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Rigoletto


Oper in drei Akten
Musik von Giuseppe Verdi
Text von Francesco Maria Piave
Aufführung in italienischer Sprache




Premiere am Theater Krefeld
am 23. Januar 1999




Von Meike Nordmeyer / Fotos von Matthias Stutte




Bett, Guillotine und Schreibtisch - nichts als Verführung und Tod


Keine Kulissen stehen auf der Bühne, dunkel ist der Palast, nur ein Raum findet sich angedeutet, lediglich durch hängende, halbhohe Wände abgezirkelt. Auf dunkelroten Wänden zeichnen sich Schatten von zahlreichen Personen ab, dies verbreitet unheimliche Stimmung auf dem merkwürdigen, dunklen dumpfen Fest, mit dem das Geschehen auf der Bühne beginnt. Die Szenen außerhalb des Palastes spielen im leeren blauen Welten-Raum, überall und nirgendwo entfaltet sich diese Geschichte. Überall wird eben immer wieder unter dem glitzernden Sternenhimmel von der Liebe geträumt, von einer Liebe, die sich grenzenlos ausdehnen möge. Aber immer wieder wird eben auch mit Willkür geherrscht, gewissenlos die Liebe vorgetäuscht, um die Sinnenfreuden genießen zu können, und wird sogar gemordet, um sich von Verbindlichkeiten zu befreien.

Die große, sehr gelungene Idee der Inszenierung besteht in der Darstellung des kleinen, geheimen Hauses des Rigolettos: im blauen Weltenraum wird das Haus, in dem der Berufsnarr seine Tochter Gilda versteckt hält, gleichsam aus dem Nichts auf der Bühne aufgeklappt - wie ein kleines Spielzeug-Schächtelchen. Es ist die kleine private, heile Welt des Rigolletos, verborgen, aber bei Bedarf verfügbar und tröstlich. Das Verhalten der Personen darin ist allerdings recht hausbacken: im Strickjäckchen, brav und einfach nur süß die Gilda mit güldenem Haar. Wenig Bewegung ist den Figuren bei ihrer gefühlvollen Begegnung vergönnt, aber gut gesungen wird die Szene von Lado Ataneli als Rigoletto und Debra Hays als Gilda, dazu Kerstin Pajic-Dahl als Giovanna.

In diese häusliche Seligkeit tritt bald der vermeintliche Märchenprinz ein. Während der Herzog Gilda verführt, funkelt der Sternenhimmel gerade genau über dem kleinen Häuschen, das scheint durchaus noch ironisch vom Regie-Team eingesetzt - ganz sicher ist man sich derweil nicht, denn Gilda ist dazu allzu niedlich ausgestattet mit Sternchen auch auf dem nachtblauen Prinzessinnen-Kleid. Dann aber brechen die Höflinge in diese verträumte Welt ein und entführen das verliebte Kind. Warum die Männer in schwarzen Trikots mit fluoreszierenden weißen Handschuhen und Socken auftreten ist nicht ganz klar, aber es erzeugt immerhin etwas geisterhaften Effekt. Sinnfällig zeigt sich dann das Ergebnis des nächtlichen Einbruchs: Die Männer zerstören das kleine häusliche Glück von Rigoletto, die Wände des Schächtelchens werden umgestoßen, es fällt daraufhin wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Die Aufführung, die trotz guter Ideen und verlässlichen Gesang im ersten Teil noch nicht ganz mitreißen konnte, legte nach der Pause allerdings richtig los. Große, anspruchsvolle stimmliche Leistung wurde nun geboten vor allem von Lado Ataneli und Debra Hays. Der Chor spielte dazu mit Spannung die Gruppe der Höflinge, die dem Rigoletto mächtig entgegensteht. Klangvoll und einig ertönen die Männerstimmen des Krefelder Chors.

Der Herzog kämpft in seinem lichtlosen, blutroten Palast gegen die Schatten an, die bedrohlich werden, sobald er alleine ist. Die folgende einsame Arie des Herrschers wird von Mehrzad Montazeri schön, fast zu schön gesungen, denn sie scheint zu besinnlich und innerlich für den hemmungslosen Herzog. Dieser schmeißt das Geld alsbald nur so unter seine Leute, als Lohn dafür, daß sie ihm das Objekt seiner Begierde namens Gilda in den Palast gebracht haben. Er macht sich denn auch gleich über sie her. Entehrt und verschämt findet Rigoletto seine Tochter schließlich wieder. Die Hinrichtung des Grafen Monterone, die Rigoletto und Gilda dann noch miterleben, da sie auch im Gemach des Herzogs stattfindet, ist von großer Wirkung. Es zeigt sich, daß der Ort, an dem der Herzog seine Taten verübt, das Bett nämlich, zugleich die Guillotine ist, die nur enthüllt zu werden braucht und unmittelbar zur grausigen Verwendung kommt - dies ist sicher der zweite große Streich der Inszenierung von Marcus Lobbes. Wie sinnreich, kommt Monterone doch zu Fall, weil er die Verführung seiner Tochter anzuklagen wagte - die Abenteuerlust des Herzoges, die hemmungslosen Verführungen, kosten Menschenleben, sie bescheren schließlich den Tod derer, die ihre Stimme gegen diese Taten erheben.

