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Postmoderner Saisonstart mit universaler Botschaft:Habt Euch lieb!
Von Stefan Schmöe /
Fotos von Paul Leclaire Traditionell beginnt das Theater Hagen die neue Saison mit einer Uraufführung - und so steht in diesem Jahr Der blaue Vogel von Harald Banter, langjährigem Mitarbeiter des WDR, ,auf dem Programm. Das Libretto von Dorothea Renckhoff basiert auf dem Märchen "L'Oisseau bleu" von Marie-Cathrin d'Aulnoy (1650 - 1705). Da geht es um einen Prinzen, der sich in eine schöne Prinzessin verliebt und versehentlich eine hässliche heiratet - deren Nachstellungen ihn zwingen, sich zunächst in einen blauen Vogel, später in einen Kometen zu verwandeln. So ganz leicht durchschaubar ist das im Einzelnen nicht. Die Musik Harald Banters knüpft in klanglicher Opulenz an Debussy und Ravel an, ist aber in gemäßigter Modernität durchaus eigenständig. Das Märchenkolorit ist recht gut erfasst, über einige banale Exotismen muss man hinweghören. Das homogene Hagener Ensemble setzt das ordentlich um, sodass man auf den Mitschnitt des WDR gespannt sein darf. Das Hagener Publikum, das sich bei Uraufführungen auch schon ausgesprochen rüde verhalten hat (man denke an Beauty 1996), war begeistert. Vielleicht liegt es am Libretto, dass die Musik einen recht "harmlosen" Eindruck hinterläßt. Zwar versucht die Librettistin allzu einfacher Märchenlogik zu entgehen, aber die Oper hat vor allem im ersten Teil zu sehr episodischen Charakter und fügt sich nicht so recht zu einer Einheit. Kaum eine Figur vermag sich da zu profilieren. Der Eindruck mag anders sein, verstünde man etwas vom Text, den die Sänger entschieden zu undeutlich präsentieren. Die Inszenierung von Peter P. Pachl, die ein Panoptikum skurriler Gestalten vorstellt, verstärkt die divergierenden Elemente. Pachl verweigert jedes Bezugssystem: Keine Spur von einem Realismus, an dem man Zeitkritik hätte festmachen können, aber auch innerhalb der Märchenwelt gibt es kaum erkennbare Zusammenhänge. Stärker als mitunter wilder Aktionismus sind die ruhigen Szenen, in denen Videosequenzen (Hank Irwin Kittel) eingeblendet werden, etwa ein Vogekopf. Ansonsten führt die Ausstattung von Hank Irwin Kittel eine Vielzahl von ebenso aufwendigen wie nichtssagenden Kostümen vor, und das Bühnenbild - eine streng geometrische Säulenreihe, die sich nach hinten verjüngt - macht einen unwillkürlich an den nächsten Sperrmüll denken. Allerlei symbolische Dinge geben erst nach und nach den Weg in die Bühnentiefe frei, und zuletzt verformt sich die klapprige Architektur zur Schwinge eines Vogels. Man ahnt die gute Idee. Mehr nicht. So bleibt als vollständig entpolitisierte Botschaft der postmodern verschwommene Wunsch nach mehr Liebe in der Welt. Aufgrund des akzeptablen Unterhaltungsniveaus läßt sich das als Erfolg für das Theater Hagen verbuchen, das für sein Engagement für zeitgenössische Musik ohnehin kaum genug gelobt werden kann. Allein der Rezensent verspürt ganz kurz einen Hauch von Sehnsucht nach der Avantgarde.
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ProduktionsteamRegiePeter P. Pachl
Musikalische Leitung
Ausstattung und Videosequenzen
Choreinstudierung
SolistenKönig SilencieuxWerner Hahn
Florine, seine Tochter
Herzogin Grognon
Truitonne
Prinz Ariston
Der fremde Prinz
Der Narr
Seidenhändler
Gräfin Montholon
Adèle
Schirin Partowi
Sophie
Baron Kellermann
Alfred, sein Sohn
Bellemaine
Hinweis: Ein Mitschnitt der Premiere ist am 19.12.99 ab 20.05 Uhr bei WDR 3 im Radio zu hören |
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