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Sweeny Todd. Der Teufelsbarbier von Fleet Streetvon Stephen Sondheim
Premiere der Bühnen der Stadt Köln 'Delikatessen' in Köln oder "Die packt die Pussys in die Pies" und nicht nur die...Nicole Heesters und Gerd Köster mit schwarzbittrem Humor in Sondheims 'Sweeny Todd'EIN AMERIKANISCHES MUSICAL MIT ENGLISCHEM STOFFDie blutrünstige Geschichte des Benjamin Barker, alias Sweeny Todd, beunruhigt seit 150 Jahren die Londoner Gemüter, allerdings nur auf der Bühne - Gott sei Dank, denn dieser Horror geht meiner sanften Zuschauerinnenseele doch eigentlich schon ein bißchen zu weit. Die 1979 uraufgeführte, merkwürdige Mischung aus schockierendem literarischem Stoff und gefälligem Musikstil bester New Yorker Musical-Tradition gehört zu einer Reihe 'schwarzer' Stücke Ende der Siebziger/ Anfang der Achtziger Jahre, in deren Zentrum entweder die Geschichte einer problematischen Persönlichkeit steht (siehe 'Evita', vielleicht 'Phantom of the Opera') oder die den schwarzen Humor auf die Spitze treiben ('Rocky Horror Show', 'Little Shop of Horrors').Der Komponist Stephen Sondheim, dessen 'Send in the Clowns' aus 'Little Night Music' wohl zu seinen bekanntesten Liedern gehört, schreibt auch Filmmusik (z. B. zu 'Dick Tracy') und Texte (etwa für 'West Side Story'). Typisch, daß sein Name trotzdem eher unbekannt klingt - das ist das Schicksal vieler Musical- und Film-Komponisten vor allem in Europa. Dabei sollte man sich vor Ohren halten, daß Sondheims Musik aufwendig, ja orchestral gestaltet ist und viele Anklänge an 'ernste' Musik enthält, insbesondere denke ich da an Kompositionen Igor Strawinskys. Auch dramaturgische Elemente aus Strawinskys 'The Rake's Progress' wie ein Showdown im Irrenhaus oder das wüst-elende Londoner Leben als Story-Hintergrund findet man in 'Sweeny Todd' verwendet. Sondheims Stil würde ich nicht als originell bezeichnen, doch mit ein paar hübschen Nummern kann sicherlich jedes seiner Stücke erfreuen und besser als A. L. W. ist er allemal (any Lloyd Webber-Fans out there?).
ZU KÖLN AUF DER BÜHNE...Mit Gerd Köster, dem Kölner Rockbarden von 'The Piano has been drinking', als 'Sweeny Todd' und Nicole Heesters als Horror-Partnerin 'Mrs. Lovett' ist die Produktion auf solide Füße gestellt: die Charaktere passen wie die Faust auf's Auge. Gerade zu Beginn machte Gerd Köster als verbitterter moralisierender Rächer eine recht starke Figur; hier kam auch seine klangvoll rauhe Stimme am besten zur Geltung. Ebenso effektvoll das Entree von Nicole Heesters mit der wortreichen Anpreisung von 'Mrs. Lovetts' fürchterlichen, englischen 'Pies' (man würde wohl 'Fleischkuchen' übersetzen müssen). Leider standen beide stimmlich nur den ersten Teil durch. Im zweiten Akt erlebten wir nicht nur ein schreckliches Blutbad, sondern ebensolche Aussetzer und schiefe Töne der Stars, die konditionell einfach überfordert schienen (vielleicht lag's an der Arbeit, die sie mit den vielen Leichen hatten...), doch wurde die zweite Hälfte des Abends ohnehin auch dramaturgisch zur Stunde der Nebenrollen-Besetzung.Ja, die klassisch ausgebildeten Stimmen machten sozusagen das Rennen, allen voran Reuben Willcox als jugendlicher Liebhaber 'Anthony' (der Mann, der vor mir saß und die Lieder offensichtlich auswendig kannte, geriet bei Anthonys Parts immer ganz aus dem Häuschen) und Natalie Karl als 'Todds' bedrängte Tochter 'Johanna'. Beiden gelang auch die schauspielerisch schwierige Aufgabe, eine einigermaßen überzeugende positive Nebenhandlung aufzubauen. Mich persönlich beeindruckte ebenfalls die Leistung von Jens Janke als 'Tobias', der die Wandlung vom naiven Handlanger zum Mörder stimmlich und darstellerisch gut bewältigte. Sehr souverän agierten Chor und Orchester. Temporeich die Musik, dirigiert von David Levi - Musicals sind wahrhaft keine leichte Kost, vor allem im Timing - flexibel und präzise die Chöre, die Horst Meinhardus einstudierte.
"SIND MÖNCHE AUCH SELIG, SIND SIE DOCH ZU MEHLIG..."Hm, nicht gerade nobelpreisverdächtig, die literarische Leistung der Übersetzer - aber gut, wenn es um Kannibalismus geht, wird vieles unwichtig, und schließlich soll es lustig sein. Daß das Lachen im Hals stecken bleibt (!), wenn 'Todd' und 'Mrs. Lovett' tanzen, liegt nur teilweise an der Geschichte. Die Inzenierung betonte mehr als dramaturgisch notwendig die Irrenhausgeschichte und verstärkte zumindest bei mir über 'England', 'Essen', 'Wahnsinn' und 'menschliche Selbstherrlichkeit' die Assoziation 'BSE'... - Ja, ich weiß, Kritiker finden die Welt in einem Sandkorn...Doch auch andere dezente Hinweise verdankt man der Übersetzung, zum Beispiel daß sowohl der böse 'Richter' wie der wilde 'Sweeny Todd' von "der Erlösung" für sich selbst träumen und also durchaus nicht moralisch auf so unterschiedlichen Seiten stehen. Die Inzenierung nahm die Ähnlichkeit von 'Todds' wie des 'Richters' Selbstherrlichkeit nicht auf; letzterer blieb völlig blaß als geiler Frauenschänder und Widersacher 'Todds'. Ansonsten kann man die Personenführung (Regie: Torsten Fischer) nur loben, gab es doch einige Einbahn-Treppen auf der Bühne... Geschickt verlegte Andreas Reinhardt (Bühne und Kostüme) aber verschiedene Schauplätze auf verschiedene 'Stockwerke', sprich: stahlglänzende Baustellen-Wohncontainer, und nutzte vorteilhaft die Drehbühne des Opernhauses. Besondere Erwähnung verdient die technische Betreuung der elektrischen Verstärkung der Stimmen und deren Aussteuerung (wer war bloß dafür verantwortlich?). Bei Musicals auf öffentlich geförderten Bühnen (Opernsänger und Schauspieler brauchen keine Elektrik!) kann man schon das ein oder andere Fiasko in dieser Hinsicht erleben; daher fiel es wohltuend auf, daß die Kölner dieses Problem weitgehend im Griff hatten.
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Besetzung
Weitere Aufführungen
Gerd Köster (Sweeny Todd) und Nicole Heesters (Mrs. Lovett) Gerd Köster (Sweeny Todd) und Nicole Heesters (Mrs. Lovett) Gerd Köster (Sweeny Todd) und Ute Döring (Bettlerin) Gerd Köster (Sweeny Todd) und Esemble Esemble |