Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Ein grossartiges Beziehungsdrama
Von Gerhard Menzel
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Fotos von Michael Hörnschemeyer
Das Produktionsteam führte dabei das im Rheingold vorgestellte Konzept konsequent weiter: Reduzierung des optischen Aufwandes auf wesentliche Elemente, die Konzentration auf die Beziehungen der Personen untereinander und das Vertrauen auf die Ausdruckskraft der Musik. So entwickelte sich der erste Aufzug zu einem spannungsvollen, äusserst packenden Drama um Liebe und Tod. Thorsten Scharnke als Siegmund präsentierte sich erneut in blendender stimmlicher Verfasung (wie schon als Max im Freischütz und als Loge im Rheingold), was ihn in seinem Fach immer unentbehrlicher werden lässt. Mit Martin Blasius (Hunding) und Caroline Thomas (Sieglinde) standen ihm zwei weitere Leistungsträger zur Seite, die für ein hohes vokales und darstellerisches Niveau sorgten.
Zu einer der spannungsreichsten Szenen gehörte das Zusammentreffen Wotans mit Fricka. Suzanne McLeod gestaltete die empörte Gattin so überzeugend, dass es Wotan (Harry Peeters) unmöglich war, ihr treffende Argumente entgegenzuhalten. Ansonsten hatte Harry Peeters bis zum finalen "Speerschwur" keinerlei Probleme, die facettenreiche Partie des Wotan intensiv und stimmlich präsent zu gestalten. Die Abschiedsszene zwischen ihm und Brünnhilde geriet zu einem bewegenden Ereigniss, das auch szenisch und ästhetisch mehr als nur befriedigte.
Als Glücksfall und eine (fast) ideale Besetzung erwies sich Evelyn Herlitzius als Brünnhilde. Mag ihre Stimme auch nicht jedem gefallen (Tendenz zum "wabern"), so ist sie als Bühnenerscheinung doch genau das, was sie eigentlich sein sollte: ein wildes, tatendurstiges und eigenwilliges "Kind"! Ihr Verhalten wirkt sowohl in der Todverkündigungsszene mit Siegmund, als auch in den Szenen mit ihren Schwestern und dem erbosten Vater nachvollziehbar und überzeugend. Zuerst "nur" eine der Walküren, durch die Begegnung mit Siegmund dann mit Verweigerung, Mitleid und Ungehorsam konfrontiert, durchläuft sie eine Entwicklung, die sie notwendigerweise aus dem Kreis ihrer "Sippe" ausschliesst.
Die über weite Strecken spannungsvolle Personenführung von Peter Beat Wyrsch kommt auf der von Roland Aeschlimann praktikabel gestalteten Bühne durch den intensiven Einsatz des Lichts und die markanten Kostüme von Renate Schmitzer eindrucksvoll zur Geltung. Das Einbeziehen eines den Orchestergraben umgebenen Stegs als Spielfläche für zahlreiche Szenen bietet dabei nicht nur eine optische Abwechslung und Erweiterung des Bühnenraumes, sondern rückt damit das Geschehen auch unmittelbar an das Publikum heran, was jede Distanz zu den agierenden Personen aufhebt.
Musikalisch stand der Abend wieder ganz im Zeichen von Will Humburg, dem am Pult des Symphonieorchesters der Stadt Münster erneut eine durchdachte und gut strukturierte Interpretation von Wagners Partitur gelang. Leider waren dieses Mal nicht alle Orchestermusiker gleichermassen fit, was den insgesamt hervorragenden Eindruck etwas schmälerte. Das höchste Lob muss allen Beteiligten für die auffällig klare Wortverständlichkeit gezollt werden. So viel Text kann man selbst an wesentlich "grösseren" Häusern meist nicht verstehen. Das liegt zum einen an der Aufmerksamkeit die die Ausführenden dem Text schenken, zum anderen aber auch an dem mit dem Laufsteg umbauten Orchestergraben (unmittelbare Nähe zum Publikum) und der sehr sängerfreundlichen orchestralen Dynamik, obwohl Will Humburg an exponierten Stellen auch ordentlich aufdrehen lässt. Das Publikum feierte alle Künstler laut und lange; und das zu Recht!
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Produktionsdramaturgie
SolistenSiegmundThorsten Scharnke
Hunding
Sieglinde
Wotan
Brünnhilde
Fricka
Helmwige
Gerhilde
Ortlinde
Waltraute
Siegrune
Roßweiße
Grimgerde
Schwertleite
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- Fine -