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Operettenglamour
Von Thomas Tillmann
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Fotos von Eduard Straub Fünfzehn Jahre hat Die lustige Witwe inzwischen auf dem Buckel: Premiere war am 6. Dezember 1986 im Theater Duisburg, hochkarätig besetzt mit Trudeliese Schmidt (man möchte es nicht glauben, wenn man die weitere Karriere der Künstlerin besonders im Charakterfach betrachtet, die damals freilich durch ihre Moderation der ZDF-Show Ihr Musikwunsch einen hohen Popularitätsgrad hatte) und dem in aller Welt als Papageno gefeierten Christian Boesch sowie mit dem damaligen GMD Hans Wallat am Pult. Von der damaligen Crew ist nur noch E. Lee Davis als Cascada dabei, und seinem inzwischen doch reichlich schütteren Bariton merkte man die lange Spielzeit eher an als der immer noch funktionierenden, von David Walsh aufgefrischten Hellmuth-Matiasek-Inszenierung, die auf Grund der prachtvoll glitzernden, hochgewölbten Hotelhalle im Pseudo-Jugendstil, die Jörg Zimmermann entworfen hatte und die durch aufwändige, aber reichlich störanfällige Paraventkonstruktionen immer wieder neue Reize offenbart, nie ganz vergessen war und immer wieder aufgenommen wurde. Freilich hätte der Spielleiter den merkwürdigen, stimmungstötenden Schluss anders einrichten müssen: Entweder lässt man es bei der Abfahrt des endlich vereinten Paares und untermalt diese mit einigen flotten Tönen oder man verzichtet ganz darauf und präsentiert den Weibermarsch sofort noch einmal an der Rampe. Das schicke Theater am Marientor, in dem bis vor einigen Monaten noch ausschließlich Les Misérables gespielt wurde und das die Deutsche Oper am Rhein nun erst einmal bis zum Jahresende als dritte Spielstätte für populäre Produktionen wie Schwanensee, Der Vogelhändler, Hänsel und Gretel sowie einige Galaabende nutzt, ist der rechte Ort für diese glamouröse Produktion, der man indes mehr Zuschauer gewünscht hätte (das wird hoffentlich besser in den Folgevorstellungen). Es waren zwei Königskinder - die steinreiche Witwe Hanna Glawari (Morenike Fadayomi) und ihr vergnügungssüchtiger Landsmann und Jugendfreund Graf Danilo Danilowitsch (Tassis Christoyannis), die natürlich zum Schluss doch zueinander finden.
Verstecken musste sich auch die Premierenbesetzung des Jahres 2001 nicht, hatte man für die Hauptrollen doch erste Solistinnen und Solisten aufgeboten. Morenike Fadayomi besitzt alles, was eine Operettendiva mitbringen muss: Ein apartes Äußeres, großes Bewegungs- und Spieltalent, viel Gespür für das richtige, augenzwinkernde Präsentieren des Dialogs (da hätten sich die anderen Beteiligten manches abschauen können, übrigens auch hinsichtlich ihrer glänzenden Beherrschung der deutschen Sprache) und natürlich eine nicht zu kleine, tragfähige, sinnlich timbrierte Stimme, deren gestalterische Möglichkeiten sie besonders im hinreißend dargebotenen Vilja-Lied aufs Schönste zu demonstrieren verstand und die sie sich mit einer Partie wie der Salome nicht ruinieren sollte. Tassis Christoyannis blieb zwar vokal etwas blass und eindimensional, aber er verfügt über diesen lausbübischen Charme, das Charisma und die faszinierende Optik, die ihn trotz mancher Schwäche in Darstellung und Diktion in kürzester Zeit zum Publikumsliebling avancieren ließen. Marlis Petersen hatte verständlicherweise einige Mühe mit der unangenehm tiefen Tessitura des Grisettenchansons, war aber ansonsten erste Wahl für die Partie der Valencienne; auch sie hat ein beträchtliches komisches Talent und ein Händchen dafür, das Publikum um den Finger zu wickeln, und Tanzen und Radschlagen kann sie auch. Peter Nikolaus Kante ist seit Jahren ein Garant für gute Laune und Skurriles, und ich frage mich immer wieder, warum er verhältnismäßig selten eingesetzt wird. Valencienne, Frau des pontevedrinischen Gesandten in Paris und eine "anständige Frau" (Marlis Petersen), hat zusammen mit den Grisetten des "Maxim" ein frivoles Chanson einstudiert.
Auch in den weiteren Partien waren Sängerinnen und Sänger zu erleben, die ich voller Respekt als Rheinopern-Urgestein bezeichnen möchte: Manfred Fink verfügt auch nach zwanzig Jahren im Ensemble des Traditionshauses noch über den nötigen Schmelz und die hohen Cs für die gar nicht leichte Rolle des Rosillon (man fragt sich, warum er eigentlich nie die ganz große Karriere gemacht hat), Roelof Oostwoud war eine Stütze des Hauses im jugendlichen Heldentenorfach und gab nun den St. Brioche, Heinz Leyer und Keiko Yano hatten als Kromow und Sylvaine die Lacher auf ihrer Seite, während Wilhelm Richter manche Pointe des Njegus leichtfertig verschenkte. Taru Sippola gab als liebestolle Praskowia dem Affen reichlich Zucker - da hatten es Illka Vihavainen, Diana Möller und Markus Butter schwer, sich ähnlich nachhaltig im Gedächtnis der Zuschauer zu verewigen. Die schicke Hotelhalle hat sich blitzschnell in eine Dependance des sündigen "Maxim" verwandelt, wo Valencienne (Marlis Petersen) beim Can Can viel Bein zeigen darf.
Ein gutes Händchen für Operette scheint Alexander Joel zu haben, was kaum verwundert, war er doch zuvor an der Wiener Volksoper engagiert. Beispielhaft sorgte er für einen guten Kontakt zwischen Bühne und Graben, und was er besonders den Geigen und der Harfe an verführerisch-schmelzenden, raffinierten Tönen abgewann, das war wirklich hinreißend, auch wenn man sich manche Passage noch etwas spritziger serviert vorstellen könnte.
Ein herrlicher, niveauvoller Operettenabend comme il faut, der freilich angesichts zweier Pausen doch ein bisschen lang zu werden drohte. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Choreographie
Chor
Spielleitung
Solisten* Besetzung der rezensierten Aufführung
Baron Mirko Zeta
Valencienne, seine Frau
Graf Danilo Danilowitsch
Hanna Glawari
Camille de Rosillon
Vicomte Cascada
Raoul de St. Brioche
Bogdanowitsch, Konsul
Sylvaine, seine Frau
Kromow, Gesandtschaftsrat
Olga, seine Frau
Pritschitsch, Oberst
Praskowia, seine Frau
Njegus, Kanzlist
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