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Eugen Onegin

Lyrische Szenen in drei Akten
(Sieben Bildern)
Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky
Text vom Komponisten und Konstantin Schilowski
nach dem Roman in Versen von Alexander Puschkin

Premiere in Münster am 16.9.2000



Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)

Schönster Zusammenklang der
unglücklichen Liebe




Von Meike Nordmeyer / Fotos von Michael Hörnschemeyer



Markant ist das Bühnenbild mit dem der Eugen Onegin in Münster eröffnet. Die Geschichte spielt in einer kleinen Pension wohl in Russland, die Eingangshalle ist eng, etwas dunkel mit verblichenen alten Tapeten, und sie steht voll mit Möbeln im Stil der 70er. Die Zeit ist sicher schon einige Jährchen darüber hinaus, das Zeug steht eben immer noch rum. Auch über die Kleidung der Leute ist die Zeit schon hinweg gestrichen, wie sich im Verlauf des Spiels zeigt.
In sorgfältiger Lichtregie wird die Szenerie in der Pension eröffnet. Nach rechts ist der kleine Eingangsraum der Pension offen, von hier drängen die Arbeiter aus dem Dorf herein. Im Hintergrund steht ein riesiger alter Strommast, der dem Bild starke Stimmung gibt. Außerdem zu sehen ist ein alter Grabstein. Der weist voraus auf den Tod des Dichter Lenskis und zurück auf den Dichter Puschkin, er bietet auch dem Verse produzierenden Franzosen Schreibfläche.

Besonders gut zu laufen scheint die kleine Pension der verwitweten Larina (Suzanne McLeod) nicht. Die Dame ist denn auch schon nachlässig und vor allem frustiert, sie ist stets im Bademantel zu sehen, hat nicht mehr die Energie sich anzukleiden, sie trinkt. Ihre Angestellte Filipjewna (Janet Collins) versteckt sich hinter einem strengen Aussehen, zeigt aber schließlich auch viel Herz, gerade im Umgang mit Tatjana. Die Töchter lungern in der Eingangshalle rum, Tatjana natürlich lesend und Olga sich schminkend. Mit dem intensiv gesungenen Frauenensemble beginnt die Oper. Schon hier zeigt sich die Stärke des Frauenquartetts, Heike Grötzinger ist als Olga enorm präsent und singt den Part mit warmen kernigen Ton, ebenso Birgit Beckherrn als Tatjana lässt bereits aufhorchen. Die vier Frauenstimmen klingen bestens zusammen.

Da brechen die Herren Nachbarn ein, im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie kommen durch die Wand gefahren mit dem chicen Sportwagen des Onegin. Das macht Eindruck. Lenski, ganz braver, harmloser Bube, bringt seinen Freund Onegin mit, der gibt sich lässig, ist aber einfach leicht schmierig und von schnodrigem Gehabe. Ungehemmt starrt er Olga an und interessiert sich nicht für Tatjana.
Die Männerstimmen fügen sich gut zum Frauenquartett. Klangvoll, dabei flüssig und eben lässig parlierend erklingt der Onegin von Renatus Mészár und schöngestimmt der Lenski von Attila Wendler, wie es sich gehört für den Lenski, so auch seine Arie vor dem Duell. Ein gutes Ensemble lässt den Münsteraner Eugen Onegin stimmlich glänzen. Es spielt zudem überzeugend zusammen und meistert auch die Schwierigkeit, den Part auf Deutsch zu singen bestens. Bei dieser Deutlichkeit kann das Publikum gut folgen.

Das Orchester nimmt sich für die schönen Stimmen sehr zurück, das lässt sie besonders zur Geltung kommen. Entwickelt werden unter der Leitung von Will Humburg dichte emotionale Stimmungsverläufe, die den Gesang eindrucksvoll umrahmen. Im Detail erwies sich der Orchesterpart dann allerdings noch öfters als ungenau in den Einzelstimmen, das wird sich wohl noch geben, das muss sich noch geben. Die beiden großen Tänze, die anlässlich jeweils der Festgesellschaft im 2. und im 3. Akt aufgespielt werden, gerieten insgesamt noch leicht ins Stocken, sie entfalteten ihre große Wirkung daher noch nicht.

