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Ballettabend mit Balletten von Hans van Manen

Premiere des Balletts der Deutschen Oper am Rhein
am 05.04.1997 im Stadttheater Duisburg

Besetzung
Rezension
Fazit
Fotos
weitere Aufführungen
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von Annette van Dyck


Besetzung

Choreographie: Hans van Manen
Einstudierung: Mea Venema
Musikalische Leitung: Wen-Pi Chien
Das Ballett der Deutschen Oper am Rhein
Die Duisburger Sinfoniker

Three Pieces

Musik von Grazyna Bacéwicz, Musik für Streichorchester, Trompeten und Schlagzeug

Bühne und Kostüme: Jan van der Wal
Licht: Jan Hofstra

Tänzer und Tänzerinnen: Alicia Olleta, Vladimir Karakulev Sandy Delasalle, Jörg Mannes Michal Matys u. a.

Visions fugitives

Musik von Sergej Prokofjew

Bühne und Kostüme: Keso Dekker
Licht: Joop Caboort

Tänzer und Tänzerinnen:

Corinne Verdeil, Jhane Hill
Sandy Delasalle, Jörg Simon
Alicia Olleta, Guy Albouy


Black Cake

Musik von Peter Tschaikowsky (Symph. Nr. 6 h-Moll op. 74 Pathétique, 3. Satz, Allegro molto vivace), Leos Janácek (Suite für Streichorchester, Adagio), Igor Strawinsky (Scherzo à la russe), Pietro Mascagni (Intermezzo aus der Oper "L'Amico Fritz"), Jules Massenet, Méditation aus der Oper 'Thais'

Bühne und Kostüme: Keso Dekker
Licht: Joop Caboort

Tänzer und Tänzerinnen:

Maria Antonova, Jörg Simon
Alicia Olleta, Igor Antonov
Corinne Verdeil, Guy Albouy

Katia Pagano, Olivier Deguine
Macarena Ramos, Sergei Ignatjev
Eva Zamazalová, Michal Matys



Vom Wesentlichen der Bewegung oder Daß Ballett auch Satire sein kann...

ALLGEMEINES

Leider verabschiedete sich kurzfristig meine Festplatte, bevor die Rezension zu dem Manen-Abend fertig war. Daher gibt es nun ein etwas spätes und relativ kurzes Statement meinerseits, das ich mir vor allem deswegen nicht verkneifen kann, weil meine bezahlten Kollegen von der Tagespresse einen Schmus sondergleichen hingelegt haben (keine Namen). Aber dazu später.

Zunächst ist festzuhalten, daß auch das Duisburger Theater bzw. das Duisburger Publikum - wie man will - es zu der Peinlichkeit hat kommen lassen, daß diese Premiere nicht ausverkauft war. Man verzeihe mir die gewundene Formulierung: hier äußert sich nur meine mühsam unterdrückte Empörung über das ignorante Desinteresse an einer Kunst, die im zwanzigsten Jahrhundert der Oper als zeitgenössischem Bühnenereignis schon seit langem den Rang abgelaufen hat.

Als einer der bedeutendsten Choreographen unserer Zeit gilt Hans van Manen, und dieser Abend hat seinen Ruf wieder kräftig bestätigt. Mit seinen Schrittfolgen knüpft van Manen vor allem an die Tradition des 'Modern Dance' an; es gibt keinen Spitzentanz, keine Pirouetten oder andere typisch ballett-klassische Elemente wie Tüllröcke oder romantische Geschichten, sondern das Repertoire ist stärker als die Choreographien des traditionellen Balletts an alltäglicher Gestik orientiert und appelliert an unsere Kenntnis dieser Gestik.

DIE CHOREOGRAPHIEN

Three Pieces ist ein Ballett über so grundsätzliche Themen wie die Beziehungen zwischen Mann und Frau, zwischen einem und vielen Menschen, bzw. einem und einem Paar, schließlich auch über Menschen in Gruppen. Jede der vielen unterschiedlichen Situationen charakterisiert van Manen ausschließlich durch seine Gestaltung von Bewegung. Die Art, wie ein Mann und eine Frau zusammen über die Bühne gehen, kann eine sehr deutliche Aussage über das Verhältnis zwischen beiden sein; ebenso verstehen wir Gesten von Qual, Isolation oder krampfhafter Kontrolle auch, ohne daß gleich eine ganze Geschichte darumherum erzählt werden muß. Van Manens Choreographien sind gleichwohl von sorgfältiger Dramaturgie geprägt: seinen Höhepunkt findet das Ballett zu der an Kompositionen von Mussorgsky und Bartok erinnernden Musik Bacéwiczs in der Gruppenchoreographie des dritten Stückes. Blockhafte und raumgreifende Verteilungen der Tänzer und Tänzerinnen geben der Bewegung statischen oder dynamischen Charakter, deutlich abgesetzt von den solistischen Einlagen des 'emanzipierten' und des 'konventionellen' Paares. Die Kostüme in Visions fugitives, dem zweiten Stück des Abends, bestehen nur aus hautengen, von den Schultern bis zu den Füßen schmal gestreiften Trikots. Sie korrespondieren in ihrer Ausgefallenheit mit der atemberaubenden, die emotionalen Grenzen des Betrachters herausfordernden Geschehnisdichte des Tanzes - ganz anders die konventionelle Kleidsamkeit der Männerunterhemden und Frauenkorsetts mit Seidenstrümpfen in Three Pieces!

