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Die Meistersinger von Nürnberg
Oper in drei Akten
Text und Musik von Richard Wagner

Premiere der Neueinstudierung im Theater Duisburg
am 10. Oktober 1999


Logo: Deutsche Oper am Rhein

Deutsche Oper am Rhein
(Homepage)

Idyll mit kleinen Sprüngen

Von Stefan Schmöe / Fotos von Eduard Straub



Die Deutsche Oper am Rhein hat im Fundus gewühlt und die alte Erfolgsproduktion der Meistersinger von 1983 (die aber so aussieht, als könnte sie auch von 1963 sein) wieder hervorgekramt: In den Bühnenbildern von Günther Schneider-Siemssen mit edler Kulissenmalerei ersteht ein biedermeierliches Nürnberg mit gotischer Kathedrale und verwinkelten Gassen, und im 2.Akt strömt Regen auf die prügelnde Meute herab. So schön anzusehen waren die Meistersinger wohl lange nicht mehr, und das es für das Bühnenbild keinen Szenenapplaus gab wie einst, bevor die Inszenierung eingemottet wurde, das mag an der diesmal enttäuschenden Ausleuchtung liegen, die ungeschickt und im 2.Akt viel zu grell und kalt ist und ein wenig die Illusion der heilen Welt raubt. Oder am kritischer gewordenen Publikum ?

Foto: Duisburg - Meistersinger Bilderbuch-Nürnberg gemäß den Regieanweisungen des Meisters. Darin verlieren sich Pogner (A.Zorn) und seine Tochter Eva (C.Wilson)

Die Inszenierung beschwört den Vergleich mit dem ähnlich restaurativen Ansatz, der seit 1996 bei den Bayreuther Festspielen gezeigt wird, herauf: Hier wie da der völlige Verzicht auf jegliche Aktualisierung. In Bayreuth haben Regisseur Wolfgang Wagner und Dirigent Daniel Barenboim, so paradox das klingt, gerade durch den Verzicht auf jedes kritische oder gar politische Moment dem Werk unfreiwillig einen unangenehm nationalistischen Beiklang gegeben: In der totalen Harmlosigkeit, in der die Jugend sich an den Händchen fasst und Ringelreihen tanzt, wirkt der deutschtümelnde Schluss doch recht befremdlich. Lukas-Kindermann entgeht dem gerade noch, indem er wenigstens ansatzweise Konfliktpotential aufzeigt: Die Lehrbuben, die in Stolzing eine Art Rebell bejubeln, und das listenreiche Auftreten des Sachs im Meistersinger-internen Machtkampf deutet immerhin an, dass die gesellschaftliche Balance nicht frei von Bedrohungen ist. Dadurch erhält das patriotische Lob des Meistergesangs schon eine etwas andere, erträglichere Funktion.

Foto: Duisburg - Meistersinger Nächtlicher Besuch beim Schuster Sachs (H.Tschammer): Eva (C.Wilson) hat Gesprächsbedarf

Handwerklich ist die Duisburger Produktion dem Bayreuther Meistersinger-Festspiel überlegen, auch wenn allzu viel Schulterklopfen mitunter den Eindruck von Kasperletheater hinterlässt. Stärker als die Ensemble sind die Szenen, in denen sich Lukas-Kindermann ganz auf einzelne Personen konzentriert. Dabei glänzen vor allem Dietmar Kerschbaum als David, dessen junge Stimme hohes Entwicklungspotential verspricht, und Stefan Heidemann, der, stimmlich trotz einiger Irrtümer exzellent, den Beckmesser nie als Karikatur überzeichnet, sondern mit sanfter Ironie als gestrengen Oberlehrertypus anlegt.

Foto: Duisburg - Meistersinger Listiger Schuster (H.Tschammer, l.) und gestrenger Stadtschreiber (S.Heidemann) im Disput

Als Stolzing war für den erkrankten Frank van Aken kurzfristig Wolfgang Schmidt eingesprungen, der mit seinem Bayreuth-erprobten Tenor auch größte Orchesterballungen scheinbar mühelos übertönen kann, aber auch zu sanften Wendungen fähig war: Blendend aufgelegt schien er sein "Heimspiel" sichtlich zu genießen. Carol Wilson sang die Eva mit zunächst etwas eintönigem Vibrato, führte dann aber im wunderbaren Quintett des dritten Aktes das Ensemble souverän an. Und Hans Tschammer steigerte sich nach verhaltener Leistung im ersten Akt mehr und mehr und wuchs bis zum Schlußmonolog zu einem beeindruckenden Sachs heran.

Foto: Duisburg - Meistersinger In diesem Nürnberg wagen sich auch Damen allein auf die Straße: Magdalena (M.Simon, l.) und Eva (C.Wilson)

John Fiore, neuer musikalischer Chef der Deutschen Oper am Rhein, hatte gut daran zu tun, diverse divergierende Kräfte zusammenzuhalten, und so begann der orchestrale Part zunächst recht robust und auf Sicherheit bedacht, und manche Entwicklung klang noch mehr einstudiert als nachempfunden. Bei großen Klangballungen, besonders im Zusammenklang mit dem sehr guten Chor, gingen im Lärm Details nicht nur am Rande verloren. Mit zunehmender Spieldauer entwickelten Dirigent und Orchester immer mehr Sinn für den raffinierten Klang. Die starke musikalische Seite rechtfertigt letztendlich auch die solide, aber wenig innovative Inszenierung: Auf diesem musikalischen Niveau darf es gelegentlich auch szenisch konservativ zugehen.


FAZIT
In angestaubten Kostümen singen sich die Meistersinger in die Herzen des Publikums


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Produktionsteam

Regie
Heinz Lukas-Kindermann

Musikalische Leitung
John Fiore

Bühne
Günther Schneider-Siemssen

Kostüme
Inge Diettrich

Choreinstudierung
Wolfgang Dünwald



Die Duisburger Sinfoniker


Chor und Statisterie der
Deutschen Oper am Rhein

Bühnenmusik: Glenn Lewis


Solisten

* Besetzung der Premiere


Hans Sachs
*Hans Tschammer/
Stephan Bronk

Veit Pogner
*Artur Korn/
Hermann Becht

Kunz Vogelgesang
Markus Müller

Konrad Nachtigall
E. Lee Davis

Sixtus Beckmesser
Stefan Heidemann

Fritz Kothner
Peteris Eglitis

Balthasar Zorn
Roelof Oostwoud

Ulrich Eisslinger
Alexander Ionitza

Augustin Moser
Wilhelm Richter

Hermann Oertel
Ilkka Vihavainen

Hans Schwarz
Andzej Saciuk

Hans Foltz
Thorsten Grümbel

Walther von Stolzing
Frank van Aken
(erkrankt; eingesprungen:
Wolfgang Schmidt)

David
Dietmar Kerschbaum

Eva
Carol Wilson

Magdalena
*Monique Simon/
Cornelia Berger

Nachtwächter
Tuomas Pursio


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorf / Duisburg

(Homepage)




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