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Les Troyens

Große Oper in fünf Akten
von Hector Berlioz
Dichtung vom Komponisten

in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere am Theater Dortmund
am 21. September 1997

Von Meike Nordmeyer / Fotos von Andrea Kremper



Kassandra und Dido singen an einem Abend
Vollständige Aufführung der Trojaner in Dortmund

Die Oper von Berlioz über das Geschick des trojanischen Volkes steht in dem Ruf, zu umfangreich zu sein, um sie an einem Abend aufzuführen. Das ist merkwürdig, denn sie ist nicht länger als so manche Wagner-Oper. Dennoch werden "Die Trojaner" häufig auf zwei verschiedene Abende aufgeteilt, und die Meinung hat sich durchgesetzt, es handele sich eigentlich um zwei Opern von Berlioz.

Zusammenhängen könnte diese Behandlung der großen Oper von Berlioz damit, daß das Werk tatsächlich aus zwei verschiedenen Teilen besteht. Das ist zuerst die Geschichte des trojanischen Krieges mit dem hölzernen Pferd und der vergeblichen Warnung von Kassandra. Anschließend wird von dem Aufenthalt der geflüchteten trojanischen Krieger in Karthago und der Liebe des Trojaners Aeneas und der Königin Dido erzählt. Geht es zwar dem Titel der Oper nach um das trojanische Volk, so stehen doch im Zentrum der Darstellung zwei Frauengestalten: erst Kassandra, dann Dido.

Berlioz erlebte übrigens selbst auch nur die Aufführung des ersten Teils seiner Oper. Die vollständige Gestalt mit ihren beiden Teilen wurde erst 1969, hundert Jahre nach dem Tod des Komponisten, in Glasgow uraufgeführt. In Dortmund ist die Geschichte der beiden Frauen nun an einem Abend unter der Regie von John Dew zu erleben.

Die Erzählung der Oper beginnt vor den Toren Trojas, wo die griechischen Belagerer nach ihrem Rückzug allerlei zurückgelassen haben. Die Dortmunder Inszenierung zeigt Bretter, Holzbauten, umgekipptes Gerät, alles in Erdfarben, von Nebel und Lichtstrahlen durchzogen. Die Gestaltung der Szene ist einer bestimmten Ästhetik der vielen neuen Musicals nicht fern. Es passiert indessen wenig auf der Bühne, es gibt kaum Bewegung, außer daß immer wieder neue Nebelwölkchen nachgereicht werden. Die Regie zeigt über die Bühnengestaltung hinaus keine weiteren Bemühungen. Effektvoll wird schließlich ein echt gezimmertes hölzernes Pferd hereingezogen, das sehr groß ist aber doch wiederum nicht groß genug, um nicht wie ein lustiges freundliches Tierchen zu wirken.

Foto: DORTMUND/Les Troyens Der zweite Teil in Karthago gibt sich ästhetisch und farbschön. Ein goldener Palast auf grüner Wiese vor azurnem Himmel, edle Gewänder und eine strahlend schöne Dido erfreuen das Auge. So bleibt der Anblick aber unverändert, in unschuldiger Geselligkeit finden die Begebenheiten auf dem königlichen Rasen statt. Das Ballet im vierten Akt hat in den Gesellschaftstanz recht witzig einen Schuß Travolta-Pose und Musical-Laune eingearbeitet, die ironische Brechung kann aber nicht ganz gelingen, wenn die Inszenierung der Musical-Bildersprache selbst etwas zuneigt. Beim Liebesduett von Aeneas und Dido gibt es dann noch Glamour und Sternenhimmel. Die szenische Umsetzung der umfangreichen Oper "Die Trojaner" ist sicherlich eine schwierige Angelegenheit. Die Dortmunder Inszenierung ist soweit recht ordentlich ausgeführt worden, sie erweist sich im ganzen aber als uninspiriert. Zunehmend verträumt wird sie schließlich wirklich langatmig.

Das Orchester entwickelt sehr konzentriert die lange Partitur, manchmal fehlt es allerdings etwas an Intensität. Das große Ensemble und der umfangreiche Chor erbringen ausgesprochen gute Leistung. Jane Casselmann stellt überzeugend die Kassandra dar. Kraftvoll erklingt auch Norbert Schmittberg als Aeneas. Besonders beeindruckt aber Sonja Borowski-Tudor als Dido. Sie zeigt starke Bühnenpräsenz. Höchst dramatisch drückt sie schließlich den Zorn und Schmerz der Königin aus, als diese erfährt, daß Aeneas sie nun verlassen wird. Ein Höhepunkt des Abends bildete zuvor auch das zart musizierte Duett von Dido mit ihrer Schwester Anna, die gesungen wird von Gundula Schneider.

Bei dieser soliden Leistung der Musiker wird dem Zuhörer schon einiges geboten. Wenn der Abend aber trotzdem seine Längen hat, liegt das wohl weniger an dem enormen Umfang der Oper, sondern an der unbewegten Inszenierung.

FAZIT:

Etwas Besonderes ist sicherlich, die selten gespielte Oper von Berlioz an einem Abend zu erleben. Die Ausführung insgesamt ist ordentlich gemacht, sie begeistert aber nicht.

Logo: Theater Dortmund

Musikalische Leitung
Anton Marik

Inszenierung
John Dew

Bühne
Thomas Gruber

Kostüme
José Manuel Vazquez

Choreinstudierung
Granville Walker

Choreographie
Ralf Rossa


Solisten

Aeneas
Norbert Schmittberg

Kassandra
Jayne Casselman

Choroebus
William Killmeier

Pantheus
Gregory Frank

Priamus
Thomas Mehnert

Askanius
Marisol Montalvo

Helenus
Hannes Brock

Hekuba
Elisabeth Lachmann

Der Geist Hektors
Lorenz Minth

Andromache
Eva Kovacs

Astyanax
Jörg Wimper

Ein griechischer Heerführer
Matthias Hoffmann

Ein trojanischer Soldat
Sven Ehrke

Dido
Sonja Borowski-Tudor

Anna
Gundula Schneider

Narbal
Karl-Heinz Lehner

Iopas
Christian Baumgärtel

Hylas
Thomas Harper

Zwei trojanische Wächter
Andreas Becker,
Thomas Mehnert

Der Gott Merkur
Sven Ehrke



Ballett des Theaters Dortmund

Der Opern- und der
Extrachor des Theaters Dortmund

Das Philharmonische Orchester Dortmund




Weitere Aufführungen

Oktober '97: 3., 12.



Foto: DORTMUND/Les Troyens

William Killmeier (Chorèbe)
und Jane Casselman (Cassandre)



Foto: DORTMUND/Les Troyens

Norbert Schmittberg (Enée)
und Sonja Borowski-Tudor (Didon)



Foto: DORTMUND/Les Troyens

Sonja Borowski-Tudor (Didon) und
Norbert Schmittberg (Enée)





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