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Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Anspruch und Wirklichkeit
Von Thomas Tillmann
Mit der bekannten Kreativität und Repertoirekenntnis hatte der scheidende Operndirektor Andreas Wendholz eine attraktive Mischung bekannter Arien, Duette und Ensembles zusammengestellt, denen gemeinsam ist, dass in ihnen allerlei gekrönte Häupter ihren gebrochenen Herzen Luft machen. Es hätte also ein wirklich schöner Galaabend im Rheydter Opernhaus werden können, wären da nicht die unglaublich langatmigen, teilweise unzureichend recherchierten oder unerhörte Plattheiten aneinanderreihenden Zwischentexte des unkonzentrierten Generalintendanten Pesel gewesen, der sich wohl als Provinzausgabe des in Berlin die alljährlich an der Deutschen Oper veranstalteten Gala moderierenden Loriot verstanden wissen wollte, dabei aber jegliche Begeisterung des sehr gutwilligen Publikums durch seinen Redeschwall erstickte. Mindestens genauso ärgerlich war aber die Leistung der schlecht disponierten Niederrheinischen Sinfoniker (nicht nur in der eingangs zwar klar strukturiert, aber bleiern langsam wiedergegebenen, ohnehin nicht sehr effektvollen Ouvertüre zu Mozarts La clemenza di Tito), denen abwechselnd der gänzlich temperamentlose Allan Bergius und der ohne große Wirkung unerträglich eitel große Gesten zelebrierende Kenneth Duryea vorstanden; besonders in den zahlreichen Verdiszenen offenbarte sich bei beiden kapellmeisterliche Inkompetenz und mangelndes Gespür für das Begleiten von Sängern, pardon (warum hatte man nicht GMD Bramall dirigieren lassen, der im Publikum gute Miene zum schlechten Spiel machte). Ebenso beklagenswert war aber auch der Umstand, dass die Mehrzahl der Solisten über ein mehr oder weniger genaues Abliefern des Notentextes nicht hinauskam und nicht einmal Ansätze einer Interpretation erkennen ließ (dabei hatten sie das Programm bereits am 1. 12. in Krefeld aufgeführt, und Aufnahmen prominenter Vorgänger, denen man zumindest ein paar Gestaltungsnuancen ablauschen könnte, gibt es auch wie Sand am Meer!). Den jungen Koreaner Man-Taek Ha, trotz seiner Tätigkeit am Opernstudio Köln mit der deutschen Sprache und mit vokalem Ausdruck noch wenig vertraut, das Konzert ausgerechnet mit Taminos Bildnis-Arie beginnen zu lassen, spricht nicht für ein besonders ausgeprägtes Verantwortungsgefühl der Intendanz - vielleicht hätte sein eher dunkler, nicht gerade attraktiv timbrierter lyrischer Tenor, der wohl doch eher für Comprimariopartien geeignet ist, in einer italienischen Arie eher gefallen können. Janet Bartolova, als Luisa Miller in Verdis gleichnamiger Oper noch glänzend in Erinnerung, hat die richtige Farbe und genügend Substanz besonders in der ausdrucksvollen, farbigen Mittellage für Belcantopartien wie Maria Stuarda und Anna Bolena (sie war beim Duett Maria - Leicester beteiligt und sang zudem einen Ausschnitt aus der Schlussszene der anderen Königinnenoper), während sie mit der Elisabetta im Quartett aus Don Carlo überfordert zu sein schien, besonders in der unteren Lage an Grenzen kam und hier die nicht durchgängig souverän erreichte Höhe am stärksten "klingelte". Ihr Duettpartner war Publikumsliebling Kairschan Scholdybajew, der als Leicester, als Riccardo in der Arie aus dem 4. Akt von Verdis Un ballo in maschera sowie als Edgardo im Sextett aus Lucia di Lammermoor mit seinem dynamisch flexiblen, biegsam-legatostarken, angenehm timbrierten Tenor trotz seiner allzu unbekümmerten, sehr offenen und damit gefährlichen, aber mitreißenden Art des Singens überzeugte. Über interessantes, erfreulich individuelles Material verfügt auch die allerdings mit sehr breitem Pinsel malende, äußerst offenherzig gewandete Russin Elena Nebera: Sowohl in der Auftrittsszene der Lady Macbeth (leider ohne Brief!) als auch im Duett Aida - Amneris kamen die kraftvoll-farbige Mittellage und die gleißende, durchaus einige Schärfe aufweisende Höhe hervorragend zur Geltung, auch die grundsätzlich dunkle, leicht gutturale und mitunter auch etwas rauchige Farbe des Soprans passte zu beiden Partien, während die Bewältigung der Koloraturen der ersteren eigenwillig blieb und es ihrem Singen überhaupt noch an Schliff und Stil fehlt, den ihr ein kompetenter Coach sicher beibringen könnte. Carola Guber tat sich und dem Publikum weder mit Leonoras "Oh mio Fernando" aus Donizettis Favorita noch mit ihrer Amneris einen großen Gefallen: Ihr sehr lyrischer Mezzosopran hat in der in beiden Szenen nicht wenig geforderten Tiefe ein gegen Null gehendes Volumen, nur in der oberen Mittellage und der Höhe entfaltet die Stimme eine gewisse Wirkung, verzierte Passagen sind offenbar auch nicht die Sache der auch in einigen Ensembles erhebliche Defizite hinsichtlich des Ausdrucks erkennen lassenden jungen Deutschen. Ulrich Schneiders metallisch gefärbter Bass klang in der musikalisch nicht recht ins Programm passenden, dann auch noch in deutscher Sprache gegebenen Arie aus Boris Godunow recht verwittert und tat sich reichlich schwer mit höheren Tönen, während seine Deutung der großen Szene des Philipp aus Don Carlo auf Grund der hohen Motivation des Sängers durchaus berührte. Potential hat auch der britische Bariton und Gobbi-Schüler Philip Rock, der sich mit Macbeths "Perfidi" vorstellte und zwar großen Gestaltungswillen erkennen ließ, die Arie aber dennoch recht eintönig heruntersang. Eine sehr hellstimmige Lucia ohne besonderes Charisma war schließlich Debra Hays. Trauriger Höhepunkt der Veranstaltung war indes das von den beiden Tenören im Stil der drei "großen" Kollegen duettartig präsentierte "Nessun dorma": Mit tobendem Beifall und standing ovations unmittelbar nach dem letzten Ton der Protagonisten bekundete das Publikum, was es eigentlich unter einer Operngala versteht, nämlich das Reinszenieren multimedial vermarkteter, in Fußballstadien sich ereignender Massenveranstaltungen mit bekömmlichen Klassik- und Easy-listening-Häppchen und nicht dramaturgisch durchdachte, anspruchsvolle und dennoch unterhaltende Programme!
Für die nächste Operngala, die mit dem programmatischen Schwerpunkt "Primadonnen" bereits angekündigt wurde, wünscht man sich eine bessere musikalische Vorbereitung, kompetentere Dirigenten und einen anderen Moderator! Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Moderation
SolistenJanet Bartolova, SopranDebra Hays, Sopran Elena Nebera, Sopran Carola Guber, Mezzosopran Man-Taek Ha, Tenor Kairschan Scholdybajew, Tenor Philip Rock, Bariton Ulrich Schneider, Bass
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