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La Périchole


Opéra-bouffe in drei Akten
Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
Musik von Jacques Offenbach

Premiere am Schillertheater NRW
im Musiktheater Gelsenkirchen
am 2. November 1996

Besetzung
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Von Olav Roßbach



Besetzung

Musikalische Leitung: Thomas Leyer
Inszenierung: Carin Marquardt
Bühne: Erwin W. Zimmer
Kostüme: Ute Frühling
Choreinstudierung: Nandor Ronay
La Périchole  		Anke Sieloff
Piquillo  		Thomas Piffka
Vizekönig 		Tom Erik Lie
Don Pedro 		Joachim Gabriel Maaß
Kammerherr 		Patrick Henckens
Drei Cousinen 		Elise Kaufmann
			Sabine Schnitzer
			Eva Tamulénas
Alter Gefangener 	Ulrich Penquitt
u. v. a.
Chor und Statisterie des Musiktheaters Gelsenkirchen
Philharmonisches Orchester der Stadt Gelsenkirchen



In groben Zügengeht es darum: Ein verarmtes Vagabundenduo in der Peruanischen Hauptstadt, Périchole und Piquillo, wird von seiner Vorführ- und Gesangskunst nicht satt. Als sich für die schöne Périchole die Gelgenheit bietet, dem Vizekönig des Landes als Mätresse an den Hof zu folgen - um wenigstens satt zu werden - da läßt sie ihren Partner im Stich. Der besäuft sich derart, daß er nicht mehr merkt, wie in einer eilends improvisierten Hochzeit Périchole zu seiner Frau wird. (Die unerfindlichen Gesetze des Landes lassen nur verheiratete Mätressen bei Hofe zu.)
Am Morgen im Palast des Vizekönigs zu Bewußtsein gekommen, ist Piquillo durch die Vermählung zu einem adligen Günstling des Hofes mutiert. Erst als er jetzt der Hofgesellschaft seine unbekannte Braut förmlich vorstellen soll, erkennt er Périchole und wird rasend vor Eifersucht. Eingesperrt wird er, wie kurz darauf auch Périchole, die selbst nach diamantenen Geschenken mit dem Vizekönig dann doch nicht mehr als den Tisch teilen will. Das Paar beteuert sich seine Liebe, und mit Hilfe eines findigen alten Gefangenen im gleichen Kerker, gelingt es, die Wärter zu übertölpeln und gemeinsam zu entkommen. Der Vizekönig mit seinen diensteifrigen Hofschranzen versucht noch chaotisch eine Fahndungsaktion zu organisieren, als die Flüchtlinge überraschend zurückkehren um ...

Das liegt also hinter mir. Und eindeutig will meine Meinung nicht ausfallen. Zunächst: Operette muß man "ernst" nehmen, heißt es seit einigen (wenigen) Jahren auch in Kritikerkreisen. Zweifellos, das hat das Regieteam getan. Carin Marquardt, die in vielen Produktionen an diesem Haus als Dramaturgin gearbeitet hat (auch mit Hilsdorf), führte keineswegs mit leichter Hand Regie. Süßlich oder dämlich ist ihr Konzept gewiß nicht. Die Komik der Vorlage herauszustellen hat sie sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht. Dabei hat sie nicht den Fehler gemacht, die werkimmanente Ironie zu übertünchen. Sie versuchte sie vielmehr zu unterstreichen.

Da waren die drei Cousinen, in deren Schenke das Geschehen um Liebe, Geld und Eifersucht seinen Anfang nimmt. Sie zu überzeichnen zu rührenden Goldkehlchen, wäre ein Leichtes wie Falsches gewesen. Stattdessen wird das frivole Trio (stimmlich wie spielerisch auf der Höhe: Elise Kaufmann, Sabine Schnitzler und Eva Tamulénas) zum roten Faden der Produktion. Auch das Liebesverhältnis zwischen Périchole (bis auf die Tiefen verständlich und gut gesungen: Anke Sieloff) und Piquillo (mit komödiantischem Talent und schönen Lyrismen: Thomas Piffka) ist nicht nur naiv oder lächerlich, sondern auch angespannt und wandelbar. Auch Tom Erik Lie als Vizekönig macht in der insgesamt guten sängerischen Leistung keine Ausnahme.

Das all das so lebensnah herüber kommt, das liegt an der ansprechenden deutschen Übersetzung, die aus quellentechnischen Gründen für die Gelsenkirchenenr Inszenierung neu erstellt werden mußte. Carin Marquardt und Dramaturg Norbert Klein haben sie besorgt. Extra holprige und umgangssprachliche Stellen der Textvorlage wußten sie ins deutsche zu übertragen. Nach Vokabeln wie "Nasenbär" oder "Idioten" sucht man in den meisten Operettenlibretti sicher vergeblich.

Unter darstellerischen Gesichtspunkten war besonders Ulrich Penquitt in der Rolle des alten Gefangenen humoristisch erfrischend. In veraltet näselndem Ton leider in den gesprochenen Dialogen Patrick Henckens als Kammerherr.

Aber dann: Das große Manko war, daß der Schwung des Librettos, der Witz der Handlung nicht oder nicht so über die Rampe kommt, wie es geplant war. In der Filmtechnik würde man das vielleicht mit "schlechtem Schnitt" begründen. Hier fehlen Tempo, Spielwitz und - trotz Laufsteg um den Orchestergraben - der ansteckende Funkenflug ins Publikum. So blieben denn meist der Zwischenapplaus und die Lacher im Ansatz stecken und überließen die Szene peinlichen Löchern. Sicher wird sich mit der Zeit das eine oder andere noch einspielen. Wer aber eine grundweg unterhaltsame Show erwartet hatte, konnte in Gelsenkirchen leider nicht auf seine Kosten kommen.

Das Orchester unter der Leitung von Thomas Leyer trug dazu leider bei. Nahezu fehlende dynamische Differenzierung, unsaubere hohe Streicher und besonders im 3. Akt verstimmte Trompeten ließen das ohnehin dünn besetzte Ensemble traurig dastehen. Ausnahme war allenfalls die Solo-Flöte. Und zu echtem Zusammenspiel konnte Leyer das Orchester weder alleine noch in den Chorszenen bringen.

Der Schlußapplaus im längst nicht vollbesetzten Haus war freundlich und pflichtschuldig. Das Regieteam erhielt auch seine Buhs.




Fazit

Schöne Bühne, gut gesungen, nettes Stück, mäßig gespielt, stockend inszeniert, falsch gefidelt, zu wenig amüsiert!


Fotos




Weitere Aufführungen

in Gelsenkirchen

November: 7., 10., 23., 28.
Dezember: 4., 8., 14., 31.
Januar: 3., 4., 31.
Februar: 8., 16., 21.
März: 1., 16.

in Wuppertal

März: 29. (Premiere)
April: 2., 6., 11., 13., 19., 23.
Mai: 16., 19., 23., 31.
Juni: 13.


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