Oper in zwei Akten Musik von Ludwig van Beethoven Text frei nach dem Französischen des Jean Nicolas Bouilly von Joseph Ferdinand Sonnleithner und Friedrich Treitschke Auführung mit Zwischentexten: "Roccos Erzählungen" von Walter Jens
Premiere am Aalto Musiktheater in Essen am 21. Juni 1997
Don Fernando: Karl-Heinz Offermann Don Pizarro: Siegmund Nimsgern Florestan: Jeffrey Dowd Leonore: Yvonne Wiedstruck Rocco: Vidar Gunnarsson Sprecher des Rocco: Hans Teuscher Marzelline : Inga Fischer Jaquino: James McLean 1. Gefangener: Rainer Maria Röhr 2. Gefangener: Richard Medenbach
Die Aufführung, die nun gegen Ende dieser Spielzeit am 21. Juni unter der Leitung von Hauschild Premiere hatte, war allerdings keineswegs eine reine konzertante Umsetzung der Oper. Zu sehen war wesentlich mehr, denn das Konzert wurde von Christian Tombeil regelrecht in Szene gesetzt. Auf einer schrägen, kleineren Fläche oberhalb des Orchesters agierten die Sänger auch gestisch, traten szenisch auf und zogen sich nach ihrem Einsatz wieder zurück. Zur Ergänzung der Bühnenwirkung wurde das Spiel auf der Fläche sorgsam ausgeleuchtet. Der Chor hatte ebenfalls seine angewiesenen Aufritte und zeigte sich in Alltagskleidung kostümiert, denn solche gehört ja für gewöhnlich nicht ins Konzert.
Diese Aufführung war ein merkwürdiges Zwischending zwischen Konzert und Inszenierung, gleichwohl es interessant und unterhaltsam gemacht war. Spannend und außerordentlich lohnend wurde der Abend vor allem dadurch, daß, gezielt eingesetzt zwischen den einzelnen Nummern der Oper, ein Text von Walter Jens verlesen wurde. Jens schildert die Fidelio-Geschichte aus der Sicht des Kerkermeisters Rocco und gibt so eine anregend unerwartete Perspektive auf die Geschehnisse. Was für ein Erlebnis, diesen hervorragenden Text differenziert vorgetragen zu der Musik der Oper zu hören! Außerdem war so, gepaart mit der szenischen Personenführung des Konzertes, das Publikum stets genau im Bilde, an welcher Stelle der Handlung die vorgetragene Oper sich gerade befand.
Das Orchester bildete einen ausgezeichneten Klangkörper. Konzentriert und anspruchsvoll formte es die Musik unter der Leitung von Hauschild. Nur geringe Unstimmigkeiten gegen Ende waren im Zusammenklang mit den Sängern zu hören. Die Solisten befanden sich wohl noch nicht alle ganz in Hochform. Die Ensembles klangen nicht organisch zusammen. Von Yvonne Wiedstruck als Leonore waren zudem noch einige Unsicherheiten in der Intonation zu verzeichnen. Diese Schwierigkeiten sind aber sicher noch zu beheben.
Geboten wurde gerade zusammen mit dem verlesenen Text ein überaus eindrucksvoller Abend, den man nicht missen möchte. Gut eigentlich, daß durch die personalen Differenzen am Essener Opernhaus nun zwei Aufführungsvarianten des Fidelios entstanden. So kann man nach diesem lohnenden, völlig anderem Abend in der alten Spielzeit sich auch noch auf die kommende Aufführung der Hilsdorfschen Inszenierung freuen. Diese wird zu Beginn der nächsten Spielzeit am 20.9. in Essen Premiere haben.