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Musiktheater
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Die Zauberflöte


Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Emanuel Schikaneder

Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

(Aufführung in deutscher Sprache mit niederländischen Übertiteln)

 

Wiederaufnahme von De Nederlandse Opera Amsterdam
am 5. März 1999

 Von Koert Braches / Fotos von Marco Borggreve und "Ruthwalz" 






Verspielt... und manchmal bezaubernd schön!

Als 1995 die Neuinszenierung der Zauberflöte von De Nederlandse Opera, deren Wiederaufnahme hier rezensiert wird, zur Aufführung gelangte, ging eine Welle der Unzufriedenheit durch die niederländische Medienlandschaft. Die Zusammenarbeit mit dem niederländischen bildenden Künstler Karel Appel mache aus dem ehrwürdigen Musiktheaterspiel eine Soap-opera in der die Musik hinter dem Bühnenbild zurückbleiben würde.
Man kann sich tatsächlich dem Eindruck nicht entziehen, daß das Bühnenbild besonders üppig und vor allem farbig gestaltet ist. Schon die Anfangsszene, in der Tamino von einer Schlange verfolgt wird, die sich in zweifacher gestalt, einmal als kriechendes Ungeziefer mit unzähligen Menschenbeinen und einmal als eine sich hoch emporhebende farbenprächtige Raupe in Babyspielzeugqualität dem Publikum präsentiert, gibt Aufschluß über die Zeichen die Regisseur und Bühnenbildner setzen möchten: Mozart ja, Zauberflöte ja, aber bitteschön einmal anders!

Dabei wird, im Gegensatz zu manch' andere Operninszenierung, nicht das aus dem Auge verloren, was Die Zauberflöte auch beinhaltet: Die Initiierung zweier Menschen, die in ihrer Anlehnung an die Freimaurersymbolik die ernste und auch "gesellschaftskritische" Komponente der Oper darstellt. Zwar wurde manche weniger logische Bühnendarstellung bestimmter Szenen gewählt, sie beeinträchtigen immerhin nicht die Wirkung der eigentlichen Erzählung, des inhaltlichen Zusammenhangs der Oper.

Foto: Szenenfoto Foto 1:
Erster Aufzug, elfter Auftritt: Pamina (Christine Schäfer) werden in einer abgottähnlichen Statue von Monostatos' Sklaven die Fessel angelegt.

Ein neugeträumter Traum dieser Oper wollten die Verantwortlichen schildern. "Ein sinnliches Fest von Licht und Farbe", wie es in der hauseigenen Opernzeitschrift "Odeon" heißt. Die Traumbilder schwanken zwischen Humor (Papageno mit mehreren tanzenden, hüpfenden und gar fliegenden Menschen in Vogelgestalt, die drei Knaben im Spielzeugflugzeug) und Ernst (strenge Geometrie der verschiedenen Tempelbereiche) mit manchmal alptraumhaften Einlagen (der dunkle Machtbereich Monostatos' und die giftige Farbenpracht der Königin der Nacht.)

Wenn auch das Bühnenbild ein einprägsames Grundgerüst der Handlung gibt, war die Leistung der Regie, zumindest in dieser Premierenaufführung der Wiederaufnahme der Zauberflöte, nicht immer klar erkennbar. Der albern rumtänzelnde Monostatos, der auch stimmlich viel zu wünschen übrigließ, machte leider sehr deutlich, daß eine gute Personenführung nicht nur äußerst wichtig, sondern in einer solchen beweglichen Oper gar entscheidend ist für die Funktion der Erzählung. Auch vereinzelte Personenregieentscheidungen bei den anderen Darstellern waren manchmal unklar oder in einigen Fällen leider auch etwas verwirrend. Dieser Verwirrung fiel leider auch die äußerst dramatische Szene zum Opfer, in der Pamina sich selbst mit dem Messer, mit dem Sie Sarastro töten soll, erstechen will. Mag auch das Problem des Messerselbstmordes auf der Bühne für Regisseure immer wieder zu Probleme führen, hier stand die dramatische Ausarbeitung in zu krassem Gegensatz zu der von Christine Schäfer als Pamina musikalisch gut dargestellten Verzweiflung.

Insgesamt hob die musikalische Dramatik, einige Ausnahmen (darunter der Erstauftritt der Königin der Nacht, in der Musik und Regie zu gleichen Teilen zu einer unheimlichen Spannung in der Szene führten), dargelassen, die unklaren Szenen oft trotzdem auf einen hohen Plan.

Foto: Szenenfoto Foto 2:
Zweiter Aufzug, achter Auftritt: Die Königin der Nacht (Mary Dunleavy) in ihrer berühmten Arie zu Pamina (Christine Schäfer).