Besonders beeindruckt anschließend die Szene in der Waldschenke der Maddalena. Irritierend zunächst, alsbald aber überzeugend, daß es kein düsteres Gasthaus zu sehen gibt, sondern Schreibtische und Aktenordner - Maddalena und ihr Bruder Sparafucile agieren dort in Bürokleidern als Schreibtischtäter. Jeder Deal, jedes Opfer wird eingetragen und nach Erledigung abgestempelt. Mit kalter Genauigkeit werden die Taten abgewickelt. Höchst spannungsreich wird die Szene durch diese sonderbare, beklemmende Atmosphäre und den starken Auftritt der Margaret Thompson als Maddalena. Ausgezeichnet ist dazu der Gesang im Ensemble.

Am Ende gerät die symbolische Bühnensprache dann doch etwas trivial: die Gilda, wieder im Glitzerkleid und verklärt schon aus dem Totenreich kommend, holt ihren nunmehr entseelten Leib ab. Dabei noch süße Töne singend, läßt sie den verzweifelten Vater zurück.

Die Inszenierung von Lobbes ist ambitioniert, sie entwirft abstrakte Bühnen-Orte und findet einige sehr aussagekräftige Bilder. Es ist jedoch nicht alles aus einem Guß und von gleicher Qualität, das ein oder andere gestalterische Element bleibt unklar, insgesamt ist die Umsetzung der Oper aber durchaus gelungen. Ein sicheres, bis in die Nebenrollen gutes Ensemble hat das Krefelder Theater zu bieten und verfügt dabei über zwei Solisten in Bestform: Lado Ataneli und Debra Hays, die ihre großen Partien ausgezeichnet bewältigen. Sehr wirkungsvoll zeigt sich dazu auch der Chor. Das Orchester bringt große Leistung, federnde Einwürfe treiben das Geschehen voran, gute Soli lassen aufhorchen. Das Dirigat von Kenneth Duryea verliert sich nicht in Sentimentalitäten, sondern es gelingt ein eindringliches Psychogramm.

Nach dieser gelungenen Ausführung des Rigoletto bejubelt das Krefelder Publikum zurecht alle beteiligten Musiker, Lado Ataneli wird regelrecht als Star gefeiert! Mit der Inszenierung indessen ist das Publikum nicht so zufrieden, es zeigt sich zumindest Unentschlossenheit, laute Buhrufe aber auch einige Bravorufe sind zu hören.



FAZIT

In interessanter Inszenierung ist eine sehr gelungene musikalische Ausführung des Rigolettos in Krefeld zu erleben.




Szenenfoto

Begegnung zu Hause: Giovanna (Kerstin Pajic-Dahl),
Gilda (Debra Hays) in ihrer Strickjacke
und Rigoletto (Lado Ataneli).



Logo





Musikalische Leitung
Kenneth Duryea

Inszenierung
Marcus Lobbes

Bühne und Kostüme
Pia Maria Mackert

Choreinstudierung
Heinz Klaus




Solisten

Herzog von Mantua
Mehrzad Montazeri

Rigoletto
Lado Ataneli

Gilda
Debra Hays

Maddalena
Margaret Thompson

Giovanna
Kerstin Pajic-Dahl

Graf von Monterone
Christoph Erpenbeck

Marullo
Mikhail Lanskoi

Borsa
Frank Valentin

Graf von Ceprano
John T. Gates

Gräfin von Ceprano
Barbara Cramm

Ein Gerichtsdiener
Yasuyuki Toki

Page der Herzogin von Mantua
Sabine Sanz



Mitglieder des Chores der
Vereinigten Städtischen Bühnen
Die Niederrheinischen Sinfoniker





Weitere Aufführungen

Januar 99: 26., 29.,
Februar 99: 3., 5.,
März 99: 21., 28.,
April 99: 11.,
Mai 99: 6.









 Szenenfoto

Rigoletto (Lado Ataneli)
wird vor dem Palast
von den Höflingen des
Herzogs zurückgewiesen.







Szenenfoto

Der Herzog (Mehrzad Montazeri)
mit seinen Höflingen.





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