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Fidelio

Oper in zwei Aufzügen op. 72
Text von Joseph Ferdinand von Sonnleithner, Stephan von Breuning und Georg Friedrich Treitschke
nach Léonore ou L'amour conjugal von Jean-Nicolas Bouilly
Musik von Ludwig van Beethoven

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Koproduktion mit dem Swedish Chamber Orchestra und dem BOZAR in Brüssel

Samstag, 29. Februar 2020, 20.00 Uhr
Halbszenische Aufführung im Alfried Krupp Saal in der Philharmonie Essen

 



Philharmonie Essen
(Homepage)

Gelungene halbszenische Umsetzung

Von Thomas Molke / Foto: © Neda Navaee

Vom 27. Februar 2020 bis zum 8. März 2020 finden in Essen wieder die TUP-Festtage KUNST5 statt, die sich mittlerweile als Themenreihe fest etabliert haben und innerhalb von 11 Tagen an drei Häusern in fünf Sparten die ganze Bandbreite der Theater und Philharmonie Essen zeigen. 2020 stehen sie unter dem Motto "Unendliche Geschichten" und rücken monumentale Dramen, zwischenmenschliche Tragödien, internationale Beziehungen, biblische Stoffe und große Romane ins Zentrum der Festtage. Im Beethoven-Jubiläumsjahr darf in diesem Zusammenhang natürlich auch Beethovens einzige Oper Fidelio nicht fehlen. Dazu hat man im Rahmen der Reihe "Große Stimmen" das Swedish Chamber Orchestra mit seinem ehemaligen Chefdirigenten Thomas Dausgaard eingeladen. Gemeinsam mit einer hochkarätigen - überwiegend schwedischen - Solistenriege und dem Swedish Radio Choir gibt es Beethovens Befreiungsoper in einer halbszenischen Aufführung.

Über einen Zeitraum von zehn Jahren beschäftigte sich Beethoven immer wieder mit diesem Stoff, auf den er während seiner Arbeit an der Eroica durch das französische Libretto Léonore ou L'amour conjugal von Jean-Nicolas Bouilly aufmerksam wurde, das am 19. Februar 1798 mit den von Pierre Gaveaux vertonten Gesangsnummern in Paris zur Uraufführung gelangt war. Folglich sollte das Werk bei der Uraufführung 1805 auch Leonore oder Die eheliche Liebe heißen. Das Theater an der Wien änderte den Titel allerdings ab und kündete die Oper als Fidelio an, vielleicht um einen Vergleich mit der ein Jahr zuvor in Dresden herausgekommenen italienische Oper Leonora ossia L'amor conjugale von Fernando Paër, die ebenfalls auf Bouillys Textbuch basierte, zu vermeiden. Da Beethovens Oper zunächst kein Erfolg beschieden war, arbeitete er das Werk Anfang 1806 um und brachte es erneut am Theater an der Wien heraus, dieses Mal unter dem Titel Leonore, ebenfalls mit nur mäßigem Erfolg. Acht weitere Jahre sollte es dauern, bis der Direktor des Theaters am Kärntnertor Beethoven antrug, die Oper erneut auf den Spielplan zu stellen. Mit dem Theatermann Georg Friedrich Treitschke schuf Beethoven nun eine weitere Fassung, die er selbst Fidelio nannte und die dem Werk nach der Uraufführung am 23. Mai 1814 den bis heute andauernden Erfolg beschied.

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Nina Stemme

Auch wenn es sich bei der Produktion um eine halbszenische Aufführung handelt, bleibt die Frage, wie man dabei mit den gesprochenen Zwischentexten umgeht. Neben der schwedischen Solistenriege hat man deshalb wahrscheinlich den in Wien geborenen Daniel Johannsen für die Partie des Pförtners Jaquino verpflichtet, der als Erzähler zwischen den Musiknummern agiert und mit teils recht modernen Bezügen gelungene Übergänge schafft. Im Orchester ist auf der rechten Seite ein hoher kreisrunder Käfig aufgebaut, in dem Florestan von Beginn an eingesperrt ist. Das Orchester sitzt gewissermaßen im Gefängnis, so dass Jaquino die Orchestermitglieder nicht nur als Mitgefangene vorstellt. Auch der Dirigent Thomas Dausgaard wird zu den beiden Aufzügen vom Kerkermeister Rocco zum Dirigentenpult wie ein Gefangener geführt. Die szenische Umsetzung beginnt bereits vor der Ouvertüre, wenn sich Damen des Swedish Radio Choir und Nina Stemme als Leonore mit Fotos ihrer vermissten Ehemänner auf der Bühne umblicken. Die nach und nach eintreffenden Orchestermitglieder werden mit Fragen bedrängt und gelangen kaum zu ihren Plätzen, was die Not der Frauen sehr spürbar macht. Während der Ouvertüre, die Dausgaard temporeich anlegt, reift dann der Entschluss, eine Frau ins Gefängnis einzuschleusen und dort nach den vermissten Männern suchen zu lassen. Eine hochgehaltene Schere deutet dabei an, dass eine Frau sich dazu als Mann verkleiden muss. Leonore übernimmt diese Rolle, schneidet sich die Haare ab und verstaut ihren Ehering in der Jacke, um fortan als Fidelio weiter nach Florestan zu suchen.

