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Hänsel und GretelMärchenspiel in drei BildernText von Adelheid Wette Musik von Engelbert Humperdinck
Premiere im Opernhaus Wuppertal Hänsel und Gretel unter dem Druck der psychologischen MärchenanalyseHänsel und Gretel sitzen an einem Tisch in einem grossen, geblümten Raum mit zwei Fenstern, einer Tür und einem Vorhang, hinter dem sich Schlafmatratzen befinden. Hänsel sollte eigentlich seine Schularbeiten machen (dafür wird sogar der gesungene Text verändert) und Gretel Strümpfe stricken. Stattdessen spielen sie mit einem grossen Wollkneul herum (das fast noch im Orchestergraben landet) und springen über Tisch und Stühle.Die für diese Verhältnisse - wahrscheinlich wurden alle Möbelstücke und sonstige Wertgegenstände schon lange versetzt - noch ziemlich aufgedonnerte Mutter kommt herein, bekommt einen Zornesausbruch, bei dem sie selber noch den Krug mit dem einzig Essbaren zertrümmert, und scheucht die Kinder in den Keller um Erdbeeren zu suchen. Anschliessend legt sie eine Passion. Da erscheint der Vater, der zur Zeit neben seinem eigentlichen Beruf als Handelsvertreter für Bürsten etc. auch als Weihnachtmann sein Einkommen aufzubessern versucht. Derzeit mit Erfolg, denn er kommt ziemlich angezecht nach Hause und präsentiert stolz seine mitgebrachten Leckereien. Nach seinen Schilderungen über die Knusperhexe stürzt die Mutter ihren Mantel raffend zur Tür hinaus und der Vater völlig erschöpft auf die Matratze. Die Kinder sind derweilen immer noch im Keller. Carin Marquardt inszeniert das Märchenspiel aus der Sicht der Erwachsenen, die sich vorstellen, wie Kinder ihre Welt erleben bzw. erleben und erträumen könnten. So hocken sie zu Beginn des zweiten Bildes auf der Kellertreppe und folgen dem geheimnisvollen Licht, das von oben durch einen Spalt der Klappe dringt. Sie kommen in einen "Wald" aus Stricknadeln und Wollfäden. Kunstnebel und differenzierte Beleuchtung sorgen für atmosphärische Stimmungen. Im Folgenden erscheinen alltäglichen Dinge aus der Kinderwelt in überdimensionaler Darstellung: neben dem Strickzeug, eine Riesentorte als Hexenhausersatz, Zuckerstangen als Käfig für Hänsel, ein kompletter Kaufladen als Reich der Knusperhexe, aus dessen Schubladen zum Ende die Lebkuchenkinder herauskrabbeln etc. Viele Einfälle und viel Phantasie prägen diese Produktion, allerdings gibt es auch viele Ungereimtheiten und auffallend konstruierte Situationen (vor allem bei der Personenführung), sodass der insgesamt gute Gesamteindruck etwas geschmälert wird. Ähnliches ist auch von der musikalischen Seite her festzustellen. Ganz vorzüglich gestalten Anke Sieloff (Hänsel) und Anja Harteros ihre Partien. Auch John Riley-Schofield legt sich in der kurzen, aber dankbaren Partie als Vater mächtig ins Zeug. Claudia Visca, die neben der Mutter auch die Hexe verkörpert, hat es dagegn schwer. Sabine Schnitzer als Sand- und Taumännchen geht leider allzuoft in den Wogen des Orchesterklanges unter. Überhaupt scheint es bei der Klangbalance noch einige Probleme zu geben. Nicht nur die fast ständig zu dicke Orchesterwucht im Allgemeinen, sondern auch innerhalb des Stimmengeflechts müssten noch differenziertere Klanggebilde hörbar sein. Über weite Strecken ging es im Graben doch recht derb und grob zu. Da bleibt Christoph König mit dem Sinfonieorchester Wuppertal wohl noch einige Arbeit. Der Ölberg Kinderchor (Leitung: Katrin Rabanus) war als wonnige Engelschar zwar wunderbar anzusehen, aber mit der Partie der wieder zum Leben erweckten Lebkuchenkinder waren sie doch weit überfordert.
Hänsel und Gretel wieder einmal anders. Phantsievolle Umsetzung eines theoretisch fundierten Konzepts mit Brüchen und Stolpersteinen. |
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Solisten
Hänsel
Gretel
Mutter
Vater
Hexe
Sandmännchen,
Der Ölberg Kinderchor
Sinfonieorchester Wuppertal Weitere Aufführungen
Anke Sieloff (Hänsel) und Anja Harteros (Gretel) Anke Sieloff (Hänsel) und Anja Harteros (Gretel) |