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Ariadne auf NaxosOper von Richard Strauss Dichtung von Hugo von Hofmannsthal Premiere des Theaters Aachen am 17. Oktober 1998 rezensierte Aufführung: Premiere
Von Heike Schumacher
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Fotos von Ludwig Koerfer Ariadne ohne roten FadenAriadne auf Naxos ist eine Oper über die Oper, satirisch, hintergründig und im Stilgemisch getextet und komponiert. Es wird im Vorspiel gezeigt, wie eine Oper vorbereitet wird und unter welch absurden Bedingungen sie schließlich zur Aufführung gelangt. In Aachen zerfällt die Oper in zwei Teile: das amüsant heitere Vorspiel und die eigentlich ernst gemeinte Oper. Und so wurde uns ein heiter leichtes Vorspiel geboten, das Komisches und Tragisches elegant vermischte, Harlekinaden und Komödie relativ leicht präsentierte. Dagegen fiel der zweite Teil deutlich ab. Nun wurde die Oper in den Vordergrund gestellt, und man war sich nicht sicher, ob die komischen Nebeneffekte gewollt oder ungewollt waren. Da stemmte der Tenor solchermaßen die Töne, daß man sich an den eitlen Fatzke zurückerinnert, als der er im ersten Teil erschien. Auch die drei Nymphen litten unter undankbarer Kostümierung und Regieführung. Aufgereiht standen sie mit absonderlichem Kopfputz hinter der Ottomane und durften allenfalls rhythmisch ihre Federbusch-Fächer schwingen. Das Dekor war ganz im Sinne des Hausherren des Stückes gehalten: Jugendstilmöbel, die eine sorgsam dekorierte Wüstenei darstellen sollten. Ob der Höhleneingang im Kleiderschrank allerdings Hofmannsthals Vorstellung eines "praktikablen Eingangs" entsprach, mag dahingestellt bleiben, zumal Ariadne einige Schwierigkeiten hatte, sich daraus hinein- und hinaus zu falten.
Annette Seiltgen (Der Komponist) Stimmlich hatte die Aachener Aufführung dagegen einiges zu bieten. Hervorragend präsentierte sich Annette Seiltgen, die kürzlich erst von der Redaktion "Opernwelt" als beste Nachwuchssängerin des Jahres gewählt wurde. Sie brillierte in der Hosenrolle des empfindsamen Komponisten und fesselte die Zuhörer durch ihre stimmliche und schauspielerische Leidenschaft. Atemlos verfolgte man ihre dramatischen Ausbrüche und wurde in dem empfindsamen Passagen ergriffen und gerührt. Maja Tabatadze erreichte ihre volle Leistungsfähigkeit in der Koloraturarie "Großmächtige Prinzessin". Obwohl sie als eine der schwierigsten Arien für Koloratursopran gilt, die je geschrieben wurde, meisterte sie diese bravourös und erntete zu recht Szenenapplaus. Die extrem schwierigen Koloraturen präsentierte sie mit schnippischer Leichtigkeit und feiner Ironie auf den Primadonna-Betrieb in der Großen Oper. Im ersten Teil ließ sie dagegen manchmal Volumen vermissen und drang nicht ganz gegen das Orchester durch. Die dritte Dame im Bunde der hervorragenden Leistungen war die Amerikanerin Yvonne Frazier. Mit weichem Timbre und großem Volumen meisterte sie die wirkunsgmäßig undankbarere Partie der Ariadne ohne Einschränkungen. Claudio Otelli in der Rolle des Musiklehrers setzte sich ohne Schwierigkeiten gegen das Orchester durch und zeigte gewohnte Qualität. Ein ebensolch hohes Niveau setzte sich in den Nebenrollen fort. Das Quartett der vier Herren, die Zerbinetta umwerben, verkörperte stimmlich wie schauspielerisch die erforderliche Leichtigkeit. Schön ebenfalls das Damentrio der Nymphen. Einzig Robert Woroniecki als Tenor/Bacchus fiel gegen diese hochkarätige Besetzung ab, er forcierte zu sehr in den Höhen und war dadurch manchmal etwas unsauber. Heino Cohrs in der einzigen Sprechrolle als Haushofmeister gab sich ironisch-maniriert und hatte wie immer die Lacher auf seiner Seite. Beim Orchester hätte man sich insgesamt mehr Klang-Transparenz gewünscht und etwas mehr Zurückhaltung gegenüber den bis auf äußerste strapazierten Sängerstimmen. Das Orchester unter der gewohnt präzisen Führung von GMD Elio Boncompagni war trotz kleiner Besetzung klangmächtig. Im ersten Teil hatten darunter allerdings die Sängerstimmen zu leiden, die sich mit Anstrengung gegen dieses Volumen durchsetzten mussten. Die Wahl der Tempi und die Abstimmung mit den Saengern war dagegen wie immer tadellos. Aachens Sinfonie Orchester zeigte, daß es allen Stilarten gewachsen ist. Insgesamt zeigte sich diese Ariadne brav und etwas bieder inszeniert. Regisseur Helge Thoma und Bühnenbilder Rainer Sinell verschenkten die Möglichkeiten, die im Text liegen. Das Spiel im Spiel, die Zuschauer als Beteiligte - da hätte mehr daraus gemacht werden können. Die spannende Ankündigung im Programmheft "Stellen sie sich vor, sie gehen in die Oper und Sie platzen mitten in die Vorbereitungen", wurde überhaupt nicht eingelöst. Da hätte man mit offener Bühne arbeiten können und die Zuschauer einbeziehen können. Statt dessen fängt alles ganz normal an. Man geht in die Oper, und nach der pathetischen Ouvertüre hebt sich der Vorhang zu einem barocken Spiel im Jugendstilinterieur der Enstehungszeit der Oper. Hinter der Inszenierung spürt man noch die Molièrsche Vorlage, den "Bürger als Edelmann", ebenfalls ein Stück mit dargestellter Probe im Hause eines reichen Mannes, das zunächst das Vorspiel zu dieser Oper bildete. Strauss und Hofmannsthal hatten ein feinsinniges Ineinander von Opera buffa und Opera seria geschaffen, deren zugrundeliegendes Prinzip ein Hofmannsthalsches Grundthema ist: die Verwandlung. Die Primadonna wird Ariadne, der eitle Tenor zum rauschhaften Baacchus - und der wird für Hermes gehalten. Das doppelbödige Spiel der entlarvten Illusion soll sich dann im zweiten Teil durch die Musik zu einem alles übersteigenden Kunstgenuß wandeln. Dies findet aber in der Aachener Inszenierung leider nicht statt.
Gute Stimmen brav inszeniert |
Musikalische Leitung GMD Elio Boncompagni
Inszenierung
Bühnenbild und Kostüme
Dramaturgie
BesetzungDer HaushofmeisterHeino Cohrs
Ein Musiklehrer
Der Komponist
Der Tenor/Bacchus
Ein Offizier
Ein Tanzmeister
Ein Perückenmacher
Ein Lakai
Zerbinetta
Primadonna/Ariadne
Harlekin
Scaramuccio
Truffaldin
Brighella
Najade
Dryade
Echo
Weitere Aufführungen
Annette Seiltgen (Der Komponist) und Maja Tabatadze (Zerbinetta)
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