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Die Fledermaus
Komische Operette in drei Akten
Text von Richard Genée
Nach der Komödie "La Réveillon" von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
In der deutschen Bearbeitung von Karl Haffner


in deutscher Sprache

2 Stunden 15 Minuten - eine Pause

Premiere am Theater Aachen am 11. November 2000


Logo: Theater Aachen

Theater Aachen
(Homepage)

Solo für einen Staubsauger

Von Heike Schumacher / Fotos von Frank Heller



Die diesjährige Aachener Fledermaus beginnt mit einem Vorspiel auf dem Theater, das eine der drei Geschichten der Fledermaus ins Zentrum rückt: die Rache der Fledermaus als Intrige des Dr. Falke, der nebenher den lebensmüden Prinzen Orlofsky zum Lachen bringen möchte. Während der Ouvertüre sitzt er nun am Bühnenrand und schnipselt Briefe zusammen, um die Figuren seiner Intrige in Gang zu bringen: Das Kammermädchen Adele wird von ihrer Schwester Ida zum Ball geladen, die betrogene Ehefrau Eisensteins bekommt den entscheidenden Hinweis auf die untreuen Aktionen ihres Mannes und ein Ballkleid, um sich unter falschem Namen auf dem Maskenball einzufinden.


Szenenfoto Foto 1:
Sabine Türner (Rosalinde) und Michael Ende (Alfred)

Der erste Akt beginnt spritzig: Man wird ins Ambiente der 50er Jahre versetzt , Adele saugt lautstark Staub, drei Türen im hochherrschaftlichen, da mit rotem Samt verhängtem Treppenhaus, knallen unaufhörlich, und laden zum Versteckspiel ein. Die dritte Tür verbirgt das Lager der Eisensteins, palettenweise Bitburger statt Champagner, das von allen gleichermaßen genossen wird. Voller Verve, aber mit starkere Betonung auf dem Burlesken beginnt das Versteck- und Verstellspiel, getragen von der herausragenden Kristina Totzek als dralles Stubenmädchen Adele. Diese Komödiensituationen werden genussvoll ausgespielt und lassen den 1. Akt zum heiteren Vergnügen werden. Die Zwischenmusik zum zweiten Akt beginnt mit einem Solo für einen alten Staubsauger, der ferngesteuert vor dem Vorhang ein Tänzchen aufführt (was nicht ohne technische Panne bei der Premiere ablief). Doch danach flaut der Schwung merklich ab.


Szenenfoto Foto 2:
Sibylle Fischer (Prinz Orlofsky), Maike Etzold (Ida) und Kristina Totzek (Adele)

Der zweite Akt im Ballsaal des gerät eher zum Ringelreihn mit platten Gags als zur ironischen Demaskierung einer kleinstädtischen Ballveranstaltung. Die Gesellschaft zeigt sich nur als groteske Trinkerrunde, die jeden Anstand vergessen lässt. Prinz Orlofsky stürzt sich plakativ von einem Selbstmordversuch in den nächsten (das Zitat aus dem Film "Harold and Maude" ist nicht zu übersehen). Als die verkleidete Frau Eisenstein als Csardas-Gräfin die Bühne betritt, und ihr ungarisches Heimatlied singt, werden vom Leibeigenen des Grafen, den er stets im Käfig bei sich führt, Übersetzungsplakate in die Luft gehalten. Eine nette Idee, die aber zu lange durchgeführt wird. So ergeht es einem mit vielen Gags an diesem Abend: Sie wären wirkungsvoller, wenn sie nicht immer bis zum bitteren Ende wiederholt würden. Im zweiten Akt werden auch musikalische Umstellungen vorgenommen und die Pause wird mitten ins Bild plaziert.

Nach der Pause wird dann sozusagen ein Stück zurückgespult, und mit einer kurzen Wiederholung begonnen. Eine Werbepause ohne Werbung (Oder sollte doch eine bekannte Eifeler Brauerei der heimliche Sponsor sein) wird hier wenig einleuchtend auf dem Theater imitiert. Vielleicht soll dem Publikum nur Gelegenheit gegeben werden, ebenfalls wie die Fledermaus-Gesellschaft ein Gläschen Sekt zu schlürfen - wer weiss.


Szenenfoto Foto 3:
Andreas Joost (Gabriel von Eisenstein), Kristina Totzek (Adele), Hans Lydman (Dr. Falke), Sibylle Fischer (Prinz Orlofsky) und Mitglieder des Opernchors des Theater Aachen

Der dritte Akt im Gefängnis ist wiederum vom Bühenbild nett gestaltet. Anstelle der Gefängniszellen finden wir Vogelkäfige, die den Ausspruch des Direktors, er müsse zu seinem kleinen Vogelkäfig, ins Bild setzen. Hier schlägt nun traditionellerweise die Stunde des Gefängniswärters Frosch, der im halbbetrunkenen Zustand manche Wahrheit verkündet - eine Paraderolle für jeden Schauspieler. H. Cohrs hat hier nun gravierende Änderungen seines Textes hinzunehmen, die aus dem Gefängniswärter eine höchst ernsthafte Person machen, die ab und zu einen Kalauer reißen darf, aber ansonsten die Rolle des einzig Weisen ohne jede Doppelbödigkeit vertritt.


