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Il Trovatore


Oper in vier Akten und acht Bildern
Libretto von Salvatore Cammarano und Leonore Emanuele Bardare
Musik von Giuseppe Verdi

(in italienischer Sprache)

Premiere am Theater Aachen
am 27. September 1997

Von Heike Schumacher / Fotos von Ludwig Koerfer




Der Troubadour zur Spielzeiteröffnung in Aachen

Ein Feuerwerk der Leidenschaften war uns versprochen worden, ein „Wirbel zwischen Liebe und Haß“ (Aachener Zeitung) - und was blieb, war blutleere Langeweile, nette Bilder und mittelmäßige sängerische Leistungen. Aachens Spielzeiteröffnung wurde zwar vom Publikum begeistert aufgenommen, zeigte aber einen Opernstil, der derart altväterlich war, daß es Opernneulinge nur in allen Vorurteilen über die Oper bestätigen konnte.

Die mit Spannung erwartete Zusammenarbeit von Maler und Regisseur (Emil Ciocoiu, in Aachen lebender rumänischer Künstler, gab sein Bühnenbilddebut) lieferte leider nicht die gewünschte Erneuerung.

AACHEN: Il Trovatore Wolfgang Weber inszenierte so statisch, daß einem die Sänger nur leid tun konnten. Allein gelassen auf weiter Bühne, jeglicher Personenführung in der Regie verlustig gegangen, traten sie zu den Arien auf, posierten und sangen, um dann ohne große Bewegung wieder abzutreten. Da wünschte man sich ab und zu etwas mehr Statisterie oder Ausstattung, um hier den Sängern unter die Arme zu greifen. Die gesamte Oper wirkt wie eine Abfolge von lebenden Bildern vor der Erfindung des Filmes. Selbst der verstärkte Opernchor ließ seine sonstige Beweglichkeit vermissen, dabei wurde stimmlich Exzellentes geboten.

Hinzu kam das Dilemma, daß diese Verdi - Oper an sich wenig Handlung und Dramaturgie bietet, da das Entscheidende hinter den Kulissen geschieht. Hätte da die Inszenierung nicht etwas deutlicher werden müssen, damit überhaupt verstehbar wird, um was es geht? Leonore z. B. nimmt so heimlich Gift, daß das Publikum nicht das geringste davon mitbekommt - ohne die Zusammenfassung im Programmheft wäre wohl manch einer der nicht so librettofesten Opernbesucher völlig desorientiert geblieben. In den Darstellungen des Regiekonzeptes wird uns versichert, diese Reduktion auf die Leidenschaften sei gewollt. Nur leider sind noch nicht einmal die Leidenschaften präsent, die diesen aktions- und reaktionsleeren Raum zu füllen vermocht hätten.

Als Verdi die Pläne zur Realisierung seiner Oper „Il Trovatore“ seinem Librettisten 1850 mitteilte, da stellte er die Frauenrolle der Azucena in den Vordergrund „ein Weib von besonderem Charakter, nach ihr will ich die Oper nennen.“ (Verdi an Cammarano, 2. Januar 1850 - zitiert nach dem Programmheft der Aachener Inszenierung, Seite 18). Würde man das Publikum der Aachener Aufführung befragen, so hätten sie ebenso geurteilt - die Sängerin der Azucena, Plama Christova, erhielt den mit Abstand größten Beifall. Doch dies ist wohl eher als Sympathie mit der Rolle zu werten - musikalisch blieb sie weit hinter den Erwartungen zurück. Gerade in den tiefen Lagen brach die Stimme fast. Nicht ganz auszuschließen ist, daß dies als bewußte Verfremdung gemeint war und Azucena hier als Greisin dargestellt werden sollte, wahrscheinlicher ist es jedoch, daß dies auf einen zu geringen Stimmumfang in den Altlagen der Mezzosopranistin zurückzuführen ist.

Mariana Zvetkova, in der Rolle der Leonora, bot die gesanglich beste Leistung, wobei jedoch unangenehme Schärfen in den Höhen und gelegentliche Intonationsschwankungen dem guten Eindruck Abbruch taten. Die beiden männlichen Hauptdarsteller des Grafen Luna und des Manrico mußten sich da mit etwas weniger Publikumsgunst begnügen. Dabei verdiente der Darsteller des Grafen Luna (Mario di Marco) noch den meisten Beifall, bot er doch stimmliche Fülle und lyrisches Timbre trotz leichter Indisponierung. Hätte der Intendant nicht ausdrücklich den Sänger des Luna als gesundheitlich angeschlagen entschuldigt, man hätte dies eher für den Manrico Mario Frusoni vermutet, so wenig strahlte diese Stimme - teilweise wurde die Grenze zum Markieren überschritten.

