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Musiktheater
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Don Giovanni
Dramma giocoso in zwei Akten
Libretto von Lorenzo Da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere am 15. Dezember 2002


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Theater Dortmund
(Homepage)
Verführung und Verletzung allenthalben

Von Meike Nordmeyer / Fotos von Thomas M. Jauk



Vergrößerung

"Ich glaube Rosen zu riechen", raunt Don Giovanni sinnlich drängend zu Zerlina.

Eine Rose ist eine Rose und nicht nur das. Das florale Gewächs ist, vor allem wenn es von blutroter Farbe ist, Zeichen der Galanterie und der Verführung. Es bietet ein Bild von stolzer Schönheit, ist bei alledem mit markanten Dornen versehen und kann damit recht verletzend sein. Ein übergroßer Blütenkopf einer roten Rose prangt in der Dortmunder Inszenierung des Don Giovanni mitten auf der Bühne und lädt den Raum wie beiläufig mit Bedeutung auf.

Regisseurin Beverly Blankenship und Ausstatter John Lloyd Davies lassen ein vielfaches Verführungspiel in einer langgezogenen Raumflucht stattfinden. Der Boden ist im schwarz-weißen Schachbrettmuster gehalten. Im abgezirkelten Entweder-Oder von schwarz und weiß bewegen sich die Personen, die sich den gesellschaftlichen Regeln angepasst und eingefügt haben. Die Kostüme von Mägden und Dienern, aber auch zunächst von Donna Anna und Ottavio bleiben wohlgeordnet passend in diesen Farben. Die Kleidung der einfachen Leute um Masetto und Zerlina sind undifferenziert in grau, als gesellschaftlich unbedeutende Personen bleiben sie außen vor.

Vergrößerung Finden sich zur Rachegemeinschaft zusammen: Donna Elvira (Sonja Borowski-Tudor), Donna Anna (Eun-Joo Park), Don Ottavio (Jeff Martin), Zerlina (Heike Susanne Daum) und Masetto (Christoph Stegemann).

Die Farbe Rot signalisiert stets die Störung der abgezirkelten schwarz-weißen Ordnung, und das bietet nicht nur die rote Rose als Symbol der Verführung, sondern auch das Blut, das gewalttätige Verletzung anzeigt. Da steht am Anfang der Mord an dem Komtur, mit dem sich Don Giovanni einmal mehr zu eigenmächtigen, unerhörten Handeln erhebt. Das rote Blut rinnt auf den farblosen Boden und wühlt die Ordnung unwiderbringlich auf. Nachdem Tochter Donna Anna sich an den Leichnam klammert, ist auch ihr weißes Hemd von roter Farbe des Blutes gezeichnet. Donna Anna und Ottavio, die sich nun zur ebenfalls eigenmächtigen Ausübung von Rache aufmachen, werden im Verlaufe des Spiels immer ausgefallenere, rot eingefärbte Kleidung tragen. Don Ottavio, der schließlich auch so sein will wie Don Giovanni, ähnelt sich zumindest im Kostümschnitt ein wenig dem Vorbild an. Doch Don Giovanni zeigt sich unbeeindruckt und lässig erhaben in seinen schwarzen Leder-Netz-Klamotten - ein Look, wie von der italienischen Firma Prada entworfen, der ihm trefflich steht.

Für den Don Giovanni konnte die Regie mit Karl-Heinz Lehner optisch auf eine Idealbesetzung zurückgreifen - überzeugend, wenn die Damen diesem charmant-trotzigen Kavalier von schöner Gestalt hoffnungslos ausgeliefert sind. Dass der Sängerdarsteller auch die Damen im Publikum im Griff hat, beweist er übrigens kurzerhand vor Beginn des zweiten Aktes im Zuschauerraum. Mit seinen angedeuteten Annäherungsversuchen löst er begeistertes Raunen aus.

