Premiere des Schillertheater NRW in Zusammenarbeit mit der Bundesgartenschau Gelsenkirchen 1997 und dem WDR am20. Juni 1997 auf der Freilichtbühne der Bundesgartenschau Gelsenkirchen 1997
Besetzung
Guido, Herzog von Urbino - Hans Hermann Ehrich Caramello, Leibbarbier des Herzogs - Gerhard A. Siegel Annina, ein Fischermädchen - Regine Hermann Ciboletta, Zofe bei Delacqua - Anke Hoffmann Pappacoda, Makkaronikoch - Simon Ginsberg Delacqua, Senator - Joachim Gabriel Maaß Barbara, seine Frau - Beatrix Bardy Enrico Piselli, Kammerdiener des Herzogs - Walter Theil Barbaruccio, Senator - Walter Theil Agricola, seine Frau - Eva Tamuléas Testaccio, Senator - Martin Opar Balbi, Page des Herzogs - Marc Brinckmann Zwei Gaukler - "Ball Paradox": Alexa Vieth und Klaus Borkens
Mitglieder der Neuen Philharmonie Westfalen
Für die Organisatoren muss dieses Wetter ein Albtraum sein. Freilichtbühne mit Szene, oder "konzertante" Aufführung im Zelt? Ein Entscheidungsdruck ohne Wettergarantie!
Bei der Premiere hielten sich die Wolken über Gelsenkirchens Freilichtbühne auf dem Gelände der BUGA den ganzen ersten Akt und die Pause über geschlossen. Pünktlich zu Beginn des zweiten Aktes öffneten sich dann allerdings die Schleusen des Himmels, was die Stimmung des Publikums im kühlen und nassen Halbrund verständlicherweise sinken liess. Rechtzeitig mit dem Ende der Vorstellung hörte der Regen dann allerdings (vorübergehend) wieder auf. Wohl dem, der sich auf dieses feucht-kalte Klima richtig eingestellt hatte.
All diesen Widrigkeiten zum Trotz bemühten sich alle Beteiligten, einen fröhlichen und innere Wärme erzeugenden Karneval in Venedig heraufzubeschwören. Dass sich das nur zum Teil bewerkstelligen liess kann man den Ausführenden sicherlich nicht anlasten.
Christoph König feuerte das Orchester der Neuen Philharmonie Westfalen so richtig an und diese spielten zum Teil in richtiger Operettenlaune auf (Kontaktschwierigkeiten mit der Bühne und eine nicht immer optimale Klangbalance sind bei so einer Freilichtaufführung - mit elektronischer Klangverstärkung - ohnehin kaum zu vermeiden).
Das Solistenensemble war hervorragend ausgewählt! Jede Partie war im Einklang mit dem stimmlich wie darstellerisch entsprechenden Charakter, der Ausstrahlung und der äusseren Erscheinung der Protagonisten trefflichst besetzt. Grandios die als "Flaggschiff" kostümierte Eva Tamuléas als Frau des Senators Barbaruccio, die sich mit ihrer Damenriege rigoros dem Vorhaben der Senatoren (den Herzog aus der Stadt zu verbannen) entgegenzusetzen wusste und auch sonst das Szepter fest in der Hand zu halten schien.
Hans Hermann Ehrich als Herzog von Urbino ist zwar nicht der grosse Verführer, aber seine "gesellschaftliche Überhöhtheit" bringt er überzeugend zum Ausdruck. Dass sich die zahlreichen Damen so auf ihn stürzen hat ja schliesslich auch andere Gründe, nämlich die Vergabe von einträglichen Stellen für ihre Männer. Die Alternativbesetzung mit Thomas Piffka bzw. Nikolai Andrej Schukoff ist für die Damen da schon wesentlich attraktiver.
Das Paar Pappacoda-Ciboletta (Simon Ginsberg und Anke Hoffmann) stand dem Paar Caramello-Annina (Gerhard A. Siegel und Regine Hermann) in nichts nach und zusammen sorgten sie für ein geschwindes und temperamentvolles Verwirrspiel. Die arme Regine Hermann musste dabei den ganzen ersten Akt barfuss überstehen, und das bei diesen Temperaturen! Nicht nur dafür verdient sie ein Sonderlob.
Auch Joachim Gabriel Maaß als aufgeblasener Senator Delacqua, Beatrix Bardy als dessen pfiffige Frau Barbara und Walter Theil als Kammerdiener des Herzogs und Senator Barbaruccio überzeugten durch stimmliche Prägnanz und spielerischen Einsatz.
In der einfachen aber sehr wirkungsvollen Dekoration von Dieter Flimm liess Dick Top auf dem erweiterten Territorium der Bühne sowohl die Solisten, als auch den Chor, die Statisten und die Gaukler ordentlich und gut sortiert agieren. Die äusserst effektvollen Kostüme von Ute Frühling vervollständigten den Eindruck eines opulenten Festes.
(WDR) = WDR-Fernsehaufzeichnung