Die gutbesetzte Rolle der Königin der Nacht war die Mary Dunleavy's, die bereits in den Aufführungen von 1995 in dieser Rolle für Aufsehen und ein sehr positives Echo sorgte. Zwar war die Arie "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" in dieser Aufführung insgesamt eine Spur zu hoch(!) gesungen, ihre eindrucksvolle Stimme und Präsenz in den vorangegangen und darauffolgenden Beiträgen war durchweg als gut zu bezeichnen.
Die Stimme Christine Schäfers verspricht viel für die Zukunft, aber schafft es auch jetzt, trotz manchmal geringfügiger Unverständlichkeit, eine überzeugende Persönlichkeit auf die Bühne zu bringen, die mit früheren naiven Interpretationen der Rolle von Pamina von anderen Darstellerinnnen wenig mehr zu tun hat.

Enttäuschend war der Beitrag von Gordon Gietz als Tamino, der einen nicht sehr deutlichen Eindruck hinterließ. Stimmlich und schauspielerisch blieb die Person des Prinzen leider blaß, was nicht verwunderlich ist, wenn der Gegenspieler Papageno von Andreas Schmidt mit souveräner Darstellung und einer gut verständlichen und sehr wendigen und kräftigen Stimme gesungen wurde.

Matthias Hölle als Sarastro (siehe Foto) verfügte zwar über einen geeigneten Baß für die tiefen Töne die der Rolle des Weisheitstempelleiters eigen sind, in der Anlehnung an der Aufführungstechnik früherer Darsteller dieser Rolle, die er gesucht zu haben schien, fand er letzendlich nicht die für seine Stimme geeignete Lösung.

Foto: Szenenfoto Foto 3:
Zweiter Aufzug, zwölfter Auftritt: Sarastro (Matthias Hölle) in seiner Arie "In diesen heiligen Hallen" zu Pamina (Christine Schäfer), die kurz zuvor von den drei Knaben von einem Selbstmord abgehalten wurde.

Die Darstellung der drei Knaben war mit den drei Sängern aus dem Tölzer Knabenchor eine sehr glückliche Wahl, wie auch die Besetzung der drei Damen. Stimmlich angeschlagen und überfordert war eindeutig Alexander Oliver in seiner Rolle als Monostatos. Der Tenor, der vor allem in früheren Aufführungen von De Nederlandse Opera, wie die drei Monteverdi-Opern, einen sehr starken Eindruck machte, mußte jetzt mit gewollt witzigem Getänzel und verstellter Stimme über die trotzdem unverkennbare schlechte Qualität seiner stimmlichen Leistung hinwegtäuschen.

Das Niederländische Kammerorchester leistete unter der Leitung des amtierenden Chefdirigenten der Oper Hartmut Haenchen (der in der neuen Saison als Chefdirigent zugunsten von Edo de Waart zurücktreten wird, dem Opernhaus allerdings als erster Gastdirigent erhalten bleibt) einen schönen Beitrag zur Lebendigkeit der Aufführung. Durch spritzige Tempi und ausgewogene Dynamik wurde die sängerische Leistung einerseits in die richtigen Wege geleitet und andrerseits zu viel Schwung.



FAZIT:

Regisseur, Bühnenbildner und Dirigent haben in guter Zusammenarbeit mit Sängern und Tänzern ein Traumbild verwirklicht, daß nicht als Selbstdarstellung eines bildenden Künstlers sondern als Verwirklichung einer integeren Neubelebung eines alten Konzepts gewertet werden darf.



Musikalische Leitung 
Hartmut Haenchen 

Inszenierung 
Pierre Audi 

Bühnenbild 
Karel Appel 

Choreographie
Min Tanaka 

Kostüme 
Jorge Jara/Karel Appel 

Choreinstudierung
Winfried Maczewski 

Licht
Jean Kalman 

Dramaturgie
Klaus Bertisch 

Solisten

Sarastro 
Matthias Hölle 

Tamino 
Gordon Gietz 

Sprecher 
Michael Autenrieth 

Erster Priester 
Harry Peeters 

Zweiter Priester 
Eberhard Büchner 

Königin der Nacht 
Mary Dunleavy 

Pamina, ihre Tochter 
Christine Schäfer 

Erste Dame 
Gundula Hintz 

Zweite Dame 
Ute Döring 

Dritte Dame 
Ursula Hesse 

Erster Knabe 
Stefan Pangratz
(Tölzer Knabenchor) 

Zweiter Knabe 
Daniel Hinterberger
(Tölzer Knabenchor) 

Dritter Knabe 
Andreas Burkhard
(Tölzer Knabenchor)

altes Weib 
Machteld Baumans

Papageno 
Andreas Schmidt

Monostatos, ein Mohr 
Alexander Oliver

Erster geharnischter Mann 
Eberhard Büchner

Zweiter geharnischter Mann 
Marek Gasztecki

Erster Sklave 
Ruud Kok

Zweiter Sklave 
Jan Majoor

Dritter Sklave 
Michael Autenrieth

Chor
Koor van de Nederlandse Opera
(Chor der niederländischen Oper)

Orchester 
Nederlands Kamerorkest
(Niederländisches Kammerorchester)

Weitere Informationen




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