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Suche nach Liebeserfüllung - nicht immer ungefährlich
Von Meike Nordmeyer
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Fotos von Rudolf Majer-Finkes
Überraschend, ja irritierend ist die Zusammenstellung der beiden Einakter zu einem Doppelabend: Auf die düstere wie geheimnisvolle Geschichte, die Bartók von Herzog Blaubarts Burg erzählt, folgt die heitere Spanische Stunde von Ravel. Inszeniert wurde zudem nicht von einer Hand, sondern von Regisseur Immo Karaman und Regisseurin Karin Mauksch. Das einheitliche Bühnenbild von Johann Jörg bot den beiden Stücken den gemeinsamen Rahmen. Zwei Frauen werden aktiv, suchen entschlossen, ihren Wünschen nachzugehen und sich ihre Sehnsucht nach Liebe zu erfüllen - wie unterschiedlich das geraten kann - gefährlich, letztlich vernichtend, oder gewitzt und hartnäckig, schließlich erfolgreich - das wurde durch die Zusammenstellung beider Einakter vorgeführt. Daß diese Suche der beiden Frauen freilich unter ganz verschiedenen Vorzeichen steht und zudem getragen wird von recht unterschiedlichen Vorstellungen, was die Art der Erfüllung angeht, zeigt dann doch, daß die Thematisierung von Gemeinsamkeiten etwas erzwungen wurde. Ilse Hirschner als Judith und Nikolai Miassojedov als BlaubartDie Judith, wie Regisseur Karaman sie in seiner Blaubart-Inszenierung zeigt, ist eine starke, selbstbewußte Frau aus der Arbeitswelt, so an ihrem eleganten wie schlichten Bürodress abzulesen ist. Die Frau scheint nach Feierabend wildentschlossen auf ein Abenteuer, neugierig auf eine neue Erfahrung, und folgt daher dem merkwürdigen, recht verstört wirkenden Mann. Daß ihm der Ruf des Gefährlichen anhaftet, macht die Sache vielleicht gerade so aufregend für die mutige, entschlossene Frau. Daß man ihr abgeraten hat, läßt sie erst recht an ihrem Vorhaben festhalten. Der Ort, an dem Blaubart haust, ist eine düstere, verlassene Lagerhalle, in die eine karge Metalltreppe hinabführt - ein gelungener, trister wie unheimlicher Ort des Spiels in heutiger Zeit. Die Inszenierung von Karaman kommt hier ohne echte Türen aus, die Sichtung der sieben verschiedenen Schreckens- und Seelenkammern wird ausgemalt von visionären, großflächigen Video-Einblendungen, die im Fieber der Musik aufflackern. Es sind Begierden, Ängste, Traumata, die zwischen den beiden flimmern. Übermächtig ist die rote Farbe, die sich bedrohlich ausbreitet, grobe Eindrücke von Fleisch und Schmuck und Blut gehen ineinander über. Währendessen können sich die Beiden selber kaum angucken, sie weichen einander aus. Blaubart brütet vor sich hin, er ist verstört und verhalten, wird schließlich gewaltsam zudringlich, bis es zur Vergewaltigung kommt. Zerstört ist nun die Stärke der Judith, ihre Persönlichkeit gebrochen, weil sie für nichts geachtet wurde. Leicht kann dieser Baubart die erungene Judith daher nun in die Sammlung seiner Besitztümer einreihen: ihr Gesicht hält er auf Video fest, sie wird als schöne Trophäe eingefroren. Die leibliche, gebrochene Judith entschwindet in die Dunkelheit, und er kann ihr Bild nun bequem auf dem Bildschirm betrachten. Kein störender Eigenwille mehr, als Bild in die Sammlung gepreßt ist sie nun medial verfügbar gemacht worden. Er hat sie gleich auf zahlreiche Bildschirme im Raum gebannt. Nur konsequent, daß ihr übergroß eingeblendetes Auge sich schließt, ihr reales Leben, ihre Persönlichkeit ist ausgelöscht. Ein starkes Schlußbild gibt diese Szenerie. Spannend und verstörend ist die alte Geschichte vom Blaubart in moderne Erzählweise umgesetzt. Getragen wird die Erzählung vor allem durch