Den Tänzern und Tänzerinnen der Visions fugitives gebührt das hohe Lob des Abends; denn sie hatten nicht nur den akrobatisch schwierigsten Part zu absolvieren, die spürbare atmosphärische Intensität der oft sehr kurzen Bilder war nicht zuletzt ihrer konzentrierten Darstellung der 'Fluchten' vor sich selbst, dem oder den anderen oder vor dem Leben zu verdanken. Die drei Paare Corinne Verdeil, Jhane Hill, Sandy Delasalle, Jörg Simon, Alicia Olleta und Guy Albouy ließen sich nicht einmal von den durch Prokofjews Komposition hin und wieder überforderten Duisburger Sinfonikern aus der Ruhe bringen.

Letztere mußten aber auch ein Programm absolvieren, das sich hören lassen kann: dem Prokofjew folgten außer dem parodistischen Scherzo von Strawinsky und dem einer Rumba ähnlichen Adagio von Janacek die Creme de la Creme tiefromantisch-pathetischer Kompositionen-Highlights von Tschaikowsky, Mascagni und Massenet. Dies alles als Untermalung einer - und hier widerspricht meine Interpretation diametral den sonst abgedruckten Rezensionen - gnadenlos bösen Parodie auf populäre Paartanz-Wettbewerbe.

Van Manen hat alles aufgeboten, was das Repertoire dieser Veranstaltungen vorschreibt: die schwarzen Hemden und Hosen der Herren, die glitzernden Kleidchen der Damen, alles mit erotischen Anspielungen versehen, die Paartanz-Haltung, die merkwürdigen vorgeschriebenen Figuren und Drehungen, die geometrischen Raumaufteilungen der Formationen und - kennen Sie diese Zahnrad-Figur? Wenn zwei Reihen von Paaren im 90 Grad Winkel zueinander alle gleichzeitig auf die andere Seite des Raumes wechseln, ohne sich umzuwerfen? Ich weiß leider nicht den Fachbegriff (kennt sich da jemand aus?), aber es war alles da: auch dieses fugierte Umfallen der Damen in die Arme der Herren - einfach köstlich!

Das Ganze steigerte sich zu einer Parodie auf die typischen Tänze: immer wenn man sich im Bewegungsstil sicher wähnte, knickten den Damen plötzlich die Beine weg, wurden die Herren gehoben oder irgendwelche Gliedmaßen unpassend verrenkt, wodurch das Künstliche und Übertriebene des parodierten Tanzstils nur noch deutlicher hervorstach. Wer hätte gedacht, daß Ballett auch Satire sein kann!

Am bissigsten gestaltete van Manen aber die Choreographie zu der süßlichen Méditation von Massenet: alle Tänzer und Tänzerinnen strebten nach dem anstrengenden 'Formationstanzen' nur nach einem Ziel - ein Glas Sekt in die Hand zu bekommen. Dementsprechend immer lockerer und ungenauer wurden die Schrittfolgen... Van Manen choreographierte ein grandioses Besäufnis!




Fazit

PUBLIKUMSREAKTIONEN UND FAZIT

Besonders das letzte Ballett amüsierte das Publikum und erhielt viel Applaus; geradezu begeistert zeigte sich das Publikum aber, als Hans van Manen in mittlerweile fast 65jähriger Person die Bühne betrat.

--- Ich habe gar nicht viel über das Ballett der Deutschen Oper geschrieben, aber seien Sie versichert, daß die Präzision und Professionalität der Düsseldorfer Tänzer und Tänzerinnen nicht zu wünschen übrig läßt. Die Truppe harmoniert ideal und jeder solistische Auftritt besticht durch gleichermaßen schauspielerische wie tänzerische Perfektion. - Ein wunderbarer Abend!




Fotos
(Eduard Straub)

Black Cake

  • Sandy Delasalle, Jörg Mannes



  • Visions fugitives

  • Sandy Delasalle, Jörg Mannes

  • Corinne Verdeil, Jhane Hill
    Sandy Delasalle, Jörg Simon
    Alicia Olleta, Guy Albouy



  • Three Pieces

  • Alicia Olleta, Igor Antonov




  • Weitere Aufführungen

    Mai: nur noch am 20.5. in Düsseldorf!!!
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