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Musiktheater
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Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny


Text von Bertolt Brecht
Musik von Kurt Weill

Premiere im Stadttheater Krefeld am 16. März 1996

Besetzung
Musik
Inszenierung
Publikumsreaktionen
Resumee
Kartenbestellung


Von Tilman Lücke




Besetzung

Musikalische Leitung: Anthony Bramall
Choreinstudierung: Georg Menskes
Inszenierung: Uwe Schwarz
Bühnenbild und Kostüme: Harald Stieger

Musikalische Leitung: Neville Dove
Inszenierung: Uwe Schwarz
Bühnenbild: Harald Stieger
Kostüme: Gabriele Jaenecke


Leokadja Begbick		Cornelia Dietrich 
Fatty, der "Prokurist"		Walter Planti 
Dreieinigkeitsmoses		John T. Gates
Jenny Hill			Andrea Hanson 
Jim Mahoney			Ion Tudoroiu
Jack				Walter Cuttino 
Sparbüchsenbill			Michael Wilder
Alaskawolfjoe			Konstantin Gorny 
Tobby Higgins			Markus Heinrich
Sprecher			Peter Lüthke
Die Mädchen von Mahagonny       Sherry Bay
				Annelie Bolz
				Ursula Gröger
				Maria Gurzynska
				Sabine Sanz
				Margriet Schlössels
				Jacqueline Stein
				Naomi Yahagi
Ein Pianist			Wolfgang Wiechert
Zwei Musiker			Andreas Meese und Erich Smonkar
Herrenchor der Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld Mönchengladbach
Einstudierung: Georg Menskes





Musik

Unter der souveränen Leitung Neville Doves brillierten die Niederrheinischen Sinfoniker mit treuer, dennoch inspirierter Interpretation. Das Orchester zeigte sich - wenn man von einigen Unstimmigkeiten der Blechbläser absieht - dem Geist und den Noten Weills gewachsen, was man leider in dieser Allgemeinheit von den Solisten nicht sagen kann. Vor allem die letztendlich gefeierte Andrea Hanson als Jenny sang mit ihrem Dauervibrato vieles von dem nieder, was Brecht / Weill sich unter neuer Oper vorgestellt hatten. Leichter ist der Part des Jim Mahoney, weil er Sentimentalitäten in Spiel und Gesang zuläbt - Ion Tudoroiu zeigte sich seiner Aufgabe denn auch voll gewachsen und sang und spielte sich ebenso in die Herzen des Publikums wie der herrlich fiese (ständig singend Kaugummi kauende) Walter Plante als Fatty, der "Prokurist"! Zum Totalausfall wurde leider John T. Gates als Dreieinigkeitsmoses, der mit violettem Anzug und grauenerregenden Körperverrenkungen nicht über seine Stimmschwäche hinwegtäuschen konnte. Cornelia Dietrich als seine Chefin Leokadja Begbick kam als künstlerisch wertvoller Hella-von-Sinnen-Verschnitt daher und verkürperte Lebensfreude und ökonomisch-rücksichtslose Diktatur gleichermaßen überzeugend. Stimmlich nicht ganz homogen zeigten sich die Herren des Chores - während die Damen neben einer hervorragenden gesanglichen Leistung auch noch perfekt choreographiert und dennoch lasziv die Beine schwangen.


Inszenierung

Es konnten einem schon die Augen übergehn: Nach einer kurzen Schonzeit von knapp fünf Minuten in Tarnfarben war es nur noch schrill im Krefelder Stadttheater auf der von Harald Stieger intelligent und einfallsreich gestalteten Bühne. Grün, gelb, violett waren die vorherrschenden Farben - und bitte alles neon-schrill. Das wirkte teilweise nur noch komisch, beispielsweise wenn Jimmys Kollegen von der Goldküste nur mit Handttüchern in diesen Farben auf der Bühne standen (passende Badeschlappen nicht zu vergessen) und sich dazu auch noch bewegten wie die aus dem rheinischen Karneval hinlänglich bekannten Schwulen- oder Männer-Balletts. Lobenswert sollte allein schon der Arbeitsaufwand erwähnt werden, der dahintersteckte, die 15 Meter breite Bühnenrückwand auf etwa 3 Metern Höhe mit Pornobildchen zu bekleben. Der Abstand dieser Wand zum Publikum war allerdings so groß, daß keine Details mehr zu erkennen waren; und so wurde auch die gesamte Inszenierung von Uwe Schwarz angelegt: Sex, Mord- und Geldgier werden zwar angedeutet, aber kaum wirklich gezeigt, geschweige denn problematisiert. Fast schien man einer Inszenierung beizuwohnen, die schon der von den Auguren der Postmoderne heraufbeschworenen neuen Prüderie zu Gefallen ist. Das Bühnenbild begeisterte dennoch mit zahlreichen stimmigen Effekten, besonders lobenswert die gelungene Zusammenarbeit zwischen Bühnenund Lichtregie (Bernhard Schröder, Walter Söhnel). Es gelang, die Bühneneffekte (wegweisend und vollständig "Brechttreu:" ein rotes, elektronisches Lichtband) zunächst vorzustellen und dann durch Lichtänderung zu variieren.



Publikumsreaktion

Das im Krefelder Stadttheater zahlreich erschienene Premierenpublikum hatte sich auf einen lockeren Abend mit moderner Musik eingestellt - man schien letzendlich erleichtert und begeistert, daß der Theaterskandal ausblieb. Man ist ja heute so viel klüger als 1930 bei der Leipziger Uraufführung, wo Alfred Polgar folgendes beobachten durfte:
"Ein würdiger Herr mit gesottenem Antlitz hatte seinen Schlüsselbund gezogen und kämpfte durchdringend gegen das epische Theater. Vier Schlüssel hingen an langer Kette; den fünften hielt der Mibvergnügte an die Unterlippe gepreßt und ließ über die Bohrung im Metall Luftströme von höchster Schwingungszahl streichen. Der Ton, den das Instrument erzeugte, hatte etwas Erbarmungsloses, in den Magen Schneidendes: es muß der Kasse-Schlüssel gewesen sein, auf dem der Wilde blies."
Mit solchem Unflat hatte der Rezensent nicht zu kämpfen. Allerdings mit einem älteren Ehepaar, daß sich von der Musik nur ungern und selten in seiner Unterhaltung stören ließ - bei Brecht / Weill kann man es ja machen !


Resümee

Eine musikalisch hervorragende Produktion - außerdem für Liebhaber von Neondesign unbedingt emprfehlenswert.


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