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Carmen

Opéra comique in vier Akten
Musik von Georges Bizet
Text nach der Novelle von Prosper Mérimée
von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
In französischer Sprache
Dialoge in deutscher Sprache

Premiere in Wuppertal am 5.9.1999



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Schillertheater NRW
(Homepage)

Carmen überzeugt durch Musik -
Bejubelte Premiere in Wuppertal

Von Meike Nordmeyer / Fotos von Rudolf Majer-Finkes



Angekündigt war eine schlichte, das heißt von spanischer Folklore befreite Carmen, um den allgemeingültigen Konflikt der Geschichte herauszuschälen, so gab die Regisseurin Carin Marquardt bereits im Vorfeld bekannt und erweckte Neugierde. Die Bühne hatte sie bis auf die Brandmauern freigelegt, der einzige Aufbau war ein zweistöckiges Gerüst mit alten Stühlen und wenigen Tischen. Skizziert wird also irgendeine schäbige Kneipe in der Provinz, eine wie tausend andere, eine wie überall und nirgendwo. So bleibt der Ort des Geschehens dann auch unbeschönigt und erfährt nur geringfügige Veränderungen im weiteren Verlauf. Die Szenerie ist also tatsächlich einfach, schlicht wie schäbig, trostlos das Wissen vermittelnd, daß Menschen immer wieder in die gleichen heillosen Geschichten verfallen. Das karge Bühnenbild kann daher nach den Ankündigungen zunächst überzeugen.

Zur Ouvertüre läßt die Regisseurin einige Kleinst-Szenen in dieser Kneipe vorspielen, pantomimische Begebenheiten zwischen Mann und Frau. Diese Vorführungen geraten jedoch etwas linkisch, im besten Falle nur floskelhaft und künden damit leider schon von dem, was da noch kommen soll. Denn im weiteren Verlauf der Vorstellung schleicht sich wieder viel leidlich Übliches ein. Foto: Wuppertal: Carmen Die Chorszenen beispielsweise bemühen sich immer wieder sehr um Aktion, geraten aber leider nur näckisch. Die Damen sind halt zänkisch und die Herren sollen cool sein mit Sonnenbrillen - das hätte man doch eigentlich allen ersparen können. Die Carmen muß sich immer wieder lasziv räkeln, den Kopf nach hinten werfen, sich über die Hüften streichen und mit Tüchern rumtänzeln, wie es eine durchschnittliche Carmen eben so tut. Sie ist schnell mit vordergründiger Verführung bei der Hand. Ebenso agieren ihre Schmugglerfreundinnen mit dem gängigen Gehabe. Im vierten Akt wird dann zudem wieder erstaunlich bunt und üppig mit spanischen Kostümen aufgewartet, Toreros, Banderilleros usw. in glitzernder Montur, die vor dem Eingang der Arena aufmaschieren. Dazu erscheint Carmen im feuerroten Spanien-Romantik-Kleid.

Recht unentschlossen ist also diese Inszenierung, die anfangs den Willen zum Weglassen, zum nüchternen Stil zeigt, der dann aber nichts weiter einfällt und daher in der Personenzeichnung gerade bei Carmen und ihren Freundinnen wieder in glatte Muster verfällt, ohne selbst etwas charakterisieren zu können. Abgeruscht ist die Regie in Gewöhnlichkeiten, und dazu wird doch wieder reichlich aufgetragen mit sogemeinten spanischem Couleur. Zufriedenstellen konnte daher diese Inszenierung nicht, sie zwängt die handelnden Personen in leere Spielformeln ein und bleibt dabei selbst gehaltlos.