Ausgefallen, dabei absolut überzeugend eingebunden in das Konzept ist auch die Figur des Leporello. Er ist der brave Gelehrte von pastoralem Habitus. Kein Wunder, dass er akribisch Buch führt über die Eroberungen seines Herren. Dem ungehörigen Lebemann ist er natürlich böse. Die gefährliche Lust will er vertreiben und stößt die große Rose mühsam weg. Doch natürlich ist er auch neidisch auf den Kavalier und versucht sich ungeschickt daran, Donna Elvira auch einmal zu berühren.

Donna Elvira erscheint im starken, präsenten Auftritt im roten Anzug als zornige Frau, die mutwillig sinnliche Zuwendung einzufordern versucht. Und eins ist klar, hier zwingt und verletzt nicht nur der Don Giovanni, massive Verführung und Manipulation geht von verschiedensten Seiten aus: Donna Elvira lässt ihre Lust an drei braven Begleitknaben aus, gewaltsam zieht Donna Anna ihren Don Ottavio in das ganze Manöver mit rein, Masetto und Zerlina werden süffisanten Prüfungen der Verführung auf dem Fest unterzogen...

Regisseurin Blankenship gelingt es, ein intelligentes Konzept mit dem trefflich agierendem Ensemble in ein dichtes, gelungen bewegtes Spiel umzusetzen. Es ist höchst spannend und beeindruckend, denn es ist reich an Ideen und Bezügen, an stimmiger, unkonventioneller Charakterisierung der Figuren, sowie an sinnigen Details, die die Aufmerksamkeit schärfen.

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Donna Anna reißt Don Ottavio mit sich in den Strudel von Zorn und Rache.

Das höchst engagierte Ensemble hat auch musikalisch Einiges zu bieten. Eun-Joo Park begeistert als Donna Anna mit feinen Tönen und vor allem durch glanzvolle Koloraturen, die plastisch die aufgewühlte Seele der Figur hörbar machen. Jeff Martin bringt den Ottavio mit schönem, kernigen Klang, der nur gelegentlich etwas angestrengt klingt, aber stets gut zusammen mit Donna Anna stimmt. Heike Susanne Daum lässt als Zerlina mit gehaltvollem Timbre und ausgewogener Gestaltung aufhorchen. Sonja Borowski-Tudor bietet bei starkter Bühnenpräsenz schön klingende Stellen, wirkt mitunter allerdings stimmlich angespannt, was sich an der Intonation bemerkbar macht. Karl-Heinz Lehner bringt die Titelpartie mit kräftiger, temperamentvoller Stimme, gestaltet allerdings durchaus etwas nachlässig, was immerhin verblüffend gut zur Rolle passt. Werner Van Mechelen als Leporello singt klangvoll, aber auch zum Beispiel bei der Registerarie nicht zupackend präzise. Verlässlich erklingen Michail Schelomianski als Komutur und Christoph Stegemann als Masetto. Der Orchesterpart wirkt unter der Leitung von Arthur Fagen zunächst noch etwas unentschieden bei der Behandlung der Tempi. Begleitet werden die Sänger aber schließlich gut, und zunehmend entwickelt das Dirigat mit den Musikern schlüssiges und spannungsreiches Spiel.


FAZIT
Die intelligente und spannend gelungene Inszenierung zieht in ihren Bann. Bei auch musikalisch ansprechender Ausführung sollte man diese Produktion nicht verpassen!


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Arthur Fagen

Regie
Beverly Blankenship

Bühne und Licht
John Lloyd Davies

Kostüme
Elisabeth Binder-Neururer

Choreinstudierung
Granville Walker

Choreographie
Sergej Vanaev

Dramaturgie
Oliver Binder



Chor des Theater Dortmund
Statisterie
des Theater Dortmund
Das Philharmonische
Orchester Dortmund
Continuo: Ralf Lange


Solisten

Don Giovanni
Karl-Heinz Lehner

Leporello
Werner Van Mechelen

Der Komtur
Michail Schelomianski

Donna Anna
Eun-Joo Park

Don Ottavio
Jeff Martin

Donna Elvira
Sonja Borowski-Tudor

Masetto
Christoph Stegemann

Zerlina
Heike Susanne Daum



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

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