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Moskau. Es kommentiert David Mouchtar-Samourai.
Von Stefan Schmöe
In der Art des Regierens von Boris Jelzin erkennen nicht nur manche politischen Kommentatoren zaristische Vorbilder. Da liegt es beinahe in der Luft, Mussorgski's Historienoper Boris Godunow auf ihre Parallelen zur aktuellen Entwicklung in Moskau hin zu untersuchen. David Mouchtar-Samourai tut das in seiner Bonner Inszenierung sehr konkret: Eine umgestürzte Lenin-Büste (die im Verlauf des Stückes - Verweis auf die restaurativen Züge in der Herrschaft Godunows - wieder aufgerichtet wird) verweist auf das Ende des Kommunismus. Eine korrekt gekleidete Führungselite hat die Macht unter sich aufgeteilt, der Polizeistaat ist geblieben, das einfache Volk versinkt in Armut. Links erkennt man einstürzende Wände, ein Stahlträger (oder Eisenbahnschiene, dieses schier unverwüstliche Opernsymbol für russische Weite?) ragt in den Raum, eine riesige Kette hängt herunter und schwingt gelegentlich wie ein Pendel schicksalsschwer hin und her; rechts stehen unerschütterlich einige Säulen, hinter denen die Mächtigen wohnen. Heinz Hauser hat für David Mouchtar-Samourai schon poetische (Die Vögel, Köln) und rätselhafte (La Boheme, Bonn) Bühnenbilder gebaut, aber dieses ist vor allem vordergründig plakativ. Huren und Obdachlose, der asoziale Mob, stören die heile Welt der neureichen Führungselite. Die Rechnung des Regisseurs geht auf, die Oper läßt sich in der Tag in aktuelle Bilder "übersetzen". Aus diesem Gesichtspunkt ist es nur konsequent, die Urfassung des Boris Godunow zu spielen (ohne den später nachkomponierten "Polen-Akt", der detaillierter auf die Hintergründe des Machtkampfes eingeht), ergänzt um die Revolutionsszene, wo der Gottesnarr den Jubel um den neuen Herrscher fatalistisch kommentiert: "Weine, russisches Volk..." Mit sorgfältiger Detailarbeit findet Mouchtar-Samourai zumindest stellenweise beklemmende Bildlösungen, darunter der Tod des Boris im Parlament: Wie die Abgeordneten nach und nach zögerlich den Raum verlassen, zuletzt nur Boris mit seinem Sohn und (im Hintergrund) Pimen, der Chronist, dableiben, das ist weitaus eindrücklicher als landläufig zu sehende Arrangements vom Typ "Chor nach rechts ab". Gleb Nikolskij verleiht dem Boris dabei durchaus nicht nur negative Züge, sondern zeichnet mit schlanker Stimme einen zerissenen, aber keinen skrupellosen Herrscher. Mit seinen riesigen Körpermaßen ist er ein idealer Darsteller der Rolle, der naturgegeben immer im Mittelpunkt steht. Blaß dagegen bleibt Dimiter Petkov als Pimen, dessen Stimme wenig Klangfülle und Ausdrucksmöglichkeiten erkennen läßt und dessen Funktion in der Inszenierung nicht recht deutlich wird. Aus dem insgesamt recht guten (wenn auch nicht überragenden) Sängerensemble hinterließen Axel Mendrock als Schuisky sowie Susann Végh und Hlín Pétursdóttir als Zarenkinder den stärksten Eindruck. Ein Hauptproblem der Konzeption ist sicher, daß die Idee des Regisseurs, die Handlung quasi 1:1 in die Gegenwart zu übertragen, schnell durchschaut ist und dann nur noch wenig Überraschungsmomente zu bieten hat. Schwerwiegender aber ist, daß dem Bühnengeschehen die Unterstützung aus dem Orchestergraben fehlt. Zwar ist ein direktes, unromantisches Klangbild der Inszenierung angemessen, aber derartig konturlos, wie das Orchester der Beethovenhalle sich über weite Strecken präsentierte, darf es nun wirklich nicht sein. Das Dirigat von Wolfgang Ott tritt zäh auf der Stelle, es fehlt die rhythmische Schärfe und auch der erkennbare Wille, Entwicklungen und Spannungslinien zu gestalten. Dazu kommen etliche unpräzise Einsätze und erhebliche Abstimmungsprobleme zwischen Orchester und dem klanglich überzeugenden, aber zu oft die (ohnehin schon tranigen) Tempi verschleppenden Chor.
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ProduktionsteamRegieDavid Mouchtar-Samorai
Musikalische Leitung
Bühne
Kostüme
Solisten*Besetzung der rezensierten VorstellungBoris Godunow Gleb Nikolskij
Fjodor
Susann Végh*
Xenia
Hlín Pétursdóttir*
Amme
Schujski
Pimen
Schtschelkalow
Grigori Otrepjew
Warlaam
Missail
Andreas Joost*
Schenkwirtin
Gottesnarr
Nikitisch / Hauptmann
Mitjucha / Tschernjakowski
Leibbojar / Lowitzki
Ein Kind
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