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Hänsel und Gretel


Märchenspiel in drei Bildern
Text von Adelheid Wette
Musik von Engelbert Humperdinck

Wiederaufnahme in Münster am 16.11.1996
Rezensierte Aufführung am 19.12.1996

Besetzung
Rezension
Fazit
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Von Meike Nordmeyer




Besetzung

Musikalische Leitung: Lothar Königs
Regie: Achim Thorwald
Leitung der Wiederaufnahme: Marie-Jo Kümin Ausstattung: Helmut Stürmer
Choreinstudierung: Peter Heinrich, Uta Hussong
Peter, Besenbinder    Donald Rutherford
Gertrud/Hexe          Karin Kunde
Hänsel                Gabriele Wunderer
Gretel                Eva Lilian Thingbo
Sand- und Taumännchen Ingeborg Rieger
Damenchor der Städtischen Bühnen Münster
Kinderchor des Gymnasium Paulinum
Symphonieorchester der Stadt Münster




Geheimnisvoller Felsen birgt flippige junge Hexe

Angefangen hatte alles mit einem Märchenspiel von Hänsel und Gretel, das Humperdincks Schwester Adelheid Wette geschrieben hatte. Sie bat den Bruder um die Vertonung einiger Kinderlied-Verse zur Bereicherung ihres Werkes. Die Lieder, die Humperdinck schrieb, lösten bei einer Aufführung im Familienkreis große Begeisterung aus, so daß sich die Geschwister entschlossen, das ganze Stück als ein Singspiel zu gestalten.

Die Arbeit an dem Material inspirierte Humperdinck dann so sehr, daß schließlich in Zusammenarbeit mit der Textdichterin eine große, durchkomponierte Oper daraus erwuchs. Das Werk wurde 1893 in Weimar unter der Leitung von Richard Strauss uraufgeführt. Strauss schätzte die Oper außerordentlich, und sie fand bei dieser ersten Aufführung wie auch bei rasch darauf folgenden im In- und Ausland begeisterte Aufnahme. Entscheidenden Anteil an diesem großen Erfolg hatte zweifellos die feinsinnige, ebenso natürliche wie poetische Textdichtung von Adelheid Wette.

"Hänsel und Gretel" ist die erste Oper Humperdincks, und die einzige von ihm, die nach wie vor regelmäßig auf den Spielplänen erscheint. Besonders in der Vorweihnachtszeit steht sie auf dem Programm, und sie lockt zu den Erwachsenen immer eine große Zahl von Kindern ins Opernhaus. So wurde sie auch in diesem Jahr in Münster wieder aufgenommen, und im Publikum warteten viele junge Gäste gespannt auf die Geschichte von Hänsel und Gretel.

Zu sehen war erfreulicherweise keine altbackene Hüttenstimmung, keine Waldidylle oder ein realistischer Knusperhäuschen-Nachbau. Es gelang stattdessen die Kinder mit stilisierten Darstellungen zu bannen; kräftig unterstützt wurden diese allerdings durch eine Reihe von technischen Effekten, die die Geschichte wirkungsvoll anreicherten und die vernehmlich Anklang fanden.

Zunächst ist die durch klare, einfache Formensprache angedeutete Hütte der Besenbinderfamilie zu sehen. Die aufgehängten fertiggestellten Besen gestalten und gliedern den Raum. Mit lebhaftem Spiel und frischem, gut zusammenklingenden Gesang eröffnen die beiden Sängerdarstellerinnen von Hänsel und Gretel die Szene, wohlklingend und natürlich tritt auch das Elternpaar auf.

Spannend ist die Umwandlung von der Hütte zum Wald. Die einfachen Teile der Aufbauten werden langsam verschoben, die Besen umgedeutet zum Gestrüpp im Wald. Kahle, glatte Bäume zeigen sich und blaues Licht schafft kühle, unheimliche Atmosphäre. Das Orchester entwickelt währenddessen die Klangfarben der Musik, die von den Farben des Lichtes kontrapunktiert werden. So spannend kann ein scheinbar selbstbewegter Bühnenumbau also sein!

Das Orchester entwickelte stets intensiv die Farben und Stimmungen der Musik, wenngleich die Ausführung im einzelnen nicht immer präzise war. Der berühmte Abendsegen wurde sowohl vom Orchester als auch von den Sängerinnen innig vorgebracht aber doch nicht ganz entfaltet. Umschwebt wurden die schlafenden Kinder anschließend nicht von Engelein, sondern Nachtvögel flatterten ruhig um sie herum. Schließlich ja auch mit Flügeln ausgestattet bilden diese Waldtiere die säkularisierte Version der 14 schützenden himmlischen Wesen in der Nacht. Oder schießt diese Interpretation nicht doch weit über die Inszenierung hinaus?

Besonders zauberhaft und für die Kinder sicher von großer Wirkung zeigte sich das Hexenhaus. Hinter dunklem, spitzkantigem Fels ragte ein gewaltiges, farbenreiches Tableu, bemalt im suggestiv-geheimnisvollen Hundertwasserstil, hervor. Zwei ebenso bunte Gänge führen ins Innere des Felsens. Nicht ganz passend dazu stürmt schließlich eine quierlige, gierig- verrückte Hexe mit Strubbelfrisur aus dem Fels hervor. Die Hexe, flippig und gar nicht alt, sieht der Mutter ziemlich ähnlich. (Karin Kunde gestaltet die Rolle der Mutter und der Hexe.) Ein sinnfälliger, jedoch vereinzelter Hinweis auf moderne Psychologie: Die Walderlebnisse der Kinder als Ausdruck der Angst vor der verärgerten Mutter, die Gefahr im Wald als Projektion der Kinderphantasie. Das Ausstehen des Abenteuers im Wald dient der Verarbeitung der für die Kinderseele gefährlichen Situation im elterlichen Haus.

Rätselhaft und unheimlich ist die Hexe indessen nicht, sondern als geradlinig verrückt und gefährlich erweist sie sich in der temperamentvollen Darstellung von Karin Kunde. Effektvolle Einlage, die mit Zwischenapplaus belohnt wird, ist der "echte" Ritt der Hexe durch die Lüfte auf funkensprühenden Besen. Nun will die Hexe ihre Beute verspeisen, aber Hänsel und Gretel sind ja bekanntlich klug genug, dieser Gefahr zu entgehen. Ein selig-süßes Ende findet die Oper, so auch die Inszenierung. Das Publikum, jung wie alt, ist begeistert.




Fazit

Es liegt zwar keine außergewöhnliche Inszenierung vor, aber in sehr gelungener Bühnengestaltung wird die Geschichte unterhaltsam und frisch, ohne altmodisches Gehabe, von einem sicheren und spielfreudigem Ensemble erzählt.



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