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Das Tagebuch der Anne Frank

Mono-Oper von Grigori Fried
Text nach dem Tagebuch der Anne Frank vom Komponisten
In der deutschen Übersetzung von Ulrike Patow



Premiere im Studio des Theater Dortmund
am 18. Februar 2000


Logo:  Theater Dortmund

Theater Dortmund
(Homepage)

"Die ganze Welt im herzen einschließen"

Von Stefan Schmöe / Fotos von Andrea Kemper



Im Tagebuch des jüdischen Mädchens Anne Frank, im Amsterdamer Versteck während der deutschen Besatzung bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz-Birkenau geschrieben, sieht der 1915 in St. Petersburg geborene Komponisten Grigori Frid ein Sinnbild für menschliches Leiden überhaupt, und nicht zuletzt mögen es autobiographische Elemente sein, die ihn zur Komposition angetrieben haben (Frid lebte einige Zeit bei seinem in einem Straflager internierten Vater). Den sowjetischen Machthabern scheint dies suspekt gewesen zu sein, jedenfalls kam es lediglich in finsterster Provinz 1980 (in Woronesch) zu einer szenischen Aufführung. In Deutschland liegen die Dinge derzeit anders: Seit der deutschen Erstaufführung 1996 in Nürnberg ist die Oper an etlichen Bühnen aufgeführt worden. Jetzt kann man sie in Dortmund (in einer Fassung für Klavier) erleben.

Szenenfoto "Ich werde, hoffe ich, Dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemandem gekonnt habe, und ich hoffe, Du wirst mir eine große Stütze sein."

Frid hat den Tagebuchtext auf knappste Form komprimiert: In 21 kurzen Szenen fasst er die Essenz des Textes zusammen. Es sind Stimmungsbilder des jungen Mädchens, wobei die sich dramatisch zuspitzenden äußeren Geschehnisse fast im Hintergrund bleiben. Frid interessiert sich für die subjektive Wahrnehmung, für das Individuum, weniger für die objektiven Umstände, die zur Katastrophe führen. Durch diese Form des "Mit-Leidens" gewinnt er dem Text eine universelle Botschaft ab, die eine Ausdeutung des Stoffes durch Musik erst rechtfertigt: Hier soll nicht das Grauenhafte musikalisch unterlegt werden, sondern durch die Musik der humanitäre Aspekt in den Vordergrund gestellt werden.

Szenenfoto Daseinsbewältigung: Im Tagebuch parodiert Anne die Streitigkeiten der Erwachsenen im Amsterdamer Versteck

Die Wahl der Form "Mono-Oper" (es tritt nur die Titelfigur auf) ist eine bewußte Absage an konventionelle Operndramaturgie. Formal kann das etwa einstündige Werk beinahe als Liederzyklus aufgefasst werden - und macht es nicht ganz einfach, eine szenische Realisation zu finden, die nicht diese Balance wieder zerstört. In Dortmund ist dem jungen Regisseur Patrick Bialdyga das außerordentlich gut gelungen. Auf einem dreistufigen Podest lässt er die Sängerin agieren, die sich - entsprechend der sich zuspitzenden Situation - immer weiter nach oben zurückzieht. Parallel dazu bauen zwei SS-Offiziere (Statisten) die unteren Podeste ab, dahinter kommen Maschendraht und Fotografien aus dem KZ zum Vorschein. Bialdyga weiß diese Elemente virtuos zu handhaben und richtet die Konzentration jederzeit auf seine Darstellerin, so dass die Intention des Komponisten gewahrt bleibt.

Szenenfoto Ambivalenz der Gefühle: Den Traum vom privaten Glück zerstört die Angst vor dem KZ

Jillian Anderton verkörpert die Anne Frank mit mädchenhafter Leichtigkeit, mal verträumt nachdenklich, mal witzig die Erwachsenen parodierend. Mühelos nimmt man ihr die Vierzehnjährige ab. In ihrer Stimme liegt auch das Zerbrechliche, das die Rolle erfordert. Mit kleinen, aber wohlüberlegten Gesten besitzt sie die erforderliche Präsenz: Ein Glücksfall für diese Inszenierung.

Am Klavier begleitet Hannelore Bretz souverän, ohne aber die Tiefen der Komposition wirklich auszuloten: Manches hätte schärfer und pointierter erklingen müssen. Das blieb aber der einzige kleine Schwachpunkt an einer beeindruckenden Aufführung, die sicher auch ein anderes als das gewohnte Publikum erreichen kann.


FAZIT

Mit der kleinen Form ist der Dortmunder Oper ein bewegender Theaterabend gelungen: Kompliment an alle Beteiligten.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung und Klavier
Hannelore Bretz

Regie
Patrick Bialdyga

Bühnenbild und Kostüme
Katja Schindowski

Licht
Bernd Sack /
Stefan Schmidt



Statisterie des
Theater Dortmund


Solisten

Anne Frank
Jillian Anderton


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Dortmund (Homepage)




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