Die Fledermaus
Operette in drei Akten nach Henri Meilhac und Ludovic Halèvy
von Carl Haffner und Richard Genèe
Musik von Johann Strauß
Premiere im Theater Mönchengladbach
am 25. Oktober 1997
Von Stefan Schmöe
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Fotos von Matthias Stutte
Wo der Champagner in Strömen fließt,
ist der Kater nicht weit
Michael Jackson gibt sich die Ehre
Operetten sind kitschig. Und albern. Und oberflächlich. Und überhaupt. Die Gattung steht in dem zweifelhaften Ruf, zwar das Publikum in vergleichsweise großen Scharen anzulocken, aber über mäßige Unterhaltung hinaus wenig zu bieten. Wir haben leider auch schon zu genügend Aufführungen gesehen, die dieses Klischee bestätigen.
Das Inszenieren einer Operette soll besonders schwierig sein, und umso höher ist es einzuschätzen, was Didier von Orlowsky nun in Mönchengladbach gelang. Mit der "Fledermaus" brachte er die wohl bedeutendste aller Operetten heraus, und zeigte neben Walzer- und Champagnerseligkeit gleich noch eine ganze Menge Zwischentöne. Ganz behutsam hat er das Werk in unsere Zeit versetzt, oder genauer: zeitlos inszeniert. Das Personal besteht aus recht alltäglichen Menschen, die ihrem Alltagstrott für einen kurzen Moment entfliehen wollen. Die rauschende Ballnacht bietet diese Möglichkeit, aber die Ernüchterung schimmert durch. In einem der stärksten Momente der Inszenierung kippen die Menschen in einer Polonaise wie die Dominosteine nacheinander um. Der Kater holt die alkoholisierte Gesellschaft schneller ein als dieser es lieb ist. Wohlgemerkt: Didier von Orlowsky deutet dieses nur vorsichtig an, der Operette mit Gewalt einen tieferen Sinn unterzuschieben liegt ihm fern. Aber die Gratwanderung, die er einschlägt, gelingt.
Als besondere Pointe erscheint Orlofsky - diesmal nicht der Regisseur, sondern der exzentrische Prinz im Stück - in Gestalt von Michael Jackson. Das gibt einige Lacher und fügt sich auch recht gut in das Regiekonzept ein (zumal Vuokko Kekäläinen geschickt spielt und überzeugend singt), bleibt aber letztendlich ein Gag am Rande. Eindrucksvoller ist der brilliante Auftritt von Kirsten Hasselmann als Dienstmädchen Adele auf dem Ball, bewaffnet mit einer Handtasche, die in ihrer Scheußlichkeit wohl nur im Besitz der britischen Queen ihresgleichen findet. Der Konflikt zwischen trostlosem Alltag der Kammerzofe und der großen Welt wird irritierend in der Schwebe gehalten, gleichzeitig aber hinreißend musiziert.
Dankenswerterweise verstehen Anthony Bramall und die Niederrheinischen Sinfoniker die Partitur nicht als verkapptes Neujahrskonzert sondern als genial konzipiertee Bühnenmusik, die sie schwungvoll und jenseits überreizter Klischees erklingen lassen. Neben den schon genannten Damen kann auch Barbara Clemm als Rosalinde glänzen. Die Herren haben es schwer, sich neben so viel Glanz zu behaupten, bieten aber solide Leistungen.
Vereinzelte "Buhs" für den Regisseur kamen wohl von denjenigen, die in der Operette nicht die kleinste Eintrübung haben wollen. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß dem Theater Krefeld - Mönchengladbach mit dieser Inszenierung ein großer Wurf gelungen ist, der Lust auf mehr Operette macht.
FAZIT:
Viel Heiterkeit mit Zwischentönen: Didier von Orlowsky gelingt eine Inszenierung, bei der selbst Operette mehr ist als nur Unterhaltung.
Eisenstein (Reiner Roon)
und Rosalinde (Barbara Cramm)
sind unzufrieden mit ihrem
Advokaten Blind (Peter Lüthke, mitte)