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Leidenschaft und Macht im Spiel der Spiele des Lebens
Von Meike Nordmeyer
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Fotos von Matthias Stutte
Liebe und Leidenschaft, skrupelloser Ehrgeiz, Macht und Machtmißbrauch - eine lodernde Mischung, die da vorgeführt wird in Monteverdis Oper. Entstanden ist ein zündendes Werk, zündend für die gerade beginnende Operngeschichte. Wie lebendig und wirkungsvoll das Werk heute noch aufgeführt werden kann, zeigte sich am Theater Mönchengladbach.
Die Wärter beklagen sich.
Besonders lebendig ist das Bühnenbild von Christoph Rasche gelungen. Rasche entwarf ein Simultangebilde, einen Bühnenaufbau, wie er im Mittelalter üblich war. Gleichzeitig zu sehen und daher stets präsent sind die verschiedenen Orte des Geschehens: die Gemächer der Poppea, ein öffentlicher Platz mit Park, die Gefilde Neros, sein Palast und die Hallen, in denen er sich eigentlich um die Staatsgeschäfte zu kümmern hätte, und schließlich der Aufenthaltsort Senecas, der hier - Ort der Contemplation überhaupt- als Zen-Garten dargestellt ist.
Der große Nero (Walter Planté)
bei seiner Poppea (Barbara Cramm) und hinter ihm Nero ist der in den Staatgeschäften abwesende Herrscher, denn er kümmert sich vornehmlich um seine Liebesleidenschaft mit Poppea, so beklagen es auch die Wärter, die vor Poppeas Haus des nachts Wache schieben müssen. Der so in Rom abwesende Nero ist stets anwesend durch die Lücke, die er hinterläßt und die ein Machtvakuum ergibt. Das Bühnenbild macht diese Lücke sichtbar, Neros Gestalt bleibt ausgeschnitten aus dem Stadtbild von Rom. Vor gefährlichen Verwicklungen wird Poppea (Barbara Cramm) von der Amme (Antje Gnida) gewarnt.
Magisch traumhafte, phantasiereiche Bilder werden auf der wandelbaren Bühne geschaffen. Das Spiel hat dabei Werkstatt- und Projektcharakter, wie es eben richtigem Theater eigen ist. Ein Vorhang, der mit der Farbe rot die Farbe der Liebe trägt, wird vielfältig benutzt: zum Verdecken, zum Aufdecken und zum Verwickeln. Durch die Präsenz des Vorhanges wird der Raum vor ihm zur kleinen Bühne auf der Bühne, zur Projektionsfläche, auf der sich die Personen präsentieren können, was sie auch fleißig nutzen. Stets bleibt sichtbar in dieser Aufführung der Poppea, daß es eben eine Aufführung eines Spiels ist, so wie zugleich auch thematisiert wird, daß das ganze Leben ein Spiel um Macht und das dazugehörige Überzeugen und Präsentieren ist. Das ganze Geschehen bleibt aber auch deswegen ein Spiel, weil es die Götter mit den Menschen spielen. Eine Wette der Götter über den Ausgang dieser Geschichte steht da am Anfang. Die Götter, hier alle weiblich, schauen nun genüßlich zu beim Treiben der Menschen, sie bewegen sich nicht nur auf der Bühne, sondern nehmen auch immer wieder als Zuschauer platz. Gespielt wird hier also auf allen Ebenen, so offen und gelungen vielfältig ist die Inszenierung von Reto Nickler. Vielgestaltig sind die Verschränkungen von Leidenschaft und Macht im Spiel des Lebens, diese Inszenierung wird der Oper Monteverdi vollauf gerecht.
Nero in großer Herrscherpose gibt
Viel Aktion, viel Bewegung der Personen ist auf der Bühne zu sehen, sie wird von allen Sängerdarstellern ausgezeichnet gespielt. Ein sicheres, ein glanzvolles Ensemble ist auf der Bühne vertreten. Nur in den Nebenrollen gibt es leichte Einschränkungen, die Hauptpartien überzeugen indes sehr. Als bestens einstudiert erweisen sich die Ensemble-Szenen, die zahlreichen wunderbaren Duette werden absolut stimmig zusammen gesungen und mit dem Orchester zusammen die Musik entwickelt. Außergewöhnlich viel Raum bleibt für zarte Töne, besonders Barbara Cramm als Poppea und Kirstin Hasselmann als Drusilla bezaubern hier, sie behalten die Zartheit auch in der Höhe und bieten in ihrem Spiel und Gesang starke Charakterbilder. Die Poppea von Barbara Cramm ist zwar von grausamen Ehrgeiz aber auch von starker, sich zärtlich äußernder Liebe besessen. Desweiteren beeindruckt Ulrich Schneider als Seneca mit großer und sehr kultiviert geführter Stimme. Walter Planté bietet als Nero tenoralen Schmelz, fast etwas zu schön für einen Nero. Etwas Anstrengung war bei ihm zum Schluß durchzuhören, klüger wäre es vielleicht gewesen, sich gelegentlich auch zurückzunehmen. Das Orchester begleitete die Sänger hervorragend, Sänger und Orchester waren immer punktgenau zusammen, gemeinsam wurde die Musik geatmet und die Inszenierung umgesetzt. Der Orchestergraben wurde hochgefahren für das Orchester in sehr kleiner Besetzung mit historischen Instrumenten wie Blockflöte, Theorbe, Barockgitarre, Gambe.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungUlrich Wagner
Inszenierung
Bühnenbild
Kostüme
Dramaturgie
Solisten
Fortuna / Octavia / Amore secondo
Virtus / Venus
Amor / Pallas Athene
Poppea
Nero
Ottone
Drusilla
Seneca / Konsul
Darnigella
Arnalta
Amme der Kaiserin Octavia
Valetto / Erster Soldat / Tribun
Lucan / Zweiter Soldat /
Lictor / 3. Freund Senecas / Konsul
Amore terzo / 1. Freund Senecas
2. Freund Senecas / Tribun
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- Fine -