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Dinorah

Komische Oper in drei Akten
Text von Jules Barbier, Michel Carré und Giacomo Meyerbeer
Musik von Giacomo Meyerbeer


in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere im Theater Dortmund
am 23. Januar 2000


Logo:  Theater Dortmund

Theater Dortmund
(Homepage)

Das Schicksal der Ziege bleibt im Dunkeln

Von Stefan Schmöe / Fotos von Andrea Kemper



Eine Oper mit Tieren? Loriot suchte einst in einem Sketch vergeblich danach. An Dinorah hätte er vielleicht seine Freude gehabt, denn im Mittelpunkt des Werkes steht eine Ziege namens Bellah. Sie ist ein Hochzeitsgeschenk für Dinorah, aber die Hochzeit wird wegen eines Unwetters mit Blitzschlag unterbrochen. Und benommen - ob Traum oder Realität, das bleibt im Libretto verschwommen - erlebt Dinorah folgende merkwürdige Dinge:

Szenenfoto Das Bild täuscht: Eigentlich benötigt der Regisseur die Ziege gar nicht

Dinorahs Verlobter Hoël interessiert sich urplötzlich nicht mehr für seine Verlobte, sondern nur noch für einen Schatz - dessen Lage nur die Ziege kennt. Die führt ihn und seinen Kumpanen Corentin tatsächlich in geheimnisvolle Gegenden, stürzt dann aber in eine Schlucht, und Dinorah stürzt gleich hinterher. Hoël kann Dinorah retten und erkennt, dass sie sein wahrer Schatz ist. Über den Verbleib der Ziege ist nichts bekannt.

Der Ziege ist im Programmheft eine eigene Seite, der größte Teil des Einführungsvortrags, den Bodo Busse vor der Vorstellung hält, und von Meyerbeer ein eigenes Motiv gewidmet, aber in der Inszenierung von John Dew ist sie nur noch Zitat: Bellah ist der Name einer Fabrik für Ziegenkäse, vor deren Mauern die Hochzeit stattfinden soll. Ansonsten taucht sie unter den Hochzeitsgeschenken als dekoratives Element für Dinorahs und Hoëls zukünftiges Heim auf.

Szenenfoto Auf clownesker Suche nach einem dubiosen Schatz: Corentin...

Die Rahmenhandlung - die zunächst durch Blitzschlag verhinderte und am Schluss dann doch glücklich vollzogene Vermählung - präsentiert Dew in liebevoll ironisch überzeichnetem Realismus. Die Ereignisse dazwischen finden in Dinorahs Phantasie statt. Der Priester mutiert zum Zigarre rauchenden Arzt, die Messdiener zu vollbusigen Krankenschwestern, und im Hospital ist bald die Hölle los: Das große Ballett des zweiten Aktes wird gehumpelt von den Patienten der Chirurgie mit allen erdenklichen Verbänden und Verletzungen. Der medizinische Berater hätte eine Erwähnung im Programmheft verdient.

Der skurrile Witz solcher Szenen rechtfertigt die Bezeichnung "Komische Oper", unter der Dinorah in Dortmund gespielt wird: Eine Opéra comique (wie die korrekte Gattungsbezeichnung lautet) ist ja nun eigentlich nicht "komisch" im Sinne von heiter, sondern eine Abgrenzung zur stets tragischen Grand Opéra (ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass es in der Opéra comique gesprochene Dialoge gibt). Die lustigen Momente muss Dew dem Werk abringen, und das funktioniert erst nach der Pause überzeugend. Der erste Akt dagegen schleppt sich recht zäh dahin.

Szenenfoto ... und Hoël, der immerhin später geläutert wird.

Die Schwäche der Oper ist zwar, bei durchaus viel hörenswerter Musik, die wenig bühnenwirksame Handlung. Ganz unschuldig ist Dew aber auch nicht an den Längen des ersten Teils. Die scheiternden Schatzsucher Hoël und Corentin degradiert er zu Clowns. Erst als Hoël in Dinorah sein wahres Glück erkennt, legt er das Narrenkostüm ab. Die Idee an sich ist überzeugend, nehmen den langen Auftritten der beiden aber jede Entwicklungsmöglichkeit. Zudem stehen die Sänger Sven Ehrke (als Hoël zwar kultiviert, aber mit wenig tragfähiger Stimme) und Joan Cabrero (mit höhensicherem, aber zu wenig "belcantistischem" Tenor) im Schatten der überragenden Eun-Joo Park, die in der Titelrolle mit leuchtender, jugendlicher Stimme nicht nur in den Koleraturen glänzt. Leider erreicht das Orchester, dirigiert von Axel Kober, nicht annähernd diese Leichtigkeit. In den kurzen Notenwerte viel zu unpräzise und unbeweglich, geht einiges von der transparenten, oft filiran durchgearbeiteten Partitur verloren.

Szenenfoto Mangels anderer Fotos: Nochmal die Ziege

Das Schlussbild - die nun vollzogene Hochzeit - gleicht bis ins Detail dem Anfang. So läßt John Dew offen, ob das Unwetter, die Krankheit nicht eineVision Dinorahs gehandelt hat, so wie auch Meyerbeers Musik offen lässt, was Traum ist und was Realität (das ist ein durchaus moderner Aspekt dieser Oper). Im witzigen Spiel mit diesen Ebenen gewinnt die Inszenierung schliesslich doch noch an Format. Das Dortmunder Publikum quittierte dies mit langanhaltendem Beifall.


FAZIT

Erste Halbzeit verschlafen, dann mit starkem Sopran durchgestartet: Keine Meisterleistung (der Sopran ausgenommen), trotzdem eine unterhaltsame Ergänzung zum Standardrepertoire.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Axel Kober

Regie
John Dew

Bühne
Heinz Balthes

Kostüme
José José Manuel Vazquez

Choreinstudierung
Granville Walker

Choreographie
Mei Hong Lin



Das Philharmonische
Orchester Dortmund

Chor und Statisterie
des Theater Dortmund

Damen des Ballett Dortmund


Solisten

Dinorah
Eun-Joo Park

Hoël
Sven Ehrke

Corentin
Joan Cabero

Dinorahs Bruder
Gerson L.Sales

Eine Freundin
Vera Fischer

Ballett-Solo
Nao Tokuhashi


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Dortmund (Homepage)




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