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BOSY Symphonie 4
Starke Stücke

Musik von Pierre Boulez, Dmitri Schostakowitsch und Johannes Brahms

Aufführungsdauer: ca. 1h 55' (eine Pause)

Donnerstag, 21.02.2019, 20.00 Uhr
Großer Saal, Anneliese Brost Musikforum Ruhr



Bochumer Symphoniker
(Homepage)

Starker Kontrast von Brahms bis Boulez

Von Thomas Molke

Johannes Brahms galt im 19. Jahrhundert den Anhängern von Richard Wagner und Franz Liszt als rückschrittlicher Traditionalist, der mit seiner Musik die neuen Bewegungen hin zu musikalischem Drama und symphonischer Dichtung zugunsten von Strenge und klaren Strukturen außer Acht ließ. Im 4. Symphoniekonzert verbindet nun Gastdirigent Michel Tabachnik Brahms, dessen Kompositionen er als den "Gipfel der klassischen Musik" betrachtet, mit zwei Komponisten, die über die sogenannten Neudeutschen des 19. Jahrhunderts noch weit hinausgehen: Dmitri Schostakowitsch und Pierre Boulez. Dabei geht man in der Präsentation der Stücke zeitlich von der Moderne zurück ins 19. Jahrhundert. Anhänger des musikalischen "Schönklangs" mögen sagen: "Das Beste kommt zum Schluss".

Den Anfang macht ein kurzes Flötenstück von Pierre Boulez: Mémoriale für Soloflöte und acht Instrumente. Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte dieses Werkes lautet der eigentliche Titel "Mémoriale (...explosante-fixe... Originel"). 1971 hatte Boulez anlässlich des Todes von Igor Strawinsky ein Widmungsstück komponiert, das er zunächst als Kammerstück für drei, dann sieben und später acht Instrumente unter dem Titel "... explosante-fixe..." konzipierte. In den folgenden Jahren schuf Boulez weitere Versionen. Anfang der 80er Jahre erarbeitete er gemeinsam mit Lawrence Beauregard, dem Flötisten des von ihm geleiteten Ensemble Intercontemporain, eine Fassung für Flöte. Als Beauregard 1985 im Alter von nur 28 Jahren verstarb, wandelte Boulez die vormalige Strawinsky-Hommage in einen musikalischen Nachruf auf Beauregard um und nannte das Stück "Mémoriale". Hier begleiten sechs gedämpfte Streicher und zwei Hörner die Flöte auf ihren Erkundungen in einem Kosmos der abstrakten Musiksprache. Mit angerauten, tremolierten Tönen rückt die Flöte in der Komposition immer wieder in den Mittelpunkt und wird dann von den Streichern und den Hörnern aufgefangen. Den Solopart der Flöte übernehmen in Bochum zwei Flötisten der Bochumer Symphoniker, Martina Overlöper und Alexander Schütz, die abwechselnd die kleinen melancholischen Abenteuer, auf die sich die Flöte durch die Komposition bewegt, durchleben.

Es folgt Dmitri Schostakowitschs zweites Violinkonzert, das dem weltberühmten Geiger David Oistrach gewidmet ist, der schon Schostakowitschs erstes Violinkonzert uraufgeführt hatte. Eigentlich sollte das Konzert erstmals zu Oistrachs 60. Geburtstag 1968 erklingen, aber die Uraufführung erfolgte bereits ein Jahr früher. Schostakowitsch war schon zu diesem Zeitpunkt so krank, dass er die Premiere nicht besuchen konnte. Das Stück ist in den musikalischen Mitteln absolut reduziert und trägt die Züge von Schostakowitschs späten Werken, ist dabei allerdings von höchster Ausdrucksintensität. Schostakowitsch lässt in den drei Sätzen sowohl Bachzitate als auch Wagner anklingen und zeichnet in einem harten Kontrast, wie der romantische Schein zwischen lyrischer Expressivität und illusionsloser Traurigkeit zerbricht. Die drei Sätze sind in ihrer Länge sehr unterschiedlich. So nimmt der 1. Satz, Moderato, fast die Hälfte der Zeit ein. Als Solist hat man den armenischen Violinisten Sergey Khachatryan gewinnen können, der die tiefe Melancholie der Solovioline im eindringlichen Zusammenspiel mit den Bochumer Symphonikern beeindruckend herausarbeitet. Als Zugabe lässt Khachatryan noch "Havun-Havun" des armenischen Mönchs und Musikers Grigor Naretkatsi aus dem 10. Jahrhundert folgen und begeistert dabei ebenfalls durch große Melancholie.

Nach der Pause können dann die Bochumer Symphoniker mit Johannes Brahms' dritter Symphonie glänzen. Brahms soll über dieses Werk gesagt haben, dass der Streit der sogenannten Neudeutschen mit den Traditionalisten, die diese Symphonie als neuen Höhepunkt feierten die Symphonie "leider allzu berühmt" gemacht habe. In der Tat besitzt kaum ein anderes Werk von Brahms so viel Heiterkeit. Der erste Satz, Allegro con brio, beginnt mit einem Kernmotiv "f-as-f", das die ganze Symphonie durchzieht und vor den Augen der Zuhörer gewissermaßen eine pastorale Idylle entstehen lässt. Besonders hervorzuheben sind die beiden mittleren Sätze. Der zweite Satz, Andante, hat mit seinen von Holzbläsern geprägten Klängen etwas Volkstümliches, das sich im Verlauf zu einer regelrechten Schwärmerei steigert. Noch eingängiger ist der melancholische Walzer des dritten Satzes, Poco allegretto. Das Hauptthema dieses Satzes hat der Rockgitarrist Carlos Santana in seinen Song "Love Of My Life" übernommen. In den vierten Satz, Allegro, fließen dann alle Themen noch einmal reminiszenzartig ein und runden die Symphonie wunderbar ab. Michel Tabachnik arbeitet all das mit den Bochumer Symphonikern akribisch und mit feinen Nuancen heraus, so dass es am Ende großen Beifall gibt.

FAZIT

Kontrastreiche Stücke bieten im 4. Symphoniekonzert sowohl etwas für klassische Traditionalisten als auch für die Anhänger modernerer klassischer Klänge.



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Ausführende

Sergey Khachatryan, Violine

Alexander Schütz, Flöte

Martina Overlöper, Flöte

Bochumer Symphoniker

Michel Tabachnik, Dirigent

 


Werke

Pierre Boulez
Mémoriale für Soloflöte und
acht Instrumente

Dmitri Schostakowitsch
Konzert für Violine und Orchester
Nr. 2 cis-Moll op. 129
1. Moderato
2. Adagio
3. Adagio - Allegro

Johannes Brahms
Symphonie Nr. 3 F-Dur op. 90
1. Allegro con brio
2. Andante
3. Poco allegretto
4. Allegro

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den

Bochumer Symphonikern
(Homepage)



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