den starken Einsatz, mit dem Ilse Hirschner die Judith verkörpert. Hirschner zeigt den Mutwillen, das Erschrecken und schließlich den Seelentod der jungen Frau auf eindringliche Weise. Nikolai Miassojedovs gibt als Blaubart einen eher ungewöhnlichen Typ ab, dies entspricht aber gerade dem Regiekonzept des verstörten Sonderlings. Beide Sänger bringen beachtliche solistische Leistung bei schwerer Partie, gerade Hirschner gelingt ihr Part sehr ausdrucksstark. Miassojedov ist mit der kniffeligen Textbewältigung doch recht beschäftigt. Mitunter wünschte man sich auch noch eine schärfere, expressivere Tonansprache der beiden Solisten, das ließe die Spannung noch enorm erhöhen. Concepcion läß sich zunächst von Gonzalvo hofieren - doch schnell wird klar: der bringt´s nicht Nach der Pause ging es dann im selben düsteren Bühnenbild mit munterem Komödienspiel weiter - stärker könnte der Kontrast zum ersten Teil kaum sein. Der Bühnenraum, in dem sich die Suche der Uhrmacherfrau abspielt, wurde kurzerhand vollgestellt mit übergroßen, vereinzelten Uhrwerkteilen, Zahnrädern und Zeigern. Die mächtigen Zeiger kommentieren phallisch ausschlagend den Ablauf des Stündchens und eben den Erfolg der Suche. Gruppenbild mit Dame: Concepcion im Kreise ihrer Verehrer Claudius Muth als Don Inigo Gomez, Arturo Valencia als Gonzalvo, Florian Simson als Torquemada und Anke Sieloff als Concepcion Im Mittelpunkt steht nun eine ganz andere Frau, auch sie sucht sich ihre Wünsche zu erfüllen, aber hier geht es um ein flink zu erhaschendes erotisches Abenteuer. Das erweist sich zunächst als gar nicht so einfach, tricksig und hartnäckig muß sie sein, sich zugleich gegen unerwünschte Zudringlichkeiten erwehren, bis sie schließlich unerwartet zum Ziel gelangt. Das Zusammenkommen der Frau mit ihren Verehrern geschieht auf ganz harmlose, unverbindliche Weise im offenbar völlig ungefährlichem Spiel. Als ungetrübt heitere Komödie wurde das von Karin Mauksch inszeniert, die Kostüme greifen locker eine Farbensymbolik auf, Lustspielsprache bestimmt Gesten und Bewegung. Die Erzählweise bietet wenig Besonderes, sie lebt ausschließlich von der temperamentvollen schauspielerischen Darstellung der Hauptfigur Concepcion durch Anke Sieloff. Die Sänger agieren lebhaft, könnten zum Teil pointierter parlieren, es wird doch sehr melodisiert. Auch im Orchester läßt leicht die Spannung nach. Die Musik wird zwar soweit stimmig ausgeführt, erklingt in gut geführten Bögen, könnte aber noch intensiver vom Uhrenklang tickern und flirren. Nach dem packenden ersten Teil des Doppelabends kommt der zweite Teil zu glatt und oberflächlich daher. Gäbe es nicht auch hier - um der Blaubart-Erzählung wirklich näher zu kommen - Abgründiges, Gefährdendes sichtbar zu machen, das bei jeder Suche nach Zuneigung und bei jeder Annäherung latent vorhanden ist und sich unter heiterer Oberfläche nur allzugut verbirgt? Trotz dieser Einwände und dem enormen Stimmungsumschwung, der sich mit Beginn des zweiten Teils einstellte, wirkte das Spiel der Spanischen Stunde offenbar gewinnend und kurzweilig, es fand großen Anklang beim Publikum. Verführerisch war vielleicht gerade die Erleichterung nach der erschütternden Geschichte der Judith.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Regie Herzog Blaubarts Burg
Regie Die spanische Stunde
Bühnenbild
Kostüme
Dramaturgie
SolistenHerzog Blaubarts Burg
Herzog Blaubart
Judith
Prolog
Concepcion, Frau des Uhrmachers
Gonzalvo, Student
Ramiro, Mauleseltreiber
Torquemada, Uhrmacher
Don Inigo Gomez, Bankier
Das Programmheft
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- Fine -