Foto: Wuppertal: Carmen Kurz vor dem Tod:
José und Carmen

Da ist erst der letzte Akt wieder mitreißend, der gibt sich zwar belanglos bunt und spanisch ausstaffiert, aber da kommt dann doch besondere Spannung auf durch die Leistung der beiden Hauptdarsteller. Thomas Pfiffka spielt den José ergreifend. Er mimt nicht einfach den haßerfüllten Liebhaber, sondern er verkörpert überzeugend einen zutiefst zerütteten Mann. Die Carmen der Frédérique Sizaret ist dann auch nicht mehr, was ihre darstellerischen Formeln angeht, so oberflächlich wie bisher, sondern zeigt eine stolze, zugleich sehr bewußte Frau, die auch Schmerzen und Trauer über die Situation empfindet. Packend sind die Töne der beiden Solisten bis zum Tode der Carmen. Sizaret gestaltet klangschön und sehr sicher die Partie der Carmen. Sie verfügt allerdings über eine nicht sehr große Stimme, ihre leidenschaftlichen Beschwörungen der Freiheit können daher nicht genügend durchdringen. Doch abgesehen davon bietet Sizaret eine sehr beachtliche Carmen. Piffka singt kraftvoll und konzentriert einen beeindruckenden José. Ein überzeugendes Paar geben die beiden ab, das auch vom Publikum begeistert gefeiert wurde.

Als besonderer Star konnte an diesem Abend auch Judy Berry auftrumpfen, denn sie war spontan eingesprungen, hatte die Partie der Michaela übernommen und damit die Premiere gerettet. Das hatte ihr natürlich schon die Gunst des Publikums eingebracht. Sie sang die Michaela dann aber auch einfach fabelhaft. Eine außergewöhnlich starke Michaela geriet ihr da, die mal nicht hinter der Figur der Carmen zu verschwinden droht - ein besonderes Juwel an diesem Abend.

Auch die weiteren Partien konnten bestens besetzt werden. Veronika Waldner als Frasquita und Claudia Braun als Mércèdes stellten vollauf zufrieden, das Schmuggler-Quintett mit Thomas Laske als Dancaïro und Dan Karlström als Remendado war ein kleiner feiner Höhepunkt. Gut erklang auch Adam Hollmann als Escamillo, auch wenn sein stimmlicher Zugriff in dieser Partie manchmal hätte energischer sein können.

Als ausgezeichnet erwies sich das Dirigat von George Hanson. Begonnen wurde gleich mit einem fulminanten Vorspiel. Entfalten konnte sich unter der Leitung Hansons ein voller Orchesterklang, der mit temperamentvollen Zug fortschritt. Rhythmisch wurde genaustens gearbeitet und ausgewogen die lyrischen Passagen gestaltet. Die ein oder andere Ungenauigkeit gab es da zwar noch in den Solostimmen zu hören, denn noch kommen offenbar die Wuppertaler Symphoniker mit ihrem eigenen neuen hohen Niveau nicht ganz mit, so will es scheinen, aber das wird sich sicher bald geben. Das Wuppertaler Publikum feierte zu Recht frenetisch die glänzende musikalische Ausführung der Carmen.


FAZIT
Trotz blasser, weil unentschlossener Inszenierung ist ein Besuch dieser Carmen lohnend aufgrund der anspruchsvollen musikalischen Ausführung.




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Produktionsteam

Regie
Carin Marquardt

Musikalische Leitung
George Hanson

Bühne
Manfred Kaderk

Kostüme
Ute Frühling

Licht
Fredy Deisenroth



Sinfonieorchester Wuppertal
Chor und Extrachor
der Oper Wuppertal


Solisten

Carmen
Frédérique Sizaret

José
Thomas Piffka

Michaela
Judy Berry

Escamillo
Adam Hollmann

Mercédes
Claudia Braun

Frasquita
Veronika Waldner

Dacaïro
Thomas Laske

Remendado
Dan Karlström

Zuniga
Joachim Gabriel Maaß

Moralèes
Erin Caves

Lillas Pastia
Gerard S. Kohl



Weitere Informationen
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Foto: Wuppertal: Carmen

Ein packendes Stimmpaar:
Thomas Piffka als José
und Frédérique Sizaret als Carmen.





Foto: Wuppertal: Carmen

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