Wieso Marzelline anschließend mit zwei riesigen Taschen auftritt, erschließt sich eigentlich nicht. Vielleicht werden sie einfach als Sitzmöglichkeiten für sie und den sie heftig umwerbenden Jaquino benötigt. Malin Christensen verfügt als Marzelline über einen Sopran, der für die Partie der Tochter des Kerkermeisters ein bisschen zu schwer ist. So geht ihr die Leichtigkeit und Koketterie der jungen Frau ein wenig verloren. Die mangelnde Textverständlichkeit wird durch die Übertitelung ausgeglichen. Daniel Johannsen begeistert als unglücklich verliebter Jaquino mit einem beweglichen Spieltenor. Man würde ihm durchaus mehr Glück bei der Angebeteten wünschen. Johan Schinkler gestaltet den Kerkermeister Rocco mit profundem Bass. Glaubhaft spielt er die tiefe Sympathie aus, die Rocco für Fidelio empfindet. Nina Stemme punktet in der Titelpartie mit großem dramatischem Sopran und intensivem Spiel. So lässt sie durchblicken, wie schwer es ihr fällt, Marzelline und den ihr gut gesinnten Rocco zu täuschen. Hervorzuheben ist hier das berühmte Quartett im ersten Aufzug "Mir ist so wunderbar", das von den Solisten bewegend interpretiert wird. John Lundgren überzeugt optisch als grausamer Don Pizarro, der an Florestan Rache nehmen will, stimmlich wirkt sein Bariton in den Höhen allerdings ein wenig angestrengt und könnte bei seiner Arie "Ha, welch ein Augenblick" noch mehr Skrupellosigkeit vertragen.

Bewegend wird der berühmte Gefangenenchor "Oh, welche Lust!" in Szene gesetzt. Wenn Leonore / Fidelio das Tor für die Gefangenen geöffnet hat, geht im Saal das Licht an, und die Herren des Swedish Radio Choir treten durch die Türen in der ersten Etage des Saals auf. Während des Gesangs bahnen sie sich langsam ihren Weg zur Bühne, was zu einem betörenden Klangerlebnis im Saal führt. Am Ende des zweiten Aufzugs treten dann die Frauen durch den Saal auf und kommen auf der Bühne mit ihren vermissten Ehemännern zusammen. Michael Weinius darf als Florestan in seinem Kerker bereits während der Ouvertüre agieren. So scheint er, Leonore bei ihrem Plan wahrzunehmen und sie gewissermaßen zu ihrem Vorhaben zu ermutigen. Seine große Arie im zweiten Aufzug, "In des Lebens Frühlingstagen" gestaltet Weinius mit strahlendem Heldentenor und klarer Diktion. Im Duett mit Stemme begeistert er beim großartigen "O namenlose Freude!" und übertönt problemlos das ebenfalls jubilierende Orchester. Karl Magnus Fredriksson rundet als Don Fernando mit solidem Bariton die Solistenriege ab, so dass es für alle Beteiligten großen und verdienten Jubel gibt.

FAZIT

Szenisch vermisst man bei dieser Aufführung nichts, da Sam Brown und Bengt Gomér die Geschichte gekonnt an die Möglichkeiten der Philharmonie anpassen. Durch die gekürzten Zwischentexte erlebt man einen recht "beschleunigten" Opernabend mit überwiegend großartigen Solisten.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Thomas Dausgaard

Regie
Sam Brown

Szenographie
Bengt Gomér
 

Swedish Chamber Orchestra

Swedish Radio Choir


Solisten

Don Fernando, Minister
Karl Magnus Fredriksson

Don Pizarro, Gouverneur eines Staatsgefängnisses
John Lundgren

Florestan, Gefangener
Michael Weinius

Leonore, dessen Gemahlin / Fidelio
Nina Stemme

Rocco, Kerkermeister
Johan Schinkler

Marzelline, dessen Tochter
Malin Christensen

Jaquino, Pförtner
Daniel Johannsen

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Philharmonie Essen
(Homepage)



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