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Don Carlos

Oper in vier Akten
nach dem Drama von Friedrich Schiller
Libretto von Joseph Méry und Camille du Locle
In italienischer Sprache

Aufführungsdauer mit einer Pause: ca. 3h20'

Premiere am Theater Hagen
am 24. Mai 1998


Von Gerhard Menzel / Fotos von Dietrich Dettmann




Eine triumphale Abschiedspremiere
von Gerhard Markson als Hagener GMD

Einen besseren Abschied hätte sich GMD Gerhard Markson gar nicht wünschen können.

Markson, der Hagen mit dem Ende der Spielzeit nach 7 Jahren verlässt, leitete insgesamt 20 Premieren.
Im Anschluss an die Vorstellung wurde er von Intendant Peter Pietzsch herzlich verabschiedet und gleichzeitig als Gastdirigent des Boris Godunow Anfang 1999 angekündigt.

Unter Marksons Leitung gelang dem Theater Hagen ein Kraftakt - der selbst grösseren Häusern oft Probleme bereitet - bei dem das Ensemble schier über sich hinauswuchs. Dazu gehörten ausser den Solisten, auch alle Mitglieder des Chores, des Extrachores und des Philharmonischen Orchesters, das wieder einmal dicht gedrängt im kleinen Orchestergraben eine eindrucksvolle Leistung bot.

Foto: Hagen/Don Carlos Foto 1:
Der König warnt seinen Vertrauten von der Inquisition.
Sun Yu (Philipp II) und Stefan Adam (Rodrigo)

Die Musik lebte unter Marksons Leitung so richtig auf. Sie glühte, drängte, verbreitete Angst und Schrecken. Nur selten waren entspannte oder fröhliche Töne zu hören, dann aber sehr intensiv und schmelzend. Das liegt natürlich auch daran, dass in Hagen die vieraktige Mailänder Fassung von 1884 gespielt wird, in der der erste Akt in Fontainebleau, der die "Vorgeschichte" des Dramas - und das grosse Liebesduett von Carlos und Elisabeth - enthält, gestrichen ist. Diese Version lässt sich allerdings nur mit dem Argument der "Zeitersparnis" akzeptieren (immerhin besteht die vieraktige Version auch schon aus drei Stunden Musik)!

Foto: Hagen/Don Carlos Foto 2:
Don Carlos fordert seinen Vater vor allem Volk heraus.
Daniela Nedialkova (Elisabeth von Valois), Sun Yu (Philipp II), Savo Pugel (Don Carlos), Gesa Hoppe (Tebaldo), Stefan Adam (Rodrigo), die Deputierten aus Flandern, Statisterie und Chor; im Hintergrund Sergio Gomez (Der Großinquisitor)


Foto: Hagen/Don Carlos Die ausgezeichnete Solistenriege wurde angeführt von Sun Yu als gar nicht greisen, sondern in der Blüte seines Lebens stehenden Philipp II, König von Spanien. Stefan Adam verlieh der Figur des Rodrigo, Marquis von Posa, eine stattliche Ausstrahlung. Der Großinquisitor des Sergio Gomez liess zwar etwas an "bodenloser" Tiefe vermissen, gestaltete seine Szene mit Philipp aber so eindrucksvoll, dass sie zu einem der Höhepunkte des Abends wurde. Für einen weiteren Höhepunkt sorgte Yamina Maamar in der Partie der Prinzessin Eboli. Schon ihr Lied vom Schleier im ersten Akt liess aufhorchen, doch Ihre Szene am Ende des vierten Aktes war einfach überwältigend.

Foto: Hagen/Don Carlos Foto 3:
Die Verbrennung der Ketzer als Volksspektakel.
Oben: Sun Yu (Philipp II), Sergio Gomez (Der Großinquisitor) und Daniela Nedialkova (Elisabeth von Valois); unter Philipp: Peer-Martin Sturm (Graf Lerma) und Stefan Adam (Rodrigo); unten rechts: Gesa Hoppe (Tebaldo); Statisterie und Chor

Selbst die kleineren Partien waren optimal besetzt, was die Leistungsfähigkeit des Ensembles unterstreicht. Immerhin kam man ganz ohne Gäste aus und z.B. Gesa Hoppe in der Rolle des Pagen Tebaldo war unter der Woche noch als grosse Tragödin in der Titelpartie von Händels Deidamia zu erleben.