Allgemein wurden die stimmlichen Leistungen nach der Pause besser und sicherer, es drängte sich der Eindruck auf, die Spielpause der Sommerferien hätte das Sängerensemble einrosten lassen. Dies galt nicht für das Orchester, das in gewohnter Perfektion, Werktreue und Genauigkeit musizierte. Ebenso gute und sichere Leistungen zeigten Maria Kettunen in der Rolle der Inez, Andreas Joost als Ruiz und Rainer Zaun als Ferrando.

Bleibt auf die Zweitbesetzung zu hoffen, die allesamt die jüngere Riege der Sänger darstellt und die sich wie im Falle von Mario Taghadossi dem Aachener Publikum in der letzten Spielzeit bereits bestens präsentierte.

Das Bühnenbild gefällt sich in kleinen Varianten des immer gleichen Hintergrundes: rote oder blaue Sternennebel bzw. Feuerflammen auf eine Riesenleinwand projiziert. Im Vordergrund ein riesiger Pappmachéturm, ab und zu ein paar Speerspitzen, das war es auch schon. Keinesfalls hilft das Bühnenbild zum Verständnis oder vertieft die dargestellten Leidenschaften. Es wirkt wie eine Ausstellung, plakativ und statisch. Durch den ständig präsenten Dia-Hintergrund blieb auch die Beleuchtung wenig abwechslungsreich. Leichte Langeweile macht sich bei Abfolge des wenig Variierten breit.

Auch die Kostüme erinnern mehr an gutgemeintes Laientheater; allzu bemüht wird hier die Farbensymbolik von türkisblau und Rot durchgehalten. Selbst Duell-Szenen wirken lächerlich, wenn man allzu deutlich hört, daß da Blech mit Blech gekreuzt wird. Vielleicht ist dieser Eindruck aber auch auf die zu harte Lichtregie zurückzuführen.

Schade, denn das Konzept, das Emil Ciocoiu vorher präsentierte, war überzeugend: "Liebe und Haß, Leidenschaft und Zerstörung sind die beiden elementaren 'Paare'"(Aachener Zeitung), die er aus der Musik entwickelte und in Farbensymbolik umsetzte.


FAZIT:

Bei allem Bemühen um die Reduzierung auf das Wesentliche, die Leidenschaften, wirkt die Inszenierung zu statisch und wenig einfallsreich.

Logo: Theater Aachen

Musikalische Leitung
Elio Boncompagni

Inszenierung
Wolfgang Weber

Bühnenbild und Kostüme
Emil Ciocoiu

Choreinstudierung
Norbert Hebel

Dramaturgie
Astrid Sadrieh


Solisten

Graf von Luna
Mario di Marco
(Mario Taghadossi)

Leonora, Gräfin von Sargasto
Mariana Zvetkova
(Ann Williams-King)

Inez, ihre Vertraute
Maria Kettunen

Azucena, eine Zigeunerin
Plama Christova
(Gisella Pasino)

Manrico, ihr vermeintlicher Sohn
Maurizio Frusoni
(Viktor Afanasenko)

Ferrando, Hauptmann Lunas
Rainer Zaun
(Götz Seiz)

Ruiz, Vertrauter Manricos
Andreas Joost
(Hans Schaapkens)

Ein alter Zigeuner
Jenö Hodi

Ein Bote
Munki Jeong


Opernchor des
Theaters Aachen

Extrachor des
Theaters Aachen

Sinfonie Orchester Aachen





Weitere Aufführungen

Oktober '97: 1., 3., 12., 18.,
21., 26., 30.
November '97: 1., 5., 7., 9.,
15., 20.



AACHEN: Il Trovatore

Mariana Zvetkova (Leonora)
und Maurizio Frusoni (Manrico)



AACHEN: Il Trovatore

Plama Christova (Azucena)



AACHEN: Il Trovatore

Mario di Marca (Graf von Luna)
und Mariana Zvetkova (Leonora)



AACHEN: Il Trovatore

Plama Christova (Azucena)
und Maurizio Frusoni (Manrico)





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