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Ensemble 1700
Dorothee Oberlinger





28. August 2020, Philharmonie Köln



Betörender Liebesgarten

Von Stefan Schmöe

Ein Vielschreiber ist dieser Alessandro Scarlatti (1660 - 1725) gewesen. Neben über 100 Opern spricht Wikipedia von 799(!) Kantaten; dazu kommen 34 Werke der Gattung "Serenata", anders als die "Serenade" keine Instrumentalkomposition, sondern eine Art szenische Kantate, in der Regel mit mythologischen und allegorischen Stoffen und bestimmt für festliche Anlässe. Alessandro Scarlatti etablierte das Genre in Neapel und Rom (wo zwischen 1698 und 1710 Opern per päpstlichem Dekret verboten waren), entwickelte die instrumentale Overtüre als "Sinfonia" in der dreiteiligen Form schnell-langsam-schnell und nahm so einigen Einfluss auf die italienische Musikgeschichte. Das etwa einstündige Werk Il giardino d'amore (Der Liebesgarten) für Sopran, Alt und Orchester entstand zwischen 1700 und 1705 und erzählt handlungsarm von der Liebe zwischen Adonis und Venus (ohne den dramatischen Tod des Adonis durch einen wilden Eber). Auch wenn Scarlatti heute eher in Liebhaberkreisen präsent ist (die Kammermusik seines Sohnes Domenico trifft man schon häufiger an) - um Il giardino d'amore ist es, was Einspielungen und auf Portalen wie Youtube verfügbare Mitschnitte betrifft, gar nicht so schlecht bestellt. Und auch diese Aufführung in der Kölner Philharmonie führt den Reiz des bei aller Banalität des Inhalts musikalisch vielfältigen Werkes vor Ohren.

Den Text zum Mitlesen hätte man sich trotzdem gewünscht, die zaghaft angedeuteten szenischen Elemente und nicht immer plausiblen Lichtwechsel dagegen stufen wir mal als "verzichtbar" ein. Superb aber die musikalische Umsetzung. Das von Star-Blockflötistin Dorothee Oberlinger 2002 gegründete Ensemble 1700 spielt ungemein delikat. In den zurückgenommenen, fein ziselierten Streicherklang, nie auftrumpfend, muss man sich einen Moment einhören. Die hohen Streicher sind in zwei Gruppen auf beiden Seiten der Bühne positioniert und doch exzellent aufeinander abgestimmt. Die Continuo-Gruppe spielt sehr zurückhaltend, hoch virtuos dagegen der leider nicht namentlich genannte Trompeter. Und an einigen wenigen Stellen brilliert Dorothee Oberlinger, ansonsten als umsichtige Dirigentin gefordert, auf der Blockflöte. Scarlattis Vogelstimmen-Imitationen bekommen dabei mitunter eine stark naturalistische Note, als ginge es um ornithologische Exaktheit. Das tut es natürlich nicht, aber solche Details haben ihren eigenen Zauber.

Der klare, leuchtende, mitunter fast trompetenhaft intensive Sopran von Roberta Mameli, bei lang gehaltenen Tönen auch schon 'mal leicht flackernd, steht in deutlichem Kontrast zum warmen, leicht gedeckten, eher von innen leuchtenden Countertenor von Xavier Sabata; in den Duetten finden die beiden Stimmen aber wunderbar zueinander. Auch das Zusammenspiel von Roberta Mameli mit der Trompete gelingt großartig, da verschmelzen menschliche Stimme und Instrument sehr beeindruckend miteinander. Wenn Scarlatti eingängig liedhafte Nummern neben virtuos konzertierende Arien stellt, dann entwickelt diese Musik großen Reiz.

Eine Konzertpause gibt es derzeit nicht, das gehört zum Hygienekonzept der Philharmonie (wo im Übrigen während des gesamten Konzerts vom Publikum Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss, dafür sind viele Reihen komplett besetzt). Das schränkt die Möglichkeiten der Programmgestaltung natürlich ein. Hier hat Dorothee Oberlinger dem Giardino d'amore die Sinfonia einer anderen Serenata Scarlattis vorangestellt (Venere e Amore) sowie eine Sonata für Blockflöte, zwei Violinen und Basso Continuo. Für Oberlinger war das die Vorlage, als Solistin auf der dunklen Altblockflöte zu glänzen (freilich weit weniger effektvoll als auf der strahlenden hohen Sopranino-Flöte im Giardino). Den Eindruck, dass es sich bei diesen Instrumentalwerken um Lückenfüller neben der gewichtigeren Serenata handelt, konnte das nicht ganz kompensieren. Am Ende viel Applaus - und Erleichterung, dass der Konzertbetrieb wieder Fahrt aufnimmt.




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Ausführende

Roberta Mameli, Sopran
Xavier Sabata, Countertenor

Ensemble 1700

Leitung: Dorothee Oberlinger


Werke

Alessandro Scarlatti:

Sinfonia
aus: Venere e Amore
("Del mar tirreno")


Sonata a-Moll
für Blockflöte, zwei Violinen und B.C.

Il giardino d'amore - Venere e Adonis
("Care salve, amati orrori")

Serenata für Sopran, Alt und Orchester



Weitere Informationen:

Gürzenich Orchester Köln

Philharmonie Köln



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