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Falstaff


Commedia lirica in drei Akten

Libretto von Arrigo Boito
nach William Shakespeare
Musik von Giuseppe Verdi
in italienischer Sprache mit deutsche Übertiteln

Premiere an den Bühnen der Stadt Köln
am 11.4.1997

Besetzung
Rezension
Fazit
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Von Meike Nordmeyer



Besetzung

Musikalische Leitung: James Conlon
Inszenierung: Robert Carsen
Bühne und Kostüme: Paul Steinberg
Choreinstudierung: Albert Limbach

Sir John Falstaff	-	Günter von Kannen
Ford			-	Ned Barth
Fenton			-	John Osborn
Dr. Cajus		-	Jerold Siena
Bardolfo		-	Francis Egerton
Pistola			-	Ulrich Hielscher
Mrs. Alice Ford		-	Joanna Kozlowska
Nannetta		-	Ying Huang
Mrs. Quickly		-	Claire Powell
Mrs. Meg Page		-	Andrea Andonian
Oberkellner		-	Rolf Gertler
Gürzenich-Orchester Kölner Philharmoniker
Opernchor der Bühnen der Stadt Köln



Keckes Verschwörungspiel der Frauen in Windsor

Der Falstaff, der Geniestreich, mit dem Verdi sein reiches Bühnenschaffen abschließt, steht und fällt mit der Besetzung der Titelpartie, lebt aber auch essentiel von der Dynamik der vorherrschenden Ensembles. Beide entscheidende Faktoren wurden in Köln zur höchsten Zufriedenheit ausgeführt. Günter von Kannen stellte einen vorzüglichen, waschechten Falstaff dar mit seiner aufbereiteten äußerlichen Erscheinung und seiner facettenreichen stimmlichen Gestaltung der Partie. Gewaltig, selbstherrlich, ironisch und verzweifelt zeigte er sich als Kavalier und verkommener Ritter. Er bleibt meist im lottrigen Hausrock, ist aber auch wandlungsfähig, wird zum chicken Snop mit Zylinder und Schärpe, wenn er sich zur Verführung der Damen zurechtmacht.

Robert Carsens hat seine Inszenierung der Oper in die feinen Gasthäuser und Clubs der edlen, biedren Kreise von Windsor und zugleich in die 50er Jahre verlegt. In der ersten Szene tafelt Falstaff in einem schlichten Speiseraum als einziger Gast an überlangem Tisch vor geschlossener Nußbaumtäfelung, an der Wand ein rustikales Geweih, das beiläufig auf den Ausgang der Geschichte verweist. Falstaff speist gierig und hemmungslos, hinter ihm ist bereits ein enormer Berg von Geschirr und Essensresten gewachsen, abgekaute Keulen wirft er einfach hinter sich. Herrlich kauzig gespielt wird das hinzutretende verlotterte Dienerzwillingspaar Bardolfo und Pistola von Francis Egerton und Ulrich Hielscher.

Die folgende Szene findet in feinem Restaurant statt, in der die Frauen und die Männer jeweils unter sich aufgeregt über Falstaff zwiefache Anbändelung disputieren. Brillant und spritzig bietet das Sängerteam die vom Komponisten überaus dicht und bewegt gearbeiteten Ensembles. Und bereits hier wird deutlich, daß sich Robert Carsens Inszenierung durch heitere, sehr dynamische Personenführung auszeichnet, die detailfreudig und mit viel Humor entwickelt wurde. Carsen konnte sich bei seiner Arbeit in Köln aber auch auf ein im Spiel unschlagbares Damenquartett verlassen. Ein Unicum bildet vor allem Claire Powell als Mrs. Quickly. Die Damen gestalten zudem ihre Gesangpartie sicher und mit Witz, und sie klingen sehr gut zusammen. Ein wunderbares jugendliches Pärchen bieten Ying Huang als Nannetta und John Osborn als Fenton. Ying Huang gab in der Rolle der Nannetta ein beachtliches Operndebütt. Sie meisterte die Rolle mit leichter, zart klingender Stimme. Auch Ned Barth als Ford wußte zu überzeugen. Differenziert begleitet wurden die Sänger von einem hervorragenden Orchester unter der Leitung von James Conlon.

Den Knalleffekt der Inszenierung bildete zweifelos die große Küche, die reich und bunt ausgestattet im Stile der 50er, die Muster und Farben von den Kostümen der Damen wiedergibt. Das Publikum dankte für diesen Anblick mit Zwischenapplaus. In der Küche findet das Rendezvous von Mrs. Ford und Falstaff statt. Dieser Raum mit seiner Einrichtung nach dem letzten Schrei der Zeit ist durchaus Statussymbol der Fords, zugleich ist es der Ort der Speisen, ein wichtiger Aspekt für Falstaff. Möglicherweise soll mit Küche auch gemeint sein: der Raum der Frauen, ihr uneingeschränkter Herrschaftsbereich. Aber es fehlt den Damen auch außerhalb der Küche keineswegs an Durchsetzungsvermögen.

In der Hochglanz-Einbauküche gestaltet der Regisseur ein großes, schnelles Durcheinander der Leute von Windsor, das freudig vom Ensemble ausgeführt wird. Nachdem Falstaff aus dem Wäschekorb zum Fenster herausgekippt wird, spritzen - verursacht durch seinen Bauchklatscher in die Themse - echte, große Wassermengen in die Küche. Das Publikum quietscht vor Vergnügen.

Anschließend bilden wieder die getäfelten Holzwände den Raum, bis er sich zur Waldszene öffnet: Nachtblau und Nebel zieht auf. Die lustige vielköpfige Verschwörergruppe erscheint mit Hirschgeweihen bekrönt wie das Opfer Falstaff selbst. Als der arme Ritter einen seiner Diener aber aufgrund seiner Schnapsfahne erkennt, ist der Spuk, also auch das blaue Licht und der Nebel, sofort vorbei. Nach der ganzen Aufregung geht man schließlich schnell zum Fest und zur üppigen Tafel über. Die Geweihe aller Beteiligten werden an die Wand gehängt und der übergroße Tisch ist wieder da - hier schließt sich der Kreis wieder, man wird an das Anfangsbild, das allerdings nur Falstaff alleine galt, erinnert. Nun ist der Tisch für alle üppig gedeckt- entlarvende Wendung - die anderen Leute aus Windsor sind also auch nicht weniger gefräßig und verkommen als der dicke Ritter, ihre moralische Entrüstung und die Bestrafung Falstaffs war nur ein heiteres Gesellschaftsspiel - alles ist eben eine Komödie.




Fazit

Der Falstaff erfährt in Köln eine Inszenierung, die äußerst bewegt und heiter ist, nicht besonders tiefsinnig, aber einfallsreich und in sich stimmig. Ensemble und Orchester bieten eine glänzende musikalische Ausführung der Oper. Das Premierenpublikum war begeistert, besonders von der Darstellung des Falstaff durch Günter von Kannen und von der Arbeit des Regieteams.




Fotos (von
Klaus Lefebvre)




Weitere Aufführungen

April '97: 17.,23.,26.,30.

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