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Palestrina Musikalische Legende in drei Akten Text vom Komponisten Musik von Hans Pfitzner
Premiere der Deutschen Oper am Rhein
Eine Koproduktion mit dem
Von Margot Leins
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Fotos von Eduard Straub
Eine große 'Künstler'-Oper vom Beginn der Neuzeit überzeugend inszeniertWer würde vermuten, daß ein Disput über Kirchenmusik während des Trienter Konzils (im Jahre 1563) sowohl inhaltlich als auch musikalisch den Stoff für einen höchst spannenden Opernabend liefern könnte ? Die Hauptperson ist Giovanni Pierluigi Palestrina, ein auch weltlich-musikalischen Einflüssen aufgeschlossen gegenüberstehender Kirchenmusiker, der nach dem Tod seiner Frau in einer Schaffens- und Lebenskrise steckt.
Foto 1: Ausgerechnet in dieser Situation wird er von seinem Freund Kardinal Borromeo dazu ausersehen, die (Kirchen-)Musik vor einem von Papst Pius IV. gewünschten 'Rückfall' in die Gregorianik zu retten, nämlich durch die Komposition einer Messe, die kirchliche Tradition mit neueren musikalischen Entwicklungen (der mehrstimmigen Figuralmusik) versöhnt.
Foto 2: Palestrina traut sich dies nicht mehr zu und weigert sich, wird aber im weiteren Verlauf von neun ihm erscheinenden verstorbenen Meistern der Tonkunst an seine Pflicht als Komponist gemahnt. Schließlich sieht er 'den Himmel offen' und göttliche Inspiration, als Engel personifiziert, gibt ihm das geeignete Werk ein. Palestrina landet trotzdem im Gefängnis, da er die so entstandene Messe der Kirche vorenthält. Nun ist der Zuschauer begierig, diese neuartige Musik zu hören, wird aber stattdessen Zeuge einer Sitzung des Trienter Konzils und erhält so aufschlußreiche, z.T. amüsante, jedenfalls stets interessante (und selbstredend keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhaltende) Einblicke in die Kirchengeschichte.
Foto 3:
Beim Konzil geht es - im krassen Gegensatz zu Palestrinas Begegnung mit himmlischen Spähren - sehr weltlich zu.
Die einzelnen Delegationen sind nicht nur in Optik und Temperament landestypisch geprägt, sondern bestehen auch aus unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Ein Fest für jeden Kostümbildner und hier verdient Bettina J. Walter für ihre liebevoll-detailgenauen Variationen u.a. kirchlicher Roben großes Lob !
Foto 4: Im letzten Akt gelangt Palestrinas Messe durch die Vermittlung seines Sohnes Ighino, der seinen Vater so aus der Gefangenschaft erlöst, doch noch zur umjubelten Aufführung vor dem Papst und Palestrina wird als Retter der Kirchenmusik gefeiert. Obwohl er zu höchsten Ehren kommt, bleibt er seiner überirdisch-abgehobenen Sphäre verbunden - die Inspiration verläßt ihn fortan nicht mehr.
Pfitzner selbst hat das Libretto verfaßt, wobei er mit historischen Quellen u.a. über das Trienter Konzil sehr frei umging. Pfitzner kontrastiert in seiner Komposition die himmlische bzw. innere Welt Palestrinas mit der äußeren Welt der (Kirchen-)Politik. Der erste Akt endet höchst pathetisch mit der Engelszene, danach wird im zweiten Akt dialogisch das Konzilsgetriebe beschrieben, wobei Pfitzner in der Schilderung der musikalischen Charaktere großen Phantasiereichtum beweist. Das Düsseldorfer Sänger-Ensemble (fast alle männlichen Mitglieder einschließlich des Chores waren gefordert) gestaltete speziell diesen zweiten Akt musikalisch und schauspielerisch bravourös: Lebendig, individuell (wunderbar grotesk Roderic Keating als greisenhafter Patriarch von Assyrien; Stefan Heidemann als temperamentvoller, arroganter spanischer Edelmann; Bruce Rankin als bauernschlauer, geschwätziger Bischof von Budoja...) und die Spannung beständig aufbauend bis zur 'Explosion'.
Auch die Düsseldorfer Symphoniker unter dem souveränen Dirigat von Hans Wallat zeigten sich der musikalischen Bandbreite des Werkes gewachsen, bewiesen Flexibilität und Vielschichtigkeit.
Foto 5: William Cochran verlieh Palestrina nicht nur sängerisch - etwa durch Stimmgewalt an entsprechenden Stellen - Glaubwürdigkeit, sondern auch durch sein schauspielerisches Talent. Innenschau, Verzweiflung über seine Berufung und den Empfang höherer Inspiration wirkten authentisch.
Foto 6: Lisa Griffith als Ighino und Kristina Hammarström als Silla (ein Schüler Palestrinas) überzeugten durch wohltuend klaren, nicht-prätentiösen Gesang und ihr natürliches Spiel. Durch sie erhält das übermächtige Pathos des ersten Aktes einen Gegenpol.
Tobais Hoheisels Bühnenraum, bestehend aus drehbaren Elementen, die sich sowohl zum offenen Halbrund des Zimmers Palestrinas, als auch zum rundgeformten Konzilsgebäude fügen lassen, besticht durch Funktionalität und schlichte Schönheit der Formen.
Eine absolut lohnenswerte Opernerfahrung wagnerschen Ausmaßes. Nicht nach dem ersten Akt aufgeben ! |
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Choreinstudierung Solisten
Giovanni Pierluigi Palestrina,
Ighino, sein Sohn, 15 Jahre
Silla, sein Schüler, 17 Jahre
Papst Pius IV.
Giovanni Morone,
Bernardo Novagerio,
Kardinal Christoph Madruscht,
Carlo Borromeo, römischer Kardinal
Der Kardinal von Lothringen
Abdisu, der Patriarch von Assyrien
Anton Brus von Müglitz,
Graf Luna,
Der Bischof von Budoja,
Avosmediano,
Ein spanischer Bischof
Theophilus, Bischof von Imola,
Dandini von Grosseto
Bischof von Feltre
Bischof von Fiesole
Ein junger Doktor
Bischof Ercole Severolus,
Kapellsänger von St. Maria Maggiore in Rom
Tuomas Pursio Helmut Pampuch Jörg Schneider Malcolm Smith
Meister
Peteris Eglitis Stefan Heidemann Günter Missenhardt Helmut Pampuch Tuomas Pursio Bruce Rankin Jörg Schneider Malcolm Smith
Erscheinung Lukrezias
Engelstimmen
Alexandra von der Weth Katharina Wingen
Die Düsseldorfer Symphoniker Bühnenmusik: Volkmar Olbrich
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