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Eine musikalische OffenbarungVon Gerhard Menzel
Bei der 1778 in London uraufgeführten Oper La clemenza di Scipione vertonte Bach ein anonymes Libretto, das nach dem Stile Pietro Metastasios gearbeitet war. Die Handlung, die das mildtätige Wirken des Feldherrn Scipio lobt und in allegorischer Form den damaligen absolutistischen Herrschern als Vorbild dienen sollte, verläuft geradlinig, die Rezitative sind vergleichsweise kurz und mit nur etwas über zwei Stunden Musik ist auch die Aufführungsdauer dieser Oper nicht besonders lang. Neben der Beteiligung eines eigenständigen Chores in allen drei Akten (also nicht von den Solisten gesungen) fällt vor allem das Fehlen von jeglichen da-capo- und dal-segno-Arien auf, was dem ansonsten der "alten" Opera seria-Tradition verpflichteten Werk "moderne" Züge gibt. Der subtile Einsatz der paarweise besetzten Holzbläser (Flöte, Oboe, Klarinette und Fagott), die differenzierte Instrumentation des Orchesterparts und die kunstvoll gestalteten Vokalpartien weisen Johann Christian Bach als exzellenten und einfallsreichen Komponisten aus. Dass diese Oper seit 1778 nun erstmals vollständig aufgeführt werden konnte (die erste Aufführung dieser Produktion fand am 23.9.2000 im Rahmen der 'Festlichen Tage Alter Musik in Knechtsteden' statt), ist vor allem Ernest Warburton zu verdanken, der das Aufführungsmaterial von La clemenza di Scipione herausgab. Dazu musste er die Secco-Rezitative allerdings neu komponieren, da das Autograph verschollen ist und die Druckfassung der Partitur - der zeitgenössischen Praxis entsprechend - keine Secco-Rezitative enthält. Auch die Trompeten- und Paukenstimmen der Ouvertüre wurden von ihm einfühlsam rekonstruiert. Dass man immer wieder zu glauben meint, ein frühes Werk von Wolfgang Amadeus Mozart zu hören, ist nicht verwunderlich, schließlich trafen sich Johann Christian Bach und Mozart nicht nur im Jahre 1765 in London (der 30 Jahre alte Bach war zu diesem Zeitpunkt schon eine "Berühmtheit", während Mozart als neunjähriges "Wunderkind" auf Europatournee war), sondern auch noch 1778 in Paris. Bachs Musik muss Mozart sehr beeindruckt haben, da sich in Mozarts Kompositionen immer wieder Anklänge an dessen "Stil" wiederfinden. Besonders ohrenfällig wird dieses in der Arie der Konstanze "Martern aller Arten" aus der Entführung aus dem Serail (1782), deren "Vorbild" in der Arie der Arsinda "Infelice! In van m'affanno" ("Ich Unglückliche! Vergeblich sind meine Qualen") mit obligater Flöte, Oboe, Violine und Violoncello aus Bachs vier Jahre früher uraufgeführten Oper La clemenza di Scipione unverkennbar ist.
Aber nicht nur die Musik von Johann Christian Bach stellte sich als ganz hervorragend heraus, sondern auch deren fantastische Interpretation durch Hermann Max und seine beiden Ensembles, die Rheinische Kantorei und das Barockorchester Das kleine Konzert'. Max favorisiert einen hellen, strahlenden Klang, sowohl im Orchester, wie auch bei den leichten und schlank geführten Stimmen. Transparenz und Homogenität zeichneten nicht nur die lyrischen Momenten aus, sondern auch die zahlreichen dramatischen Ausbrüche, die kraftvoll und mit ungeheurer Intensität ausmusiziert wurden. Auch die Solisten Markus Schäfer, Linda Perillo, Christine Wolff, Hans Jörg Mammel und besonders Jörg Waschinski in der Sopranpartie des Luceio präsentierten sich als homogenes und ausdruckstarkes Ensemble.
Das Konzert am 25.9.2000 im Theater Mönchengladbach wurde von WDR aufgezeichnet und soll am 21. Januar 2001 um 20.05 Uhr auf WDR 3 im Radio gesendet werden. |
ProduktionsteamMusikalische LeitungHermann Max
SolistenScipioMarkus Schäfer
Arsinda
Idalba
Luceio
Marzio
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