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Diskurs über die Freiheit
Von Stefan Schmöe
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Fotos von Matthias Stutte
Was ist Freiheit ? Was bedeutet Freiheit ? Zwei recht unterschiedliche Antworten gibt Regisseurin Gabriele Rech mit zwei Stücken, die fast zeitgleich entstanden sind (Der Gefangene 1948, Der Landarzt in der ursprünglichen Fassung ein Jahr später) und beide einen monologisierenden Bariton ins Zentrum stellen - und trotz vieler Parallelen doch denkbar unterschiedlich sind: Einerseits Henzes karge, ursprünglich für den Rundfunk konzipierte und jede Bühnenwirksamkeit vermeidende Vertonung einer (unpolitischen) Novelle Kafkas (ursprünglich wurde der Text nur gesprochen, erst in der hier gespielten Fassung von 1964 darf der Landarzt singen), andererseits die klangprächtige, trotz Zwölftönigkeit die italienische Operntradition nicht verleugnende hochpolitische Anklage Dallapiccolas. Arzt mit schwierigen Patienten: Johannes M. Köster (Mitte) kann das Dienstmädchen (Evalina Quilichini) nicht vor dem Knecht (Carlos Horacio Silva) schützen.
Inhalt von Der Landarzt: In Form einer Ich-Erzählung (die Henze wortwörtlich! vertont)
berichtet ein Landarzt eine alptraumhafte Sequenz: Zu einem Kranken gerufen findet er keine
Pferde, bis plötzlich im Schweinestall ein Knecht mit einem prächtigen Gespann auftaucht, als
"Lohn" aber das Dienstmädchen vergewaltigt, ohne dass der Arzt eingreifen kann. Als er den
kranken Jungen erreicht, erscheint dieser zunächst gesund (dabei aber todeswillig), im nächsten
Moment tut sich eine klaffende Wunde "rosa" auf ("Rosa" heißt auch das Dienstmädchen). Von der
Bevölkerung entkleidet flieht der Arzt, erkennt aber, dass die nun lahmenden Pferde ihn niemals
zurück bringen werden.
In einer Werkeinführung vor Beginn der Vorstellung ist zu hören, dass die Novelle mit Freud`scher Sexualsymbolik gedeutet werden kann: Triebe (der Knecht) im Widerstreit mit dem Verstand (der Arzt). Gabriele Rech hat gut daran getan, diese Interpretation auf der Bühne nur vorsichtig anzudeuten und dem Stück seine geheimnisvolle Aura zu belassen. Mit spärlichen Mitteln vor einem schwarzen Vorhang verfängt sich der Landarzt, äußerst beeindruckend gesungen und gespielt von Johannes M. Kösters, in einer nicht fassbaren Sphäre, in der die anderen Figuren beinahe leblos, nur Schablonen sind. Fehlende Freiheit als Seelenzustand: Zuletzt legt sich ein schwarzer Schatten wie ein Gitter über den Arzt, Gefangener seiner selbst. Ein aufmunterndes Wort vom gutgekleideten Wachpersonal (Lassi Partanen, oben) hört der Gefangene (William Oberholtzer) gern.
Sind es bei Henze die inneren Zwänge, die die Freiheit beschneiden, so wendet sich Dallapiccola gegen die äußere Tyrannei: Versuch einer künstlerischen Verarbeitung des Faschismus. Als Gefangener versucht jetzt William Oberholtzer (noch ein exzellenter Bariton, den das Theater Bielefeld an diesem Abend aufbietet), der spanischen Inquisition mit Folter und Kerker zu entgehen. Inhalt Der Gefangene: Ein Gefangener der spanischen Inquisition schöpft Hoffnung, als der Kerkermeister ihn mit "Bruder" anredet und vom Aufstand in Flandern berichtet, ja sogar die Zellentür offen lässt. Er flieht, doch in einem Garten angekommen empfängt ihn der Kerkermeister, nun in Gestalt des Inquisitors, erneut mit dem Wort "Bruder", um ihn zur Hinrichtung zu führen. Auf jegliches historisches Ambiente hat Frau Rech verzichtet. Vielmehr fragt sie, was Freiheit in unserer Unterhaltungskultur bedeutet: Der Kerkermeister im glänzenden Sakko ist so etwas wie ein Showmaster, der den Gefangenen auf eine Art Reise schickt - an deren Ende er sich just an der Stelle befindet, an der er aufgebrochen war. Das zynische Element des Stoffes ist geschickt umgesetzt, und auch hier überzeugt der unaufdringliche Ansatz, der das Stück nicht zu eindeutig festlegen will. Suizidgefährdet: Der Gefangene nach böser Täuschung
Durch die sehr konzentrierten Bühnenbilder (Sandra Meurer) und die konsequent auf die Hauptperson ausgerichtete Regie gelingt es sehr gut, die beiden Werke zu verbinden. Geoffrey Moull am Pult des gut aufgelegten Philharmonischen Orchesters versteht es zudem, beiden Werken ihren spezifischen Klang abzugewinnen. Das (leider nicht sehr zahlreich erschienene) Premierenpublikum zollte der sehens- wie hörenswerten Produktion viel Beifall.
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ProduktionsteamRegieGabriele Rech
Musikalische Leitung
Choreinstudierung
SolistenDer LandarztDer Landarzt Der Johannes M. Kösters
Pferdeknecht
Der Patient
Der Vater
Rosa
Die Tochter
Die Mutter
Der Gefangene
Der Gefangene
Die Mutter
Kerkermeister
Zwei Priester
Yun-Geun Choi
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- Fine -