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Neues aus der 'Akte Florestan'Von Gerhard Menzel / Fotos von Matthias Stutte
Der Bühnenraum von Marcel Zaba zeigt eine kirchen- oder klosterähnliche Architektur nach Art der Backsteingotik. Stahlkonstruktionen gliedern den Raum in verschiedene Ebenen, um möglichst viele Aktenordner unterbringen zu können. Leitern, Gittertüren, Videokameras und ein Fahrstuhl - der wohl einzige Zugang zu diesen Räumen - dienen der "inneren Sicherung". Von außen hört man zuweilen Hundegebell, Schreie und Schüsse. Eine Flucht ist für die Gefangenen also völlig ausgeschlossen (daher tragen sie natürlich auch keine Ketten).
Foto 2: Der dort als Aufseher seinen Dienst versehende Rocco ist hauptsächlich damit beschäftigt, seine Traumziele aus Reisekatalogen auszuschneiden und sie neben seine Dienstpläne zu hängen, während eine Etage höher eine Personalakte nach der anderen durch den Reißwolf geschoben wird. Roccos Tochter hat sich mit Souvenirs, Jugendzeitschriften und Blumen ihr Traumreich in einem Ruderboot geschaffen. Sie zeigt dem in sie verliebten "Mechaniker" Jaquino die kalte Schulter, da sie sich in den neuen Gehilfen Fidelio verguckt hat und ihn auch - mit Zustimmung des Vaters - heiraten will. Der unliebsame Nebenbuhler Jaquino wird von diesem mit einer beträchtlichen Geldsumme abgefunden. Der von einer Leibwächterin begleitete Gouverneur Don Pizarro ist drogenabhängig, selten der Herr seiner selbst und muss seinen "Todfeind" Florestan möglichst schnell beseitigen (lassen)...
Foto 3: Kathrin Prick inszeniert einen spannenden Agententhriller mit sehr ausgeprägten Charakteren und einer bis ins kleinste ausgearbeiteten Personenregie. Die ungeliebten Dialoge lässt sie im ersten Akt über Lautsprecher in die Szene hinein einspielen, während die Darsteller ihre Gedanken und Gefühle - auch konträr zu den Dialogtexten - pantomimisch ausgestalten. Im zweiten Akt werden die Dialoge dann allerdings wieder real von den Protagonisten selbst gesprochen, was diesen allerdings nicht gerade überzeugend gelingt und einen konzeptionellen Bruch bedeutet. Besonders ärgerlich waren einige völlig überflüssige Diskrepanzen zwischen Text und szenischer Umsetzung, die die zahlreichen "Buhs" gegen das Regieteam wenn schon nicht rechtfertigten, sie aber zumindest verständlich machten.
Foto 4: Musikalisch lag die Aufführung bei Anthony Bramall in den besten Händen. Unterstützt von Chordirektor Heinz Klaus, der die Chöre hervorragend einstudiert hatte, gelang Bramall eine lebendige, differenzierte und zu dramatischen Ausbrüchen fähige Interpretation von Beethovens Partitur. Leider gerieten die Niederrheinischen Sinfoniker immer wieder sehr schnell an ihre Leistungsfähigkeit in puncto Präzision und Intonationssicherheit.
Foto 5: Die Solisten bestätigten dagegen das überwiegend hohe Niveau des hauseigenen Ensembles, vor allem im darstellerischen Bereich. Allen voran Christoph Erpenbeck als phänomenaler "Oberschurke" Don Pizarro. Auch Ulrich Schneider als Rocco ließ an stimmlichen Qualitäten und an Textverständlichkeit keine Wünsche offen. Ein sympathisches Pärchen gaben Barbara Cramm als Marzelline und Markus Heinrich als Jaquino ab. Als Leonore bewies Barbara Schneider-Hofstetter vokale Präsenz und gestalterischer Intensität.
Foto 6: Philip Rock als smarter Politiker Don Fernando glänze vor allem durch sein ständig zur Show getragenes "Grinsegesicht". Obwohl Ronald Carter die Partie des Florestan tapfer durchstand, hätte Walter Planté, der (nur) als 1. Gefangener zu hören war, das sängerische Niveau der Aufführung (wie in Monteverdis Krönung der Poppea, die gerade in Krefeld Premiere hatte) sicherlich noch erhöht.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungAnthony Bramall
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreinstudierung
SolistenDon FernandoPhilip Rock Mikhail Lanskoi *
Don Pizarro
Philip Rock *
Florestan
Leonore
Rocco
Michael Tews *
Marzelline
Debra Hays *
Jaquino
Andreas Schagerl *
1. Gefangener
Markus Heinrich *
2. Gefangener
Zbigniew Szczechura *
Leibwächterin des Pizarro
Andrea Konings * Alternativbesetzung
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- Fine -