Foto: Münster: Eugen Onegin Star des Abends: Birgit Beckherrn als Tatjana

Sehr dicht und voll erklingt der hochmotivierte Chor, wenn er von der Regie auch nicht immer ganz plausibel eingesetzt wird. Die Regiearbeit von Inga Levant weiß nach gelungenem Anfang nicht mehr durchgehend zu überzeugen. Beachtlich ist es noch, wenn Tatjanas Briefszene quasi verlängert wird. Nach Abschluss des Briefes, wenn der Morgen anbricht und der Chor einsetzt, sieht Tatjana die bevorstehende Festlichkeit in Traumbildern vor sich - die Menge der Feiernden und der darin umherirrende Onegin zeigt sich als Figuren-Spiel im Hintergrund. Der Auftritt Onegins mit seiner Reaktion auf den Brief findet dann noch unmittelbar darauf im Zimmer allein statt. Ausgezeichnete Leistung erbringt hier Birgit Beckherrn als Darstellerin der Tatjana, ausdrucksstark und sehr bewegt gespielt wird der Part, und dabei bietet die Solistin packenden, facettenreichen Gesang. In der langen Szene beweist sie enormes Durchhaltevermögen, sie kann die Spannung über die lange Strecke halten. So wird sie auch zum Star des Abends.

Foto: Münster: Eugen Onegin Onegin (Renatus Mészár) trifft auf der abgespacten Party ein. In seinem Wagen sitzt ihm immer noch der tote Freund.

Der weitere Verlauf der Inszenierung lässt dann stark nach. Gezeigt wird nun eine kühle Grufti-Party, dazu regte wohl der Grabstein an, ansonsten ist ein Zusammenhang nicht recht zu erkennen. Allein der Auftritt von Hidekazu Tsumaya als Gremin beeindruckt, von großer Bühnengestalt beweist er auch große Stimme, er weiß seine Arie gut auszusingen, was in diesem Part gar nicht selbstverständlich ist. Dick aufgetragen wird von der Regie dann in der letzten Szene von Tatjana und Onegin. Natürlich wird zurückverwiesen auf die Briefszene, wie die Musik das auch tut, aber die Figuren wie Regisseurin Levant sie zeigt, sind nicht gereift, und verlangt wird von den jungen Solisten starke Aktion, die sie zweifellos erbringen können. Da sie dies schon zuvor bestens geboten haben, soll das jetzt offenbar noch einmal genutzt werden. Onegin bedrängt Tatjana massiv, sie hat sich mächtig körperlich zu wehren. Sie windet sich, flüchtet, stürmt wieder heran. Viel ist in der schauspielerischen Darstellung also zu tun, aber das lenkt unötig ab vom eigentlichen Geschehen zwischen diesen beiden Menschen. Hier hätte man sich mehr auf die Wirkung der Darsteller verlassen können, gerade auf Birgit Beckherrn als Tatjana, die hier noch stärker im stimmlichen Ausdruck wird als vordem ohnehin schon und für deren enorme Bühnenwirkung einfach mehr Raum hätte gelassen werden können. Mészár als Onegin hatte dann leider nicht mehr genügend Stimmkraft zur Verfügung. Starke Einschränkungen erfuhr die Schlussszene daher.


FAZIT
Gute bis herausragende musikalische Leistung erklingt in dieser Oper, die die Liebe so innig besingt und zugleich das Wissen von der Entsagung der Liebe zum Thema hat. Das gerät vor allem durch das Sängerteam eindrucksvoll, allen voran durch Birgit Beckherrn als Tatjana, und auch durch den intensiven Orchesterklang. Die Inszenierung überzeugt nach beachtlichem Anfang weniger.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Will Humburg

Regie
Inga Levant

Bühnenbild
Jan Freese

Kostüme
Magali Gerberon

Choreinstudierung
Peter Heinrich

Dramaturgie
Berthold Warnecke



Symphonieorchester der
Stadt Münster
Chor und Extrachor der
Städtischen Bühnen Münster



Solisten

Larina
Suzanne McLeod

Tatjana
Birgit Beckherrn

Olga
Heike Grötzinger

Filipjewna, die Amme
Janet Collins

Eugen Onegin
Renatus Mészár

Wladimir Lenski
Attila Wendler

Fürst Gremin
Hidekazu Tsumaya

Ein Hauptmann /
Saretzki, ein Sekundant
Donald Rutherford

Triquet, ein Franzose
Ulrich Gentzen /
Mark Bowman-Hester

Guillot, Kammerdiener Onegins
Peter Bodrogi /
Carsten Jaehner







Weitere Informationen
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Städtischen Bühnen Münster
(Homepage)






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