Premiere im Theater Hagen am 31.05.1997
Hiram B. Otis - Jürgen Dittebrand Virginia - Katja Isken Washington - Markus Brück Mr. Umney - Jean Schmiede Cecil, Duke of Chesire - Peer-Martin Sturm Prudence Mapelthorne - Marilyn Bennett Sir Simon de Canterville - Werner Hahn Die Zwillinge - Denise und Sonja Kästner
Das Theater Hagen und die Autoren des Stückes haben es nun geschafft diesen fast schon klassischen Stoff gänzlich in eine Boulevardkomödie mit Musik zu verwandeln. Mit witzigen Szenen ausgestattet und wunderbar und wirklich gruselig inszeniert durften die Zuschauer in einem fast ausverkauften Haus vergnügliche Stunden genießen.
Endlich einmal wieder eine Bühne, auf der zu erkennen ist, was dargestellt werden soll. Ein altes Schloß aus Pappmasche, danach habe ich mich doch immer wieder gesehnt. Auch für die optischen und akustischen Effekte kann der Hagener Mannschaft nur ein großes Lob ausgesprochen werden. Herauszuheben ist die Geisterstunde, in der der Geist durch die Wände geht und im selben Moment Meter entfernt aus einer anderen Mauer hervortritt. Weiter so!
Schauspielerisch und gesangstechnisch können auch nur gute und sehr gute Noten vergeben werden. Jürgen Dittebrand als amerikanischer Millionär Hiram B. Otis spielt eigentlich nur eine Nebenrolle, die er ohne Probleme auch zu meistern versteht. Hirams Tochter Virginia, gespielt von Katja Isken, übernimmt die weibliche Hauptrolle des Stückes, wobei der Zuschauer positiv durch ihre sehr kräftige und deutliche Stimme überrascht wird. Cecil, Duke of Cheshire, ist der Nachbar der Familie und der „weltliche“ Verehrer und spätere Ehemann Virginias wird von Peer-Martin Sturm dargestellt. Sturm fühlt sich in dieser Rolle – mal Schalk, mal ernst – richtig wohl, und lockert mit seinen Auftritten die Geschichte stets auf.
Ebenso zur Rahmenhandlung gehören Virginias Bruder Washington und der Butler Mr. Umney. Besonders Markus Brück nimmt man die Darstellung des etwas sehr abgedrehten „Forschers“ Washington ab, während Jean Schmiede in der Rolle des Butlers leider doch etwas überflüssig wirkt.
Die neue Hausangestellte Prudence Mapelthorne wird von Marlyn Bennett dargestellt, und es kann versichert werden, daß dieser Vorname wahrlich nicht Programm ist. Ihre Röcke stellen doch nur breite Gürtel dar, die nicht unbedingt immer alles zu verdecken verstehen. So sind bei ihren Auftritten auch Bemerkungen von einem Herrn im Publikum zu hören wie „Da hat sich der Abend ja gelohnt!“ gewesen, die von seiner Ehefrau mit „Jetzt ist aber gut!“ jäh abgebrochen wurden. Erst etwas kritisch wird die Kritik von ihr wieder wohl gestimmt, da neben den optischen Qualitäten auch die schauspielerische und gesangliche Leistung von Marylin Bennett hohe Punktzahlen verdienen.
Die Zwillinge der Familie Otis, in der Premiere gespielt und randaliert von Denise und Sonja Kästner, treiben dann auch deutlich das Schloßgespenst, Sir Simon de Canterville, zur Verzweiflung. Werner Hahn als Gespenst meistert die männliche Hauprolle, die auch körperlich nicht die einfachste ist, und so kann man ihn nur lobend als krönenden Abschluß dieser sehr harmonischen Schauspiel- und Sangestruppe erwähnen.
Aber, da war doch noch etwas... Ja, genau, die Musik! Das habe ich wohl irgendwie verdrängt, daß doch jedes Musical mehr oder minder mit Musik ausgestattet ist. Die Musik von Canterville ist aber auch des Erinnerns nicht wert. Sie ist schlicht langweilig, kein Stück ist dabei, was den Zuschauer direkt anspricht, sieht man von „Das ist Zukunft“, gesungen von Washington und Prudence, einmal ab.
Handwerklich und musikalisch war das, was das Orchester bot, durchaus zufriedenstellend. Aber was nützt es, wenn die Vorlage derart schlecht ist. Wer in ein Musical gehen will, wird unendlich enttäuscht. Mit dieser Musik wird Canterville als Musicalstoff immer nur zweiter Sieger bleiben, was eigentlich nur zu bedauern ist.