Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Gewagt und gewonnen Von Gerhard Menzel
Der Entschluss zu dieser wohl größten Unternehmung in der bisherigen Theatergeschichte Münsters, fiel nach der überaus erfolgreichen Produktion des Parsifal im Jahre 1997. Nach ungeheuerlichem Einsatz und unermüdlicher Überzeugungsarbeit konnten zahlreiche Sponsoren gefunden werden, die dieses riesige Vorhaben nachhaltig unterstützten: so z.B. die Stiftung Kunst und Kultur NRW und die Stadtwerke Münster. Um die räumlichen, technischen, finanziellen und personellen Möglichkeiten des Theaters nicht als Beschränkung, sondern als Chance zur Konzentration auf Wesentliches zu nutzen, fand sich ein Team um den Münsteraner GMD Will Humburg zusammen, das sich dieser - von vielen als wahnwitzig abgetanen - Herausforderung stellte: Peter Beat Wyrsch (Regie), Roland Aeschlimann (Bühne) und Renate Schmitzer (Kostüme). Ihnen gelang es, eine eigene Ring-Ästhetik zu entwickeln, die alles aus dem Text und der Musik heraus entwickelt, ohne Mätzchen und "modischen" Schnickschnack auskommt und mehr andeutet als äußeren Aufwand treibt. Der im Mittelpunkt stehende psychologische Aspekt der Handlung wird neben den musikalischen auch durch prägnante optische Motive gestaltet und gewährleistet so, zusammen mir einer ausgeprägt spielfreudigen Personenführung, eine kontinuierliche Erzählweise der Geschichte. Besonders eindrucksvoll sind auch die zahlreichen "Perspektivwechsel", die dem Publikum - wie im Film - das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln zeigt. So wirkte nun nicht nur jedes einzelne Werk der Tetralogie für sich überzeugend, sondern der Zyklus als Ganzes in sich geschlossen, spannend erzählt und in seiner Entwicklung konsequent bis zum Ende geführt. Sogar der unspektakuläre, regelrecht bescheiden gestaltete Schluss, krönte eine Ring-Produktion, die in ihrer Geschlossenheit, ästhetischen Qualität und musikalischer Gestaltung zum Besten gehört, was ein Ring-Team überhaupt schaffen kann. Zu der optisch herausragenden Umsetzung des Dramas kommt die ausgefeilte, bis ins kleinste Detail ausgearbeitete musikalische Interpretation von Münsters GMD Will Humburg. Es gibt bei ihm keine Note, die unwichtig wäre; alle sind in ihrem Kontext wichtig und haben eine Bedeutung. Bei ihm ist nichts zu spüren von herausgeputzten Orchesterpassagen gegenüber beiläufig dahergespielten Sängerbegleitungspartien und das Warten auf die nächste "hörenswerte" Orchesterstelle. Er phrasiert in kleinen und großen Dimensionen, nutzt die volle Dynamikbreite ohne die Sänger zu überfordern und passt die sehr variabel gestalteten Tempi den jeweiligen Geschehnissen auf der Bühne an. Dabei erreicht die permanent angestrebte Wortverständlichkeit, die auch durch die Überbauung des Orchestergrabens gewährleistet wird - obwohl auf Kosten der Sichtbarkeit von den oberen, hinteren Plätzen aus - solche Ausmaße, wie sie wohl nur seltenst erreicht wird. Was Humburg seinen Musikern abverlangt ist enorm, für einige im Orchester auch zu viel, aber selbst einige Misstöne aus dem Graben überhört man hier - angesichts des engagierten und aufopferungsvollen Spiels des Symphonieorchesters Münster - gerne. Als herausragender Sängerdarsteller dieses Rings erwies sich Ralf Lukas, der nicht nur den Wotan in allen drei Teilen übernommen hatte, sondern sein reichhaltiges Gestaltungsrepertoire auch noch als Gunther unter Beweis stellte. Er beherrscht nicht nur den Text der Partien, sondern er weiß ganz genau, was er singt und kann dieses auch eindrucksvoll umsetzen. Schier unbegrenzte Energie, unbändiger Einsatz und ungeheure Überzeugungskraft zeichnen Evelyn Herlizius als Brünnhilde aus, deren Bühnenerscheinung und -präsenz man sich einfach nicht entziehen kann. Sie ist wirklich das temperamentvolle und wilde Kind Wotans - was man allerdings nur allzu selten auf einer Bühne glaubwürdig zu sehen bekommt. Nun ist sie inzwischen auch auserwählt, dieses Jahr den grünen Hügel in Bayreuth als Brünnhilde zu erstürmen. Gleiches ist auch Christian Franz beschieden, der als Siegfried sein klangvolles Material durch alle Höhen und Tiefen der beiden Siegfried-Partien erstrahlen ließ. Man kann beiden für ihre Bayreuther "Feuertaufe" nur alles Gute wünschen. Neben diesen drei Leistungsträgern unter den Sängern seien vor allem noch Mark Bowman-Hester (Loge, Mime), Renatus Mésznár (Alberich), Caroline Thomas (Freia, Sieglinde, Gutrune), Thorsten Scharnke (Siegmund) und Suzanne McLeod (Fricka) erwähnt, die diese großartige Gesamtleistung ebenfalls mit ermöglichten. Doch was wären sie alle ohne den führenden Kopf des Ganzen: Will Humburg.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungWill Humburg
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Chöre
Dramaturgie
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- Fine -