Szenenfoto Foto 4:
Maike Etzold (Ida), Jaroslaw Sielicki (Gefängnisdirektor Frank) und Kristina Totzek (Adele)

Das war überhaupt die Crux dieser Inszenierung: zum einen wurde die Handlung so auf eine Linie gebracht, dass jede Spannung , wahre Verwicklung und Mehrdeutigkeit abhanden kam, zum anderen fehlte ihr das schwebende, leichte, die nur in Wien so richtig denkbare Mischung aus Mondänem und Morbiden, aus Leichtigkeit und beißendem Sarkasmus. Kein walzerseliger Tanz auf dem Abgrund findet statt, hier wird naiv- komisch inszeniert, im Stil mancher Fernseh-Comedy-Serie.

Aber es gab auch Puspunkte dieser Inszenierung. So war die Textbearbeitung amüsant (bis eben auf die Änderungen bei der Rolle des Frosch), da sie heutige Skandälchen mit einbezog. Auch das einfache, aber wirkungsvolle Bühnenbild mit roten Samtvorhängen als Hauptdekorationsmittel trug zur Entstaubung der Operette bei.


Szenenfoto Foto 5:
Sabine Türner (Rosalinde), Andreas Joost (Gabriel von Eisenstein) und Michael Ende (Alfred)

Die musikalische Realisierung gestaltet sich allerdings nicht so überzeugend. Unter den Sängern und Sängerinnen traten nur drei Figuren hervor: Das Kammermädchen Adele, Herr von Eisenstein und der Gefängnisdirektor. Kristina Totzek als Adele zeigte herrliche Bühnenpräsenz und Brillanz in der Stimme, eine Sängerin, der man noch weitere, auch große ernste Rollen wünscht. Auch Andreas Joost als Eisenstein überzeugte stimmlich und darstellerisch. Seinen noblen Bariton spielte Jaroslaw Sielicki gekonnt aus. Alle weiteren Sänger und Sängerinnen waren aber durchgängig stimmlich zu dünn, und auch schauspielerisch nicht überzeugend. Es fehlte das große tragende Stimmpotential. Die Stimmen sind jung, aber eben im großen Haus einfach nicht durchsetzungsfähig. So zeigte Sibylle Fischer in der Hosenrolle des Prinzen Orlofsky nur einen dauerhaft genervten Prinzen, dem nichts Morbides anhaftet, trotz der Selbstmordversuche, und war stimmlich ebenfalls nicht tragfähig über den Orchestergraben hinweg. Auch die junge Elevin der Hochschule für Musik, Maike Etzold als Ida zeigte sich gesanglich schön aber mit zu wenig Volumen. Schauspielerisch war ihr aufgesetzt ordinäres Gehabe zu viel des Guten. Chor und Orchester dagegen waren wie immer überzeugend. Schwungvoll, mit den richtigen Tempi, führte Boncompagni durch die Partitur.

Insgesamt war viel Witziges, in schlichtem, aber schönen Bühnenbild und moderner Abendgarderobe bei den Kostümen. Eine Fledermaus mit leichtem Hang zur Klamotte.


FAZIT
Eine Fledermaus ohne Plüsch und Kitsch, frisch - aber ohne sonderlichen Tiefgang.


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(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Elio Boncompagni
(Jeremy Hulin)

Inszenierung
Markus Bothe

Bühne
Robert Schweer

Kostüme
Silvia Raggi

Choreinstudierung
Bernhard Moncado



Sinfonieorchester Aachen

Opernchor des theater Aachen



Solisten

(Alternativbesetzung in Klammern)

Gabriel von Eisenstein, Rentier
Andreas Joost
(Johannes Martin Kränzle)

Rosalinde, seine Frau
Sabine Türner
(Lisa Graf)

Adele, deren Stubenmädchen
Kristina Totzek
(Sabine Goetz)

Dr. Falke, Notar
Hans Lydman
(Götz Seiz)

Dr. Blind, Advokat
Willy Schell
(Hans Schaapkens)

Frank, Gefängnisdirektor
Jaroslaw Sielicki
(Rainer Zaun)

Prinz Orlofsky
Sibylle Fischer
(Carola Günther)

Alfred, sein Gesangslehrer
Michael Ende
(Robert Woroniecki)

Ida, Adeles Schwester
Maike Etzold
(Hochschule f. Musik Köln, Abt. Aachen)

Frosch, Gefängniswärter
Heino Cohrs

Iwan, Leibeigener des Prinzen
Jan Doroszko


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Aachen (Homepage)




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