Premiere am Schillertheater NRW im Musiktheater Gelsenkirchen am 1. Februar 1997
Evita - Susanne Dengler Peón - John Riley - Schofield Ché - Ulrich Wewelsiep Magaldi - Georg Hansen Peróns Geliebte - Sabine Murza Ein Mädchen - Elisa Nelson
Die Handlung wird in zwei Strängen erzählt.
Was übrig bleibt, ist ein recht netter Bilderbogen aus den Stationen in Evitas Leben.
Ausser Standardgesten hat Dick Top für die Rolle der Evita nichts vorgesehen. Das ist sinnvoll, wenn das schematische und puppenhafte der "offiziellen" Evita deutlich gemacht werden soll. Ein Kontrast zu den Kommentaren fällt aber wegen der Unverständlichkeit der Kommentare nicht auf. Dem Evita - Strang des Musicals fehlt bereits in der dramaturgischen Anlage eine geschlossene Form, die der Handlung Spannung geben kann. So bleiben die Evita - Bilder statuarisch. Sie ziehen in hübscher Reiehnfolge vorbei. Dabei bleibt es.
Der Zusammenhalt und die Spannung der Handlung ergeben sich allein aus den Kommentaren. Der Kommentator hat den Namen "Ché". Gemeint ist der kubanische Revolutionär Che Guevara Serna. Diese Namenswahl erscheint auf den ersten Blick willkürlich, erhält einen Sinn aber daraus, daß die Kommentare von dem Wirken Evitas und dem Peronismus als Revolution handeln. Was von der staatlichen Propaganda als Revolution von Oben "verkauft" wurde, war in Wirklichkeit eine Methode des staatlichen Machterhalts. Der Peronismus war eine eigene Mischung aus faschistischen und sozialistischen Ideen. Der brutale Staatsapparat versteckte sich hinter der Wohltätigkeit der First Lady. Die Wohltätigkeit wurde durch einen ununterbrochenen Medienrummel um die "heilige Evita" ausgeschlachtet. Das ist im wesentlichen der Inhalt der Kommentare.
Dick Tops Regiekonzept konzentriert die vitalen Impulse der Handlung in der Rolle des Ché. Als zynischer Außenseiter ist Ché der einzige, der nicht typisiert wird, sondern als Individuum auftritt. Er bewegt sich frei, schnell und unberechenbar. Die Qualität dieser schlüssigen Anlage wird leider durch die schlechte Tonaussteuerung verdorben.
Susanne Dengler hat als Evita wenig Möglichkeiten, sich vielseitig zu zeigen. Ihre Darstellung bleibt in den Standardgesten des Klischees. Ihre Stimme klingt schrill in den Höhen und trocken in der Mittellage. Es ist nicht auszumachen, ob das auch die Folge der schlechten Tonaussteuerung ist.
John Riley - Schofield als Perón ist der einzige Sänger, der von der Tonaussteuerung profitiert. Er nutzt die Verstärkung dazu, seine Stimme nie anzustrengen. Er führt sie entspannt durch die Partie. Dadrch kann er während das gesamten Abends mit warmem Klang weite Bögen ziehen. Es macht Spaß, das zu hören.
Sabine Murza als verstossene Gliebte Peróns hat nur ein einziges Lied zu singen, macht das aber so anrührend schön, daß man während ihrer kurzen Partie alles andere vergißt und nur noch zuhören möchte. Darstellung und Stimme passen zusammen. Die Tonaussteuerung funktioniert. Zum einzigen Mal am Abend ist alles im Gleichgewicht und fängt an zu leben.
Ulrich Wevelsiep bewältigt mit der Partie des Ché die umfangreichste und vielfältigste Aufgabe. Seine Energie und seine Beweglichkeit beleben den etwas starren Rahmen der Evita - Bilder. Die helle, leichte Stimme entfaltet sich im Laufe des Abends immer mehr und hat ihre stärksten Momente in den verzweifelten Wut- und Zornausbrüchen , mit denen Ché auf die beschämende Manipulatation der öffentlichen Meinung reagiert. Das intellektuelle Feuer des Textes geht leider verloren.
Koen Schoots hat die Musik geschickt arrangiert. Dem relativ klein besetzten Orchester ermöglicht er vielseitige Klangfarbenmischungen. Zwischen sinfonischem Vollbad und knallhartem Rocksound bleiben keine Wünsche offen. Sein souveränes Dirigat führte alle Beteiligten sicher durch den Abend.
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