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Der Freischütz


Romantische Oper in drei Aufzügen
Text von Friedrich Kind

Musik von Carl Maria von Weber
Rezitative von Héctor Berlioz
Deutsch von Bernhard Helmich und Daniel Kleiner

Premiere am Theater Dortmund
am 4. Mai 1997

Besetzung
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Von Gerhard Menzel







Besetzung

Musikalische Leitung: Daniel Kleiner
Regie: Wolfram Mehring
Ausstattung: Andrea Eisensee

Ottokar, böhmischer Fürst	-	William Killmeier
Kuno, fürstlicher Erbförster	-	Andreas Becker
Agathe, seine Tochter		-	Monika Krause
Ännchen, eine junge Verwandte	-	Talia Refeld
Kaspar, erster Jägerbursche	-	Gregory Frank
Max, zweiter Jägerbursche	-	Norbert Schmittberg
Ein Eremit			-	Hartmut Bauer
Kilian, ein reicher Bauer	-	Thomas Harper
Samiel, der schwarze Jäger	-	Samir Akika
Vier Brautjungfern		-	Vera Fischer
					Brigitte Strauch
					Renate Höhne
					Margarita Malewska
Chor des Theaters Dortmund
Statisterie des Theaters Dortmund
Das Philharmonische Orchester Dortmund




Ein aus den Rahmen gefallener Freischütz

Weisse, versetzte und verzogene (Bilder-) Rahmen gliedern einen (so) aus dem optischen Gleichgewicht gekommenen schwarzen Bühnenraum. Kleine und mittelgrosse graue Pappfelsen werden von den Mannen des schwarzen Jägers (alle von Kopf bis Fuss schwarz gekleidet und geschmikt) umhergeschoben und umkreisen Max damit während seiner Arie "Durch die Wälder, durch die Auen" (Text: "Doch mich umgarnen finstre Mächte!"). Auch wenn die Bühne, alle Kostüme (bis auf die hellen bzw. weissen Kleider von Agathe, Ännchen und den Brautjungfern) von der Farbe Schwarz dominiert werden, reicht das noch lange nicht, um die (zumindest im Programmheft deutlich gemachten) Angstträume im Freischütz zu visualisieren.

"Für uns ist die Wolfsschlucht im 'Freischütz' ein seelischer Abgrund lebensspendender, jedoch auch gefährlicher Sehnsüchte, sowie Symbol für innere Abhängigkeiten der das Werk tragenden Personen."

(Wolram Mehring)

Ist die optische Realisierung durch das Inszenierungsteam insgesamt schon recht einfallslos, so kann die Personenführung (besonders in den Chorszenen) auch nur in wenigen Momenten zumindest in Ansätzen überzeugen. Hinzu kommt noch eine Ausleuchtung, die durch platte und unsensible Handhabung jeden Anflug von Bedrohlichkeit oder Irrealität zunichte macht; da helfen auch die Nebelschwaden der Wolfsschluchtszene nicht (ganz zu schweigen von dem "Schneewittchensarg" bei der Geistererscheinung der Mutter oder dem Sprung Agathes in den Fluß im kaum sichtbaren Hintergrund)!

Generell wirft sich im Laufe der Aufführung immer wieder die Frage auf, soll hier ein Psychodrama der Alpträume inszeniert werden (s. Zitat des Regisseurs), oder ist alles doch nur Parodie auf eine heute nicht mehr ernsthaft zu realisierende "deutsche Volksoper".

Musikalisch steht es um diesen Dortmunder Freischütz allerdings sehr gut, zumindest was die Ausführung der hier vorgestellten Version betrifft. Daniel Kleiner, als musikalischer Leiter dieser Produktion, legte sich so richtig ins Zeug und brachte die Musik Webers so packend und mitreissend zu Gehör, dass man über die fade Optik - zumindest über weite Strecken - hinwegsehen konnte. Auch die von Granville Walker hervorragend einstudierten Chöre hatten Schwung und die nötige Präzision.

Zu Recht gefeiert wurden die sich stimmlich und musikalisch ausgezeichnet präsentierenden Protagonisten Norbert Schmittberg (Max), Gregory Frank (Kaspar), Talia Rehfeld (Ännchen) und allen voran Monika Krause als überragende Agathe. Ihre grosse Szene zu Beginn des zweiten Aktes war der atemberaubende Höhepunkt des Abends.

Generell muss gelobt werden, dass die "Kunst der leisen Töne" einen wesentlichen Beitrag zu dieser musikalisch höchst gelungenen Produktion leistete. Das gilt nicht nur für die Solisten, sondern vor allem auch für Daniel Kleiner, der das Philharmonische Orchester Dortmund äusserst Differenziert in Dynamik, Tempo und Artikulation musizieren liess und immer die richtige klangliche Ballance traf. Solch ein säuseln und unheimliches grauseln im Orchester hat man schon lange nicht mehr gehört.

Zu der in Dortmund gewählten Version mit den für die Pariser Oper von Héctor Berlioz hinzukomponierten Rezitativen (statt der gesprochenen Dialoge) läßt sich nur sagen, dass diese Fassung das Stück - wie Berlioz selbst schon erkannte, diesen Eingriff aber nicht verhindern konnte - nicht nur stilistisch unmöglich ist, sondern die Proportionen zwischen den (kurzen) geschlossenen Nummern und den überdimensional ausufernden Rezitativen völlig über den Haufen wirft.

Davor blieb man in Dortmund zum Glück verschont, da nur ein kleiner Teil der komponierten Rezitative wirklich zur Aufführung kam., Das gehörte reichte allerdings schon völlig aus, um dieses Missgeschick der Musikgeschichte deutlich werden zu lassen. Nun sind es jedenfalls nicht mehr nur Vorurteile, die sich immer gegen diese Rezitativfassung stellten, sondern hautnah erlebte Theatererfahrung!

"Ich fand bei der Aufführung - wunderbar, daß ich es sage! - zu meinem Bedauern, daß Herr Berlioz bei der Abfassung der Rezitative von aller ehrgeizigen Absicht vollkommen abgestanden war und sich bemüht hatte, seine Arbeit gänzlich in den Hintergrund zu stellen. Zu meinem Bedauern, sagte ich, habe ich dies gefunden, weil der Freischütz bei diesem Verfahren nicht nur, wie es vorauszusehen war, entstellt, sondern zugleich grenzenlos langweilig gemacht worden ist."

(Richard Wagner)




Fazit
Ein zum Teil unausgegorenes Konzept, eine Portion szenisches Unvermögen und die unsäglichen Rezitative von Héctor Berlioz schaffen es - dank der musikalisch hochkarätigen Ausführung durch das Dortmunder Ensemble - nicht, Webers eindrucksvolles Meisterwerk den Garaus zu machen.




Fotos




Weitere Aufführungen

Mai '97: 10., 11., 18., 28.
Juni '97: 7., 18., 19., 27.


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