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Hoffmanns Erzählungen

Phantastische Oper in fünf Akten
Dichtung von Jules Barbier /Deutsch von Josef Heinzelmann
Musik von Jacques Offenbach
Ausgabe von Michael Kaye

Premiere im Theater Mönchengladbach
am 28.März 1998

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Stutte



Zwischen vielen bunten Kostümen geht Offenbach verloren

Mummenschanz, venezianisch, am Niederrhein

Wie bei kaum einer anderen Oper stellt sich bei "Hoffmanns Erzählungen" die Frage nach der "richtigen" Fassung. Der Komponist, der während der Vorbereitungen der Uraufführung seiner Oper starb, hat keine gültige Fassung hinterlassen, ja sogar gleichzeitig an zwei verschiedenen Fassungen gearbeitet: Einer mit gesprochenen Dialogen für Paris, eine mit Rezitativen für den Rest der Musikwelt, also Wien. Michael Kaye hat vor einigen Jahren eine kritische Ausgabe des Werkes vorgelegt, die jedoch keineswegs eindeutig ist. In Mönchengladbach beruft man sich auf diese Ausgabe und greift auf gesprochene Dialoge zurück.

Hoffmanns Erzählungen Eigentlich beginnt es, von den etwas albernen Weingeistern abgesehen, ganz vielversprechend: Ein Bühnenbild, bestehend aus zwei verschiebbaren Wänden (Ausstattung: Christoph Wagenknecht), verspricht Konzentration auf das Wesentliche. Eine Gruppe leicht angegrauter Langzeitstudenten in gehobenen Semestern bevölkert diesen sehr bürgerlichen Raum, später kommt Hoffmann dazu und singt das berühmte Lied von Klein Zack. Im gleichen Bühnenbild spielen die drei Erzählungen: Auswüchse bürgerlicher Phantasien.

Hoffmanns Erzählungen Der Olympia-Akt gelingt Regisseur Thomas Münstermann ganz akzeptabel. Die Damen der feinen Gesellschaft haben alle eine gewisse Ähnlichkeit mit der Puppe Olympia: Lauter Puppen, die den mechanischen Regeln des Salons gehorchen (die Herren machen es übrigens nicht besser). Der ausgezeichnet singende Lado Ataneli als baritonaler vierfacher Bösewicht stolpert wie ein riesiges (wenn auch in dieser Gesellschaft beinahe syphathisches) Monster durch den Saal. Debra Hays, singt trotz einiger falscher Töne - eine ausgesprochene Koleratursängerin ist sie halt nicht - eine mitreißende Olympia. Dann nimmt das inszenatorische Unheil seinen Lauf.

Hoffmanns Erzählungen Hoffmanns Erzählungen Die Erscheinung der Mutter im Antonia-Akt mißlingt völlig. Eine aufgetakelte Diva weit jenseits ihres künstlerischen Zenits rennt höchst leibhaftig über die Drehbühne (an der man sich bis zu diesem Zeitpunkt bereits ausgiebig sattsehen konnte). Der Giulietta-Akt gerät zur Ausstattungsorgie mit höchst aufwendigen Kleidern (und neckischen Gondeln als Kopfbedeckung, die wohl venezianisches Flair verbreiten sollen). Die Prostituierte Giulietta geht während des irren Treibens noch ihrem Beruf nach, was für das Publikum aber nur von geringem Erkenntniswert ist.

Das letzte Akt mit der Apotheose des Dichters präsentiert sich wie das große Finale einer Samstag-Abend-Fernsehshow: Jeder darf noch einmal an die Rampe treten, und alle lächeln blendender Laune ins Publikum. Münstermann mißtraut der Apotheose und will sie ironisch brechen, aber dazu wäre Kitsch dieser Größenordnung nicht nötig gewesen.

Problematisch ist die Besetzung der Titelrolle mit Jeffrey Springer. Die nötige Höhe und Kraft für die Rolle besitzt er, aber an französischer Geschmeidigkeit fehlt ihm so ziemlich alles, was ein Hoffmann nötig hätte. Überzeugender sind die Frauenrollen besetzt: Neben der schon erwähnten Debra Hays sind da Janet Bartolova (Antonia), Andrea Hanson (Giulietta) und Michaela Mehring (Muse/Niklaus) zu nennen. Den stärksten Eindruck aber hinterläßt Lado Ataneli als Hoffmanns vielgesichtiger Gegenspieler Lindorf..

Kenneth Duryea, umsichtiger Dirigent des sehr aufmerksamen Chores und Orchesters, war in der Premiere sehr auf Sicherheit bedacht. So erklang die Partitur präzise und unpathetisch, aber es fehlte ein wenig der spezifische Klang Offenbachs - vielleicht gibt sich das, wenn das Ensemble in den nächsten Aufführungen an Sicherheit gewinnt.


FAZIT:

Allzu bunt ist das Treiben um den nicht immer schön singenden Dichter Hoffmann, als daß mehr als Effekthascherei dabei herauskäme: Nur Freunde aufwendiger Kostüme kommen hier auf ihre Kosten.


Fotos:

oben:
Hoffmann (Jeffrey Springer) singt den angegrauten Langzeitstudenten ein fröhliches Lied

Mitte links:
Cochenille(Markus Heinrich, links) bringt Olympia (Debra Hays) auf Touren. Spalanzani (Peter Lüthke) scheint zufrieden.

Mitte rechts:
Entgegen ärztlichem Rat singt Antonia (Janet Bartolova) ein Duett mit Hoffmann (Jeffrey Springer)

unten:
Trügerisches Glück: Gleich wird Schlemihl (Frank Valentin) von Giulietta (Andrea Hanson) abserviert



Logo

Musikalische Leitung
Kenneth Duryea

Inszenierung
Thomas Münstermann

Ausstattung
Christoph Wagenknecht


Solisten

Hoffmann
Jeffrey Springer

Olympia
Debra Hays

Antonia
Janet Bartolova

Giulietta
Andrea Hanson

Lindorf /Coppelius/
Dappertutto/Mirakel
Lado Ataneli

Andreas/Cochenille/
Pitichinaccio/Franz
Markus Heinrich

Niklaus/Muse
Michaela Mehring

Stimme der Mutter
Vuokko Kekäläinen

Spalanzani
Peter Lüthke

Crespel/Luther
Magnus Baldvinsson

Chor der Vereinigten
Städtischen Bühnen
Einstudierung: Heinz Klaus

Statisterie des Theaters

Die Niederrheinischen Sinfoniker


Weitere Aufführungen
im Theater Mönchengladbach

März '98: 31.
April '98: 2., 7., 18., 25.
Mai '98: 1., 5., 13., 29., 31.
Juni '98: 12., 14., 27.

in der Spielzeit '98/'99
Im Theater Krefeld





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