Grosses Lob muss auch dem Opernchor und dem Extrachor in der vorzüglichen Einstudierung von Konrad Haenisch gemacht werden.

Foto: Hagen/Don Carlos Foto 4:
Weltliche und geistliche Macht im Disput:
Sun Yu (Philipp II) und Sergio Gomez (Der Großinquisitor)

Da der "Fontainebleau-Akt" in dieser Fassung fehlt, konnten sich Daniela Nedialkova (Elisabeth von Valois) und Savo Pugel (Don Carlos) erst im Laufe des Stückes als "verhindertes Liebespaar" profilieren (dann aber sehr eindrucksvoll). Als Ersatz für diesen Akt setzte Regisseur Peter Bisang eine Pantomime vor den Beginn der Oper:

Im schwarzen Raum spielt Elisabeth - in Kindesalter - mit einem Holzreifen. Anschliessend erscheint der Junge Carlos und bemächtigt sich mit Gewalt des Reifens. Nach einer Blende erscheinen Elisabeth und Carlos - jetzt im jugendlichen Alter - und umarmen sich. Dazu erklingen jetzt aus dem off einige Takte aus dem grossen Liebesduell dieses (fehlenden) Aktes...

Foto: Hagen/Don Carlos Foto 5:
Familientragödie unter den Augen des Großinquisitors
Yamina Maamar (Prinzessin Eboli), Daniela Nedialkova (Elisabeth von Valois), Sun Yu (Philipp II), Sergio Gomez (Der Großinquisitor) und Stefan Adam (Rodrigo)

Viel mehr ist von der Inszenierung allerdings nicht zu sagen. Peter Bisang inszeniert direkt und ohne Schnörkel am Stück entlang und ermöglicht somit eine verständliche Abfolge des Geschehens. Leider bleibt eine ausgefeilte Personenführung meist gänzlich auf der Strecke. Immerhin bieten die Kostüme und das Bühnenbild von Bernd Franke eine angemessenen Optik für eine musikalisch mitreissende Produktion.

Foto: Hagen/Don Carlos Foto 6:
Ein Abschied für immer:
Savo Pugel (Don Carlos) und Daniela Nedialkova (Elisabeth von Valois)


FAZIT:

Ein phantastisch musizierendes Ensemble lässt diesen Don Carlos - auch ohne den ersten Akt und trotz der zum Teil etwas altbackenen Inszenierung - zu einem wahren Erlebnis werden.

Logo: Theater HAGEN

Musikalische Leitung
Gerhard Markson

Inszenierung
Peter Bisang

Bühnenbild und Kostüme
Bernd Franke

Choreinstudierung
Konrad Haenisch


Solisten

Philipp II
Sun Yu

Don Carlos
Savo Pugel

Rodrigo
Stefan Adam

Der Großinquisitor
Sergio Gomez

Ein Mönch
Claudius Muth

Elisabeth von Valois
Daniela Nedialkova

Prinzessin Eboli
Yamina Maamar

Tebaldo
Gesa Hoppe

Gräfin von Aremberg
Gisela Ribbert

Graf Lerma
Peer-Martin Sturm

Ein königlicher Herold
Peer-Martin Sturm

Stimme vom Himmel
Ilse Christine Otto

Deputierte aus Flandern
Thomas Bonni
Erik Grotz
Rolf Haarmann
Jan Rouwen Hendriks
Andreas Hörl
Boris Leisenheimer


Opernchor und Extrachor
des THEATER HAGEN

Das PHILHARMONISCHE
ORCHESTER HAGEN

Die Statisterie
des THEATER HAGEN





Weitere Aufführungen

Mai '98: 26.
Juni '98: 3., 12., 17.23., 26.





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