Vorsicht auf das Gesicht eines liegenden Tänzers stellt und neben der Zurschaustellung artistischer Leistung einen poetischen Moment schafft. Dann läßt sich der Frust über die im Verborgenen bleibende, tiefergehende Intention leicht vergessen und man kann einfach nur genießen.



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Künstlerische Leitung

Frank Micheletti

Ensemble

Chiharu Mamiya,
Franck Micheletti,
Rui Owada,
Dimitri Jourde,
LIne Törmoen,
Galina Borissova,
Stephan Podeven







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