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Chor und Orchester des Bayrischen Rundfunks, Leitung: Riccardo Muti
Giuseppe Verdi: Messa da Requiem


4. November 2017, Philharmonie Köln


Philharmonie Köln
(Homepage)

Höllenqualen und ewiges Leben

Von Claudia Jahn

Infernales Getöse, Höllenqualen und Chaos, aber auch Flehen, Hoffnung und ewiges Licht - Verdi-Spezialist Riccardo Muti führte das Symphonieorchester und den Chor des Bayerischen Rundfunks durch die monumentale
Messa da Requiem, die in ihrer Expressivität und Dramatik den Opern von Verdi in nichts nachsteht. Für die kurzfristig abgesprungene El?na Garan?a übernahm die georgische Mezzosopranistin Anita Rachvelishvili die Alt-Partie. Neben ihr stand mit Krassimira Stoyanova (Sopran), Francesco Meli (Tenor) und Riccardo Zanellato (Bass) ein hochkarätiges Solisten-Ensemble auf der Bühne.

Verdi vertonte die menschlichen Gefühle im Angesicht des Todes mit einer schonungslosen Dramatik und lyrischen Zartheit, die den einzelnen Sätzen der römisch-katholischen Totenmesse eine Plastizität und emotionale Größe verleihen. Mal wird das Grauen des Todes schmerzvoll heraufbeschworen, mal schwebt das Flimmern des ewigen Lichts im Raum, das dem Leidenden die Hoffnung auf Erlösung gibt. In Verdis Schaffen gewann die geistliche Musik jedoch erst relativ spät an Bedeutung. Der Tod des von ihm verehrten Gioachino Rossini veranlasste ihn zu der Idee, dem für die italienische Oper so bedeutenden Komponisten mit einer Messe ein würdiges Denkmal zu setzen. Die "Messa per Rossini", die wie ein Pasticcio aus Beiträgen mehrerer Komponisten bestehen sollte, kam jedoch aufgrund widriger Umstände nicht zur Aufführung. Einige Jahre später wurde Verdi erneut mit dem Tod einer von ihm geschätzten Persönlichkeit konfrontiert, als 1873 der Dichter Alessandro Manzoni starb. Der Verlust belebte in ihm den Gedanken wieder, eine Messe zu schreiben - dieses Mal jedoch im Alleingang. Es entstand die Messa da Requiem, die 1874 am ersten Todestag des Dichters uraufgeführt wurde. Die hörbare Leidenschaft des Werks zeigt, welche persönliche Bedeutung die Komposition für ihn hatte.

Zarte Cello-Klänge und der Rundfunkchor mit einen weichen, warmen Klangeröffnen das Requiem. Im A-Cappella-Teil besticht der Chor mit einer makellosen Intonation und Ausgeglichenheit zwischen den Stimmgruppen. Darauf folgt das markante "Dies irae", das durch mehrmaliges Wiederholen im Laufe des Requiems zentral wird. Hier ist Verdis Schonungslosigkeit der Höllen-Vertonung am deutlichsten: Mit enormer Lautstärke scheinen Pauken und große Trommel fast zu explodieren, während die Blechbläser zerstörerisch und bedrohlich die Todesqualen beinahe spürbar machen. Die Dramatik ist enorm, die chromatisch absteigende Melodielinie wie ein Sturz in die Tiefe und der obere Sopran gleicht dem tosenden Geschrei von wilden Furien. Eine scharfe Aussprache der Konsonanten verstärkt hierbei sowohl die Textverständlichkeit, als auch die Dramatik. Nachdem im "Tuba mirum" die Blechbläsergruppe vor allem durch ihre rhythmische Präzision aufgefallen ist, setzt Zanellato mit seinem vollen Bass sein solistisches "Mors stupebit" ein, wobei er mit jeder Wiederholung des Wortes "Mors" die Stimmfarbe moduliert. Im "Liber scriptus" überzeugt Rachvelishvilis gut fokussierter Mezzosopran sowohl mit weichen, warmen Tönen im Pianissimo, als auch einer großen Intensität bei voluminösen Ausbrüchen. Beim Terzett "Quid sum miser" schwebt Stoyanovas Stimme mit einem runden, wohlklingenden Sopran in der Höhe. Eindrucksvoll ist nach dem Ausbruch des Chores im "Salva me" das von Zanellato eingesetzte Bitten nach Erlösung, welches von den Stimmgruppen des Chores flehend imitiert wird. Im Duett "Recordare, Jesu pie" bestechen Rachvelishvili mit einer spannungsreichen Phrasierung und Stoyanova mit schwereloser Leichtigkeit in der Stimme. Anschließend singt Meli kraftvoll und emotional sein Solo "Ingemisco tamquam reus", wenn auch seine Stimme an mancher Stelle etwas weicher sein könnte.

Zwei der Höhepunkte des Abends waren das "Lacrymosa" und anschließende "Pie Jesu", die als Solo-Quartett mit Chor angelegt sind. Hier singt das Ensemble einfühlsam und aufeinander gut abgestimmt. Auch im Offertorium, das makellos und homogen von den Celli eingeleitet wurde, zeugt Stoyanovas Stimmeinsatz von größter Leichtigkeit und Strahlkraft. Berührend ist vor allem ihre Solopassage, die allein von der Solo-Geige begleitet wird, wobei der Violinklang etwas dominant war. Zu besonderer Dramatik steigert sich Stoyanova im letzten Satz, dem "Libera me", einem drängenden Flehen nach Erlösung vom ewigen Tode, das rezitierend auf einem Ton beginnt. Dabei erklingen die Worte "tremens" und "factus" wie aus der Verzweiflung heraus gerufene Worte, während "timeo" voller Zartheit und Hilflosigkeit im Raum schweben bleibt, bevor der Chor mit seinem furchteinflößendem "Dies irae" wieder einsetzt. Als Kontrast hierzu folgt die Beruhigung für das "Requiem aeternam", bei dem Stoyanovas Sopran zart und einfühlsam über einem weichen Klangteppich des Chores strahlt. Bei dem erneuten Ansetzen des "Libera me" wirkt das Flehen noch drängender als zuvor. Fast gesprochen sind die letzten, auf einem Ton rezitierten Worte: "Libera me, Domine, de morte aeterna in die illa tremenda. Libera me." Das Flehen entschwindet ins Nichts und es bleibt nur die Hoffnung auf ein ewiges Leben nach dem Tod zurück.

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks spielte durchweg auf höchstem Niveau. Muti führte sowohl das Orchester als auch den Chor und die Solisten mit genauer und höchst wirkungsvoller Gestik. Er verlieh dem Requiem eine Lebendigkeit, die keinen Zuhörer unbeeindruckt zurücklassen konnte, und wusste die emotionale Bandbreite mit fein ausdifferenzierten Klangfarben zu füllen. Das Publikum dankte mit stehenden Ovationen.




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Ausführende

Krassimira Stoyanova - Sopran
Anita Rachvelishvili - Mezzosopran
Francesco Meli - Tenor
Riccardo Zanellato - Bass

Chor des Bayerischen Rundfunks
(Einstudierung: Howard Arman)

Symphonieorchester des
Bayerischen Rundfunks

Leitung: Riccardo Muti


Werke

Giuseppe Verdi:
Messa da Requiem





Weitere Informationen:

Philharmonie Köln



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