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Frauenpower in Basel
Von Ina Schabbon
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Fotos von Sebastian Hoppe Einen so archetypischen Opernstoff wie den der Norma im 21. Jahrhundert auf die Bühne zu bringen, ist eine Herausforderung. Und auf den ersten Blick scheint sie in Basel auch gelungen, scheint das Bühnenkonzept von Penelope Wehrli und Robert Schuster schlüssig zu sein: Die geometrisch strenge Aufteilung der Bühne - drei Ebenen übereinander, die ersten beiden bespielbar und ihrerseits in fünf "Kästen" unterteilt, darüber eine zweigeteilte Projektionsfläche für Text- und Bildmaterial - entspricht der statischen Beziehung der handelnden Personen, die einerseits in einer Hierarchie zueinander stehen, andererseits auf der horizontalen Ebene ihrer Begegnungen nie wirklich zueinander kommen. Die Lichtregie ermöglicht es, die "Kästen" unterschiedlich zu beleuchten und so Schlaglichter auf einzelne Personen oder Szenen zu werfen, die dadurch noch stärker isoliert wirken. Trotz der ansprechenden Ästhetik bleibt ein fader Nachgeschmack, vermag das Konzept nicht ganz zu überzeugen, ja wirkt es zum Teil sogar flach. Denn hat man sich anfangs von den Möglichkeiten der Projektionsfläche eine Reflexion des Geschehens auf einer anderen Ebene versprochen, muss man bald feststellen, dass die projizierten Filmsequenzen den Gehalt der Szenen schlicht verdoppeln. Ein untergehaktes Freundinnenpaar, das in Zeitlupe auf den Betrachter zukommt fügt der neuen Freundschaft zwischen Norma und Adalgisa keinen weitern Aspekt hinzu. Der Personenregie bleiben bei einer so gegliederten und ihrer Tiefe beraubten Bühne wenig Möglichkeiten. Dem strengen Aufbau entsprechend herrschen auch hier Statik und Symmetrie vor. Diese mit Leben zu füllen, gelingt den Darstellern in sehr unterschiedlichem Maße. Da ist zunächst einmal Elena Pankratova als Norma mit ihrer ungeheuren Bühnenpräsenz. Jede kleinste Geste, jeder Blick reicht bis in den letzten Winkel des Hauses. Und auch stimmlich meistert die als gerade erst genesen Angekündigte diese Riesenpartie hervorragend. Einzig einigen Registerübergängen merkt man an, dass die Konstitution noch nicht ganz wieder hergestellt ist. Ihr zur Seite steht mit Serena Farnocchia eine Adalgisa, deren Sopran in Strahlkraft und Fülle makellos ist und die noch dazu mit einem hohen Maß an Textverständlichkeit aufwartet. Dieser starken Frauenriege - auch die Nebenrolle der Clotilde ist mit Doris Monnerat sehr gut besetzt - steht eine wesentlich schwächere Herrenriege gegenüber. Ki-Chun Parks Pollione ist lieblos gespielt und brachial gesungen, Höhe und Tiefe sind forciert, die Stimme insgesamt nicht gut geführt. Kevin Short singt seinen Orovese solide, sich gegen Ende noch steigernd, einzig Ray M. Wade, Jr. als Flavio vermag mit seinem weich geführten, lyrischen Tenor völlig zu überzeugen. Glänzend aufgelegt präsentieren sich Chor und Orchester unter Baldo Podic. Das Orchester gewohnt intonationssicher bis hin in die höchsten Holzbläser-Oktaven, der Chor homogen und strahlend. Baldo Podic gelingt mit diesem Klangkörper große italienische Oper in allen Facetten von der innigen Kantilene bis zur stringenten finalen Steigerung.
Eine in zweierlei Hinsicht ambivalente Norma: Der ästhetisch hinreißenden Raumkonzeption entspricht keine schlüssige Interpretation des Stoffes und musikalisch singen die Frauen die Männer an die Wand.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühnenbild und Kostüme
Licht
Dramaturgie
Chor
Text- und Bildmontage
Videogestaltung
Solisten+ Besetzung der rezensierten AufführungPollione Ki-Chun Park
Oroveso
Norma
Adalgisa
Clotilde
Flavio
Kinder Normas
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