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Bach Collegium Japan
Leitung: Masaaki Suzuki

Johann Sebastian Bach: Messe h-Moll BWV 232



04. November 2022, Tonhalle Düsseldorf, Mendelssohn-Saal
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Tonhalle Düsseldorf
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Himmlische Leichtigkeit

Von Stefan Schmöe / Fotos von Susanne Diesner

Die Trompeten, die im Dona nobis pacem das Himmelreich in den allerschönsten Tönen verkünden, sie glänzen mehr als dass sie strahlen: Kein kämpferisch-triumphaler, sondern ein sanft leuchtender Aufstieg in jenseitige Sphären. Das Bach Collegium Japan unter seinem für seine akribische Quellenstudien bekannter Gründer und Leiter Masaaki Suzuki erzeugt auf historischen Instrumenten einen warmen Mischklang, der die verschiedenen Instrumentengruppen wie Registerfarben verschmilzt, ohne einzelne hervorzuheben. Es dauert einen Moment, bis man sich in der immer etwas unklaren Akustik der Düsseldorfer Tonhalle eingehört hat - und es bleibt der Eindruck, dass das Ensemble sich bei seinem ersten Auftritt in diesem Saal im Laufe des Abends immer besser darauf einstellt. Die Spannung entsteht nicht durch die auftrumpfenden Melodieinstrumente, sondern von innen. Exemplarisch genannt seinen daher zwei Musiker, deren Instrumente gemeinhin nicht im Fokus stehen: Thomas Holzinger an der Pauke und Robert Franenberg an der Violone, dem Vorläufer des Kontrabass, die mit bestechender Intensität den Puls vorgeben.

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Auch die Stimmen fügen sich da perfekt ein, sei es solistisch oder im klein besetzten Chor, bei dem oft die Altstimme als Mittelachse den klanglichen Orientierungspunkt setzt. Die vielen Koloraturen werden mit stupender Leichtigkeit bewältigt, die Einsätze der einzelnen Stimmen sind fast durchweg weich gehalten, dabei auf das Genaueste durchgestaltet. Exemplarisch wird das im Crucifixus, wo zu Beginn des Satzes die konsonantenreiche erste Silbe "Cru-" als klangliches Mittel pointiert eingesetzt wird, aber nach und nach immer weicher erklingt - auch dadurch vollzieht sich innerhalb des Satzes eine Entwicklung hin zum "passus et sepulchrus est" ("… gelitten hat und begraben"), wo Bach die Musik quasi ins Grab hinabsteigen und verlöschen lässt. Suzuku baut einen großen Spannungsbogen auf, und bleibt doch vergleichsweise verhalten beim fast schockartigen Auferstehungs-Aufschwung "et resurrexit". Raphaël Pichon, der vor einiger Zeit mit dem Ensemble Pygmalion mit der h-Moll-Messe in NRW gastierte, erzählte nicht nur an dieser Stelle viel dramatischer. Suzuki bleibt (soweit wir das aus heutiger Zeit beurteilen können) näher bei Bach und bei der Liturgie, auch wenn das für keinen konkreten Anlass geschaffene Werk, erst lange nach dem Tod des Komponisten vollständig uraufgeführt, nie eine liturgische Funktion hatte. Pinchon sprang sozusagen mitten hinein, Suzuki musiziert aus der Gesamtperspektive.

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Was nicht heißt, dass es an Emotionalität fehlen würde. Die Benedictus-Arie wird zum staunenswerten Wunder, bei der James Gilchrist seinen für Bach idealen, beweglichen Tenor zurücknimmt und der konzertierenden Soloflöte (großartig: Kiyomi Suga) den Vortritt überlässt: Der Mensch verstummt angesichts des Unsagbaren. Mit unprätentiös leichten, aber keineswegs farblosen Stimmen singen die beiden Sopranistinnen Aki Matsui und Joanne Lunn sowie Bassist Christian Immler die Solopartien, die sich in Charakter und Klangfarbe ausgezeichnet einpassen. Das gilt in besonderem Maße für Alexander Chance, der mit seinem ätherisch entrückten Altus eine betörend schöne, fast naiv "reine" Klangfarbe einbringt.

Bei alledem legt Suzuki, der mit großem Körpereinsatz dirigiert, ein sanftes Lächeln über die Musik, eine innere Zuversicht. Und mitunter auch Humor, am deutlichsten sicher in der fast lachend jubelnden Sopran-Arie Laudamus te. Die Tempi sind moderat, und musikalisch hängt Suzuki mehr an den kleinen als an den großen Gesten. Die sind dafür umso genauer ausmusiziert. Immer wieder hebt er Bachs überraschende Modulationen hervor, und da besticht der Chor durch die überaus präzise Intonation, mit der die harmonische Bedeutung so manchen Akkords unterstrichen wird. Wenn Suzuki den Blumenstrauß, den er am Ende erhält, demonstrativ auf die Partitur legt, dann ist das keine leere Geste: Es geht um Bach. Und da setzen Suzuki und das Bach Collegium Japan seit der Gründung 1990 Maßstäbe, auch mit diesem Konzert.




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Ausführende

Bach Collegium Japan

Chor des Bach Collegium Japan

Leitung: Masaaki Suzuki

Aki Matsui, Sopran 1
Joanne Lunn, Sopran 2
Alexander Chance, Countertenor
James Gilchrist, Tenor
Christian Immler, Bass


Werke

Johann Sebastian Bach:
Messe h-Moll BWV 232



Weitere Informationen:

Philharmonie Essen



Da